von Mirjam Lübke...
Darf man sich über etwas wie den "Rollator-Putsch" lustig machen oder wird man damit schon zum Verfassungsfeind? Wenn es nach Nancy Faeser ginge, sicherlich - also sollten sich Beamte besser nicht beim amüsierten Lächeln erwischen lassen, wenn sie eins der zahlreichen Memes betrachten, die derzeit im Umlauf sind. Mein Favorit: Die Senioren-Polonäse mit der Bildunterschrift "Putschversuch im Altenheim abgewendet!" Doch wer in Nordkorea nicht genug weint, wenn ein großer Anführer stirbt und wer sich auf das entsprechende Mediensignal hin in Deutschland nicht dramatisch empört, macht sich verdächtig. So lauten die Spiel- und Benimmregeln.
Es geht die Angst um in der Bundesrepublik - vor allem unter Anhängern der etablierten Politik: Werden wir überhaupt noch ernst genommen? Auch wenn wir gerade bei jedem Gang in den Supermarkt und beim Drehen an der Heizung erfahren, wie folgenreich und desaströs diese Politik sich auf unseren Alltag auswirkt, kann man vielem dennoch eine humorige Seite abgewinnen - und wenn es nur Galgenhumor ist. Verzweifeln und sich von der Brücke zu stürzen ist auch keine Lösung - und ich denke, es ärgert manchen mehr, wenn man ihm zeigt, dass man seine Worte nicht mehr ernst nehmen kann, als wenn man eine ermüdende Diskussion mit ihm führt, bei der er sich als moralischer Sieger fühlen kann. Dabei kann man eigentlich nur verlieren - denn wer das benötigte Empörungsvokabular nicht beherrscht, wird schon allein darauf festgenagelt. Was aber, wenn man diese Binnenfremdsprache nicht erlernen, sondern vielmehr das aussprechen möchte, was einem bei einer neuen Skandal-Meldung als erstes in den Sinn kommt?
Beim Thema "Reichsbürger-Putsch" wird das derzeit offenkundig: Man schäumt, weil die Öffentlichkeit den Aufruhr um den "Thronräuber" Prinz Heinrich nicht nachvollziehen kann. Und diesmal reicht die Koalition des Spottes über politische Grenzen hinaus bis ins liberale Lager. Denn selbst die "Staatsstreich! Staatsstreich!"-Rufer rudern inzwischen zurück und wollen nie davon gesprochen haben. Jan Fleischhauer und sein ehemaliger Spiegel-Kollege Christian Stöcker liefern sich gerade ein Wortduell darüber, ob der böse Begriff jemals gefallen ist - wie schade für Stöcker, dass sich dank Google so etwas rasch recherchieren lässt: Auf der Titelseite der "Süddeutschen" etwa prangte er in großen Lettern. Inzwischen ist einigen Journalisten offenbar klar geworden, wie sehr sie übertrieben haben - der Staatsstreich ist abgeblasen, aber man muss derzeit den Konsens teilen, dass es sich zumindest um furchtbar üble Gesellen gehandelt hat, deren Festsetzung den Einsatz der besten Anti-Terror-Miliz Deutschlands erforderlich machte. Man muss den Aufwand schließlich irgendwie rechtfertigen.
Aber wer beklagt sich da eigentlich, weil seine Berichterstattung nicht mehr für bare Münze genommen wird? Etwa dieselben Journalisten, die sich gerade aus ihrer Verantwortung stehlen, uns während der Corona-Zeit zur Impfung und zum Lockdown drängen zu wollen, teilweise mit brachialen Beschimpfungen? Oder die Politiker, die uns erzählt haben, es würde niemals durch die Energiewende zu höheren Strompreisen kommen? Wem das alles nicht gleichgültig ist, der entwickelt im Laufe der Zeit nun einmal ein gesundes Misstrauen. Die von Lauterbach vorhergesagten Killer-Mutanten sind ausgeblieben, dafür wird nun plötzlich offen über Impfschäden geredet, was gestern noch als Querdenker-Spinnerei galt. Und das Amt für Katastrophenschutz macht massive Werbung für Blackout-Vorsorge zur besten Sendezeit. Da kann man schon einmal auf die Idee kommen, dass gerade jene, die sich nun beklagen, nicht ernst genommen zu werden, sich selbst in diese Lage gebracht haben. Wenn man dem Bademeister ständig "Hilfe, ich ertrinke!" zuruft, ohne in Not zu sein, dann wird er einen irgendwann aus dem Schwimmbad werfen.
Selbst wenn die Razzia keine Inszenierung war, sondern angemessen, kann man die ständige Panikmache nicht mehr ernst nehmen, wenn zugleich von den Bürgern als bedrohlich Empfundenes ständig heruntergespielt wird - obwohl man es am eigenen Leib erlebt. Dazu muss man noch nicht einmal die von einigen Migranten ausgeübte Gewalt ins Spiel bringen, es reicht schon aus, das Reden darüber zu tabuisieren. Das vermittelt den Eindruck, als wolle man uns vorschreiben, was wir als wichtig empfinden dürfen. Zumal die Debatte über den Putsch auch wieder einmal genutzt wird, um der AfD dubiose Verbindungen zu unterstellen. Wie war das doch gleich mit dem Generalverdacht? Man darf von wenigen nicht auf alle schließen? Ganz pikant wird es, wenn die neuen Verbotsforderungen aus den Reihen der Grünen kommen, denkt man zum Beispiel an die politische Vergangenheit von Urgestein Joschka Fischer. Da war doch was mit der RAF? Oder Claudia Roths Verbindungen in den Iran: Da war doch was mit Holocaust-Leugnern? Aber im eigenen Haus kehrt man nicht gern - zumal wir vom ZDF wissen, dass Mullah-Antisemitismus eigentlich nur Folklore ist.
Misstrauen in Politik und Presse ist gewiss nichts Neues, die Bürger sind ein bestimmtes Maß an Dramatisierung - Waldsterben! - aber auch Verharmlosung - Impfnebenwirkungen! - durchaus gewöhnt. Aber man bemühte sich wenigstens noch um einen Hauch von Sachlichkeit, um allem einen seriösen Anstrich zu verleihen. Jetzt haben sie es übertrieben - und an den nächsten Putschversuch oder die nächste Pandemie werde ich wohl erst glauben, wenn Prinz Heinrich von Taka-Tuka-Land hustend in seiner Staatskarosse durch meine Straße fährt.
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