Mittwoch, 17. Januar 2018

Grundsteuer... Das wird richtig teuer...

von Thomas Heck...

Während in deutschen Großstädten die Mieten explodieren, Mietpreisbremsen zur Deckelung von Mieterhöhungen oft nicht greifen und die die Obdachlosigkeit von Höchststand zu Höchststand eilt, kommt nun neues Unbill in Form des Bundesverfassungsgerichts daher, welches aktuell eine Reform der Grundsteuer prüft. Der Ausgang des Prozesses könnte nahezu jeden in Deutschland betreffen: Immobilienbesitzer zahlen selbst, Vermieter können die Steuer auf ihre Mieter umlegen.  Und das wird wie jede Reform in Deutschand teuer werden. Sehr teuer. Das könnten den Traum vom Eigenheim für so manchen Eigentümer zum Albtraum werden lassen.


Ferdinand Kirchhof ist es gewohnt, Entscheidungen von großer Tragweite zu treffen. Als Vorsitzender des Ersten Senats am Bundesverfassungsgericht kippte er unter anderem Steuerbefreiungen für Hunderttausende Firmen bei der Erbschaftsteuer und gab der umstrittenen Ticketabgabe, die Millionen Flugreisende jährlich zahlen, seinen Segen. Am heutigen Dienstag berät Kirchhof über den wohl weitreichendsten Fall seiner Richterkarriere: die Reform der Grundsteuer und erweist sich damit schon wieder als Erfüllungsgehilfe staatliche Abzockerei.
  
Nahezu jeder wäre betroffen

Sollten sich Kirchhof und seine Kollegen der Meinung anschließen, wäre jeder Immobilienbesitzer von dem Urteil betroffen. Und jeder Mieter. Denn die Grundsteuer kann vom Vermieter vollständig auf die Miete umgelegt werden. 

Dass die Verfassungsrichter die Steuer in ihrer jetzigen Form kippen, gilt als wahrscheinlich. Hauptargument ist die fehlende Steuergerechtigkeit zwischen Ost und West. Während die Grundsteuer in Westdeutschland auf Basis sogenannter Einheitswerte aus dem Jahr 1964 berechnet wird, sind es im Osten Zahlen von 1935. Das erinnert an die Besteuerung der Renten. Damals klagte eine ehemaliger Beamter und Pensionär über die Ungleichbehandlung, dass er (der Beamte) seine Pension versteuern müssen, während der normale Rentner seien Rente steuerfrei bekam. Das Ergebnis kennen wir heute alle. Wir alle müssen unsere Rente versteuern.

Vorsorglich haben sich die Bundesländer vor gut einem Jahr bereits auf eine Reform geeinigt. Gegen die Stimmen von Bayern und Hamburg beschlossen sie im Bundesrat ein neues Berechnungsmodell. Danach soll die Steuer nicht mehr anhand des Einheitswerts, sondern des aktuellen Boden- und Gebäudewerts errechnet werden. 

Die Reform sei insgesamt "aufkommensneutral", beteuert der federführende Finanzminister, Hessens Ressortchef Thomas Schäfer (CDU). Soll heißen: Die rund 13 Milliarden Euro, die die Grundsteuer jährlich den Kommunen bringt, soll es auch in Zukunft geben. Dass dabei einzelne Hausbesitzer richtig dumm aus der Wäsche schauen werden, ficht den Mann nicht an. Sozialer Sprengstoff.

Doch die Belastung bei Eigentümern und Mietern wird sich erheblich verschieben. Während die Grundsteuer gerade in ländlichen und eher strukturschwachen Regionen sinkt, wird sie vor allem in Städten zum Teil drastisch steigen. Die Folgen sind kaum abzuschätzen. Denn wie sollen Rentner und Pensionäre angesichts sinkender Renten, der Niedrigzinsphase, die Erspartes nichts mehr abwerfen lässt, eine Grundsteuer von 24.000 Euro pro Jahr finanzieren? 

Denn in Einzelfällen steigt die Grundsteuer um mehr als das 50-Fache, im Durchschnitt um mehr als das 30-Fache. So müsste der Besitzer eines Mehrfamilienhauses in Berlin-Mitte, der derzeit 3320 Euro Grundsteuer im Jahr überweisen muss, wegen des hohen Bodenrichtwerts künftig 252.000 Euro pro Jahr bezahlen – sollten Hebesatz und Steuermesszahl gleich bleiben. 

Auch in anderen Städten drohen Mehrbelastungen. Selbst abseits der Metropolen droht eine Kostenexplosion: Der Besitzer eines Zweifamilienhauses im bayerischen Landsberg am Lech müsste nach der Reform 3458 Euro Grundsteuer zahlen – ein Plus von gut 900 Prozent. 

Hamburgs Finanzsenator Peter Tschentscher (SPD) ließ vor einiger Zeit die Grundsteuer für rund 800 Gebäude ebenfalls neu berechnen und kam zu ähnlichen Ergebnissen. Danach werde sich die Belastung für Eigentümer und Mieter im Durchschnitt verzehnfachen, in Einzelfällen sogar vervierzigfachen. 


Entsprechend groß ist der Widerstand. Bayerns künftiger Ministerpräsident Markus Söder (CSU) lehnt die „Steuererhöhung entschieden ab“. Der Direktor des Deutschen Mieterbunds, Lukas Siebenkotten, spricht von einem „wahren Bürokratiemonster“ und verlangt, die Steuer dürfe künftig nicht mehr auf Mieter umgelegt werden. FDP-Fraktionsvize Christian Dürr warnt, die Reform sei „ein Brandbeschleuniger für steigende Mieten“. Und Kai Warnecke, Präsident von Haus & Grund, fordert von der nächsten Bundesregierung, die Pläne zu stoppen: „Der Staat darf die Kosten des Wohnens nicht weiter nach oben treiben.“ 

"Elementar wichtige Steuer" für die Kommunen

Dagegen betont Hessens Finanzminister Schäfer, man komme mit der geplanten Reform „dem Ziel einer verfassungsfesten und gerechten Neugestaltung der Grundsteuer einen gewichtigen Schritt näher“. 

Die SPD will die Reform daher zum Thema der anstehenden Koalitionsgespräche mit der Union machen. „Es muss ein Signal an das Verfassungsgericht geben, dass sich der Bundestag damit zeitnah beschäftigt“, sagt der SPD-Abgeordnete Bernhard Daldrup. Die Grundsteuer sei eine „elementar wichtige Steuer“ für die Kommunen und müsse bleiben. Um starke Mehrbelastungen für Eigentümer und Mieter zu verhindern, sollten Kommunen die Hebesätze absenken. Wer darauf hofft sollte sich vor Augen führen, dass wir heute noch eine Kriegssteuer aus dem 1. Weltkrieg zahlen. Nämlich die Sektsteuer. Darauf erhebe ich mein Glas bevor ich vor Vorfreude vor der Grundsteuerreform voll abkotze.

2 Kommentare:

  1. Unter anderem der Versuch der Erhaltung von Abhängigkeiten wertschöpfungsfreier an wertschöpfenden Strukturen.

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  2. Der Hörige wird sich seiner Fremdbestimmung hingeben, weil er nicht anders kann, da er selbst ein Opfer seiner eigenen Konditionierungen ist, die jenes System erzeugen, was er jedoch nur aus eigener Kraft überwinden kann.

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