Freitag, 22. März 2019

Wir müssen für Flüchtlinge weiter zahlen, sonst...

von Thomas Heck...

Merkel würde sagen, nun sind sie nun mal da. Ihre Goldstücke. Und nun müssen wir uns halt weiter drum kümmern. Das Bundesfinanzministerium dagegen plant, die Flüchtlingsgelder für Integration und Unterkunft von derzeit 4,7 Milliarden Euro pro Jahr künftig auf 1,3 Milliarden Euro zu reduzieren. Länder und Kommunen wehren sich gegen die Pläne. Magdeburgs Oberbürgermeister Lutz Trümper fordert zudem mehr Hilfen für Schulen und Kitas, die sowohl der Integration als auch dem Arbeitsmarkt direkt zugute kämen. Und droht unverhohlen mit negativen Folgen wie Gastarbeiter-Ghettos.

Dabei liegen Deutschlands Probleme viel tiefer. Denn wie werden die mit üppigen Geldern verwöhnten Neubürger wohl reagieren, wenn sie eines Tages die wirtschaftliche Realität einholen wird und liebe gewordene pekuniären Quellen versiegen werden. Ob das ohne Konflikte und Gewalt ablaufen wird, darf bezweifelt werden.



Hier Magdeburgs OB Lutz Trümper im FOCUS-Interview:

FOCUS Online: Herr Trümper, in Ihrer Stadt leben mehr als 5000 Flüchtlinge, es gibt zahlreiche Integrationsprojekte. Was halten Sie vom Plan des Bundesfinanzministers Olaf Scholz (SPD), die Unterstützung für Länder und Kommunen von bisher 4,7 auf 1,3 Milliarden Euro zu senken?

Lutz Trümper: Zunächst ist das ja nur ein Plan. Will heißen: Ich denke, da wird es noch Verhandlungsspielraum geben. Aber wenn die Unterkunftspauschale für Asylbewerber wegfällt, die bislang 100 Prozent der Kosten abdeckt, dann wird das ein Riesenproblem für uns. Das können wir allein nicht schaffen. Deswegen machen wir uns dafür stark, dass die Pauschale, die schon verlängert wurde, nicht Ende 2019 nach Verlängerung ausläuft, sondern weiter verlängert wird.

FOCUS Online: Wie viele Personen sind denn derzeit davon betroffen in der Landeshauptstadt von Sachsen-Anhalt?

Trümper: Es gibt 300 Asylbewerber. Viel wichtiger sind aber die über 5000 anerkannten Flüchtlinge, die über das Jobcenter vom Bund über das Arbeitslosengeld Hartz IV finanziert werden. Das sind allein für unsere Stadt rund zwölf Millionen Euro pro Jahr. Nach und nach sind sie auf die Hilfe nicht mehr angewiesen und können sich selbst finanzieren. Aber solange das nicht der Fall ist, muss der Staat helfen.

FOCUS Online: Es gibt viele Integrationsprojekte in Magdeburg. Wären sie gefährdet, wenn die Kürzungspläne umgesetzt würden?

Trümper: Da über konkrete Integrationsprojekte zu reden, ist aus meiner Sicht viel zu weit gegriffen. Denn der Erfolg eines jeden einzelnen dieser Projekte hängt davon ab, wie es uns gelingt, frühestmöglich die besten Voraussetzungen für eine optimale Integration schaffen. Und das gilt vor allem für Kitas und Schulen. Da werden wir völlig allein gelassen.

FOCUS Online: Was wäre denn aus Ihrer Sicht ein konstruktiver Ansatz, um Integrationsprojekte effektiver zu machen?

Trümper: Es fehlt an Geld für den Aus- und Neubau von Kitas und Schulen und die Finanzierung von Kindergärtnerinnen und Lehrpersonal. Das kostet uns hunderte von Millionen Euro. In Magdeburg haben zwischen zwölf und 13 Prozent der Schüler einen Migrationshintergrund. Ich kann mir nichts Konstruktiveres vorstellen, als Hilfen von Land und Bund genau in diesen Sektor zu investieren. Nichts zahlt sich so sehr aus für uns: Zum einen, was eine Sozialisation möglichst im Kita-Alter betrifft, zum anderen, was die Chancen dieser Kinder betrifft, in unseren Arbeitsmarkt zu integriert werden. Wir haben offene Arbeitsplätze und brauchen dringend neue Auszubildende. Aber wenn es aus finanziellen Gründen nicht ausreichend Platz in Kitas oder Schulen gibt, dann dauert das alles länger, und die Chancen sind dann nicht so groß, einen guten Ausbildungs- und Arbeitsplatz zu ergattern. Und genau dies, das wissen alle, trägt entscheidend zu einer guten Integration bei.

FOCUS Online: Und was passiert, wenn Land und Bund ihre Förderpolitik nicht ändern?

Trümper: Ich schreibe seit zwei Jahren ununterbrochen an unseren Ministerpräsidenten Briefe wegen einer Förderung von Kitas und Schulen. Doch ich stoße nur auf taube Ohren. Wenn wir da versagen, drohen uns Verhältnisse wie in den Gastarbeiter-Ghettos in den alten Bundesländern. Oder wie in den Banlieues von Frankreich.



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