Mittwoch, 24. April 2019

Franco A. - Staatsfeind Nummer 1

Der Fall Franco A.

Ein deutscher Soldat lässt sich als syrischer Flüchtling registrieren – mehr als ein Jahr später fliegt er auf und löst in Deutschland einen Skandal aus. Die Generalbundesanwaltschaft vermutet, dass Franco A. ein Attentat geplant hat. Seine Angehörigen glauben, dass er nur das Gute wollte. Ein Treffen mit Franco A. und seiner Familie.



Der Bundeswehrsoldat Franco A. mit seiner Freundin (links) und seiner Mutter.

Benedict Neff (Text), Joana Kelén (Illustrationen)

Prolog


Die Geschichte um den Soldaten Franco A. ist ein verstörendes Kapitel in der deutschen Flüchtlingskrise. Ein Offizier der Bundeswehr gibt sich als syrischer Flüchtling aus, stellt einen Asylantrag – und kommt damit durch. Über ein Jahr lang führt er eine Doppelexistenz, unerkannt. Die Behörden werden erst auf ihn aufmerksam, als er am Flughafen Wien eine geladene Waffe in einer Behindertentoilette deponiert. Drei Monate später wird er in Deutschland verhaftet. Der Verdacht des Generalbundesanwalts: Franco A. wollte aus einer rechtsextremen Gesinnung heraus Menschen töten und die Tat David Benjamin unterschieben, einem christlichen Flüchtling aus Syrien, den er selbst erfunden hat.

Dem Berliner Büro der NZZ liegen Hunderte Seiten Akten, Audiodateien und Handyvideos zum Fall von Franco A. vor. Wir haben Franco A. wiederholt getroffen. Zitieren lassen will er sich allerdings nicht, seine Anwälte haben ihm davon abgeraten. Solange der Vorwurf des Paragrafen 89a des deutschen Strafgesetzbuches – «Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat» – nicht aus der Welt ist, soll er schweigen. Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main hat den Terrorparagrafen zwar bereits fallen lassen; es bestehe «kein hinreichender Tatverdacht», heisst es. Der Generalbundesanwalt aber hat hierauf im Juni 2018 beim Bundesgerichtshof Beschwerde eingelegt. Seither wartet Franco A. auf einen Entscheid. Auf Anfrage der NZZ teilt der Sprecher des Bundesgerichtshofs mit, das Beschwerdeverfahren sei nicht abgeschlossen, «weil noch weitere Ermittlungen durchzuführen sind».




Franco A. würde heute von niemanden mehr für einen Offizier gehalten. Er sieht eher aus wie ein Künstler oder ein Student der Philosophie


Erstmals haben sich nun seine Familie, seine Partnerin und eine Schulfreundin zu Gesprächen bereit erklärt. Sie wollen ihre Sicht darlegen, allerdings ohne mit Namen in der Zeitung zu stehen. Zu gross ist die Angst vor einer Stigmatisierung.

In einem zweiten Teil möchten wir die Ereignisse rund um den mutmasslichen Angriff des jungen Offiziers auf den deutschen Staat rekonstruieren. Ein dritter Text wird dann versuchen, ein vorläufiges Fazit zu ziehen: War und ist Franco A. ein Staatsfeind – oder wurde er dazu gemacht? In dem Zusammenhang wird es auch um jene Menschen gehen, die viele Überzeugungen des Angeklagten teilen. Handelt es sich um harmlose Prepper, die sich mit Konservendosen und Zigaretten in ihren Kellern auf den Kriegsfall vorbereiten? Oder gehört A. zu einer «Schattenarmee», die dem Land noch gefährlich werden könnte.

Der junge Mann lebt in einem Haus aus dem 19. Jahrhundert in Offenbach bei Frankfurt am Main. Er bietet einen Rundgang durch die Wohnung an. Im Wohnzimmer steht ein grosses Büchergestell, weisse, flauschige Felle liegen auf den Bänken um den Esstisch. Alles wirkt hell und freundlich. Im Zweiten Weltkrieg soll hier eine Bombe eingeschlagen sein, erzählt Franco A. Ende November 2017 wurde er aus der Untersuchungshaft entlassen, nach sieben Monaten Gefängnis. Er hat gerade viel Zeit. In der Kaserne erwartet ihn niemand, aber solange es kein rechtskräftiges Urteil gibt, ist Franco A. Oberleutnant der deutschen Bundeswehr, er erhält seinen Sold, wenn auch deutlich weniger als früher.

Dass hier ein Soldat zu Hause ist, merkt man an der Reinlichkeit. Die Wohnung ist blitzblank geputzt. Nur der Gastgeber hat sich verändert. Franco A. wirkt immer noch durchtrainiert, aber seine Haare sind mittlerweile zu einem kleinen Zopf gebunden, Strähnen fallen ihm in die Stirn. Niemand würde ihn mehr für einen Offizier halten. Er sieht eher aus wie ein Künstler oder ein Student der Philosophie. Geblieben ist der Bart.

In den vergangenen Monaten hat Franco A. die Wohnung restauriert, in der er mit seiner Freundin lebt. Sie waren schon zusammen, als Franco A. am Flughafen Wien eine Waffe deponierte, als er im Keller seiner Mutter Vorräte, Benzin und Munition anhäufte und als er nebenbei noch als «Flüchtling» lebte. Der Gastgeber macht Filterkaffee in der neuen Ikea-Küche und spricht über die gusseiserne Pfanne, mit der er gern koche, weil da nichts anbrenne. Irgendwann fragt seine Freundin: «Wird das was für ‹Schöner Wohnen›?»

Der «kuriose Fall»

Mit der Partnerin von Franco A. findet das erste Gespräch statt. Sie studiert Psychologie und Philosophie, mehr soll nicht erwähnt werden. Als ihr Freund am 26. April 2017 verhaftet wurde, lebte sie noch in Berlin. Als sie nach Hause gekommen sei, sei die Polizei schon vor ihrer WG gestanden. Am Anfang sei sie gefasst gewesen, sagt sie. Aber dann habe sie zugeschaut, wie die Polizisten ihre Liebesbriefe durchwühlt, ein Arabischbuch in die Hand genommen, es beschlagnahmt und dazu bedeutsam geflüstert hätten. Da habe sie sich immer schlechter gefühlt. Die Freundin von Franco A. sitzt nun allein am Esstisch der gemeinsamen Wohnung, ihr Freund hat den Raum verlassen, er will während des Gesprächs nicht anwesend sein.




Die Freundin von Franco A. hat sich oft gefragt, ob sie aus Liebe Dinge ignoriert habe. Am Ende war sie überzeugt, dass er die Wahrheit sagt. 


Sie habe von der Doppelexistenz von Franco A. erst über die Nachrichten erfahren, sagt die Freundin. Einen Tag nach Franco A.s Verhaftung publizierte «Die Welt» die erste Meldung. Sie hatte den Titel: «Als Flüchtling registrierter Soldat unter Terrorverdacht festgenommen». Es war ein kryptischer Bericht, den die Zeitung selbst als «kuriosen Fall» einordnete. Bald aber wurde die Geschichte um die Doppelexistenz von Franco A. zum beherrschenden politischen Thema in den deutschen Medien.

Der bayrische CSU-Innenminister Joachim Herrmann nannte den Fall einen «makabren Beleg» für die Versäumnisse bei der Überprüfung der Identität von Asylbewerbern. Die damalige SPD-Generalsekretärin Katarina Barley bezeichnete die CDU-Minister im Innenministerium und im Verteidigungsministerium als «Sicherheitsrisiko». Sie hätten ihre «Läden nicht im Griff». Der Fall Franco A. war bald ein Doppelskandal: Die Bundeswehr sah sich mit Extremismusvorwürfen konfrontiert, das Bundesamt für Flüchtlinge schien eine Witzbehörde zu sein.

Auslöser all dessen war ein junger Offizier, der bis dahin einen scheinbar tadellosen Leumund hatte und nun des Terrors verdächtigt wurde. «Das kann doch gar nicht sein, wir haben so viel Zeit miteinander verbracht!», habe sie gedacht, sagt die Freundin, als sie die Berichte über Franco A. gelesen habe. Dass er wenige Wochen zuvor am Flughafen Wien eine Waffe deponiert hatte, war ihr hingegen bekannt. Franco A. habe ihr dies erzählt.

Die Geschichte mit der Waffe

«Wie leichtsinnig kann man nur sein, eine Waffe aufzuheben, sie am Flughafen zu verstecken und sie da wieder abholen zu wollen», sagt Franco A.s Freundin. Sie sagt, sie glaube ihrem Freund, wonach dieser in Wien ausgetreten ist und in einem Busch etwas Funkelndes entdeckt hat, das sich als geladene Waffe erwiesen hat, die er in seine Manteltasche gesteckt hat. Das ist die Darstellung, die Franco A. gegenüber Vorgesetzten und Behörden wiederholt hat, wenn er zur Waffe in Wien befragt wurde – es klingt nach einer zweifelhaften Geschichte, die bisher aber nicht widerlegt werden konnte. Die Freundin sagt, diese Geschichte sei «typisch Franco», und weil sie das ist, kann sie sich vorstellen, dass sich alles tatsächlich so zugetragen hat.

Sie sei während des gesamten Wien-Aufenthalts mit ihrem Freund zusammen gewesen, sagt sie. Wenn da was gewesen wäre, dann hätte sie das gemerkt. Ausserdem sei er ein Bundeswehrsoldat, er sei den Umgang mit Waffen gewohnt und habe eine geringere Hemmschwelle. Ihr Freund sei «ein sehr, sehr neugieriger Mensch», der alles wissen und den Dingen auf den Grund gehen wolle. So habe sie es sich damals auch erklärt, dass sich Franco A. als Flüchtling registrieren liess. Ihr Freund mache viele Dinge mit sich selber aus, sagt sie. Dass er sie in sein «Projekt» nicht eingeweiht habe, sei für sie daher nicht ungewöhnlich. Manchmal, wenn sie ihn etwas frage, sage er: «Das erzähle ich dir später.»

Als Franco A. in Untersuchungshaft gewesen sei, habe sie ihm Briefe geschickt. Eine Antwort habe sie nie erhalten. «Man hat sich dann etwas distanziert, notgedrungen.» Erst später soll ihr Franco A. erklärt haben, er habe nicht geantwortet, um sie zu schützen und nicht in die Untersuchung hineinzuziehen. Wenige Tage nachdem er aus der Untersuchungshaft kam, reiste er zu seiner Freundin nach Berlin. Das Wiedersehen sei viel unspektakulärer gewesen, als man sich dies vorstellen würde, sagt sie. Umarmung am Hauptbahnhof. Dann seien sie in der «Böse Buben Bar» gesessen und hätten geredet. In einem Hipster-Café, tausend Meter entfernt vom Bundestag.

Die kritische Selbstbefragung

Ihren Freund könne man im herkömmlichen Sinne nicht politisch zuordnen, sagt die junge Frau. Er vertrete Ansichten, die eher dem linken, und andere, die eher dem rechten Spektrum entsprächen. Eine Besonderheit sei, dass Franco A. in Gesprächen gelegentlich die Perspektive von anderen Leuten einnehme – etwa die eines besorgten Bürgers, eines Arbeitslosen oder einer linken Aktivistin. In dieser Weise denke und fühle er sich in verschiedene Perspektiven hinein und prüfe sie. Für Aussenstehende könne dies irritierend sein, sagt die Freundin, weil nicht immer klar sei, ob Franco A. nun seine persönliche Sicht der Dinge oder die von jemand anderem wiedergebe. Es klingt wie ein Figurenspiel. «Gedankliche Schranken kennt er dabei und überhaupt in politischen Diskussionen keine», sagt seine Freundin. Als extrem habe sie seine Ansichten aber noch nie empfunden. Sie habe bei ihrem Freund noch nie auch nur eine menschenverachtende Nuance festgestellt. Die Beziehung zwischen ihr und Franco A. ist auch in politischer Hinsicht ungewöhnlich. Die Freundin ist Mitglied der Linkspartei.



«Mein Sohn wurde in den Medien als Monster dargestellt», sagt die Mutter von Franco A. 


«Ich habe mich selbst oft kritisch hinterfragt: Habe ich irgendetwas nicht mitbekommen? Habe ich Dinge ignoriert, nicht sehen wollen, aus Liebe? Aber ich kam zum Schluss, dass dies nicht der Fall war.» Franco A.s Freundin wirkt im Gespräch so, als habe sie sich diese Frage tatsächlich oft gestellt. Die zierliche junge Frau spricht flüssig und schaut ihrem Gegenüber ruhig in die Augen. Am Ende sei sie davon überzeugt gewesen, dass ihr Freund die Wahrheit sage, beteuert sie: «Das Bild in den Medien war komplett konstruiert.»

Während seine Freundin erzählt, kommt Franco A. wieder ins Zimmer. Es wirkt so, als hätte er es draussen vor der Tür nicht mehr ausgehalten, während sein Fall in seinem eigenen Wohnzimmer verhandelt wird. Es ist tatsächlich eine merkwürdige Situation. Die Hauptperson ist immer präsent, aber ohne eigene Stimme.

Der Sohn hinter der Glasscheibe

Nach einer Weile setzt sich auch seine Mutter hinzu. Sie wohnt im selben Haus. «Mein Sohn wurde in den Medien als Monster dargestellt», sagt die Mutter. Es ist eine ihrer ersten Bemerkungen. Als ihre Wohnung durchsucht worden sei, sei sie in der Küche gesessen. Sie habe die Welt nicht mehr verstanden, alles sei unwirklich gewesen. Ihr Sohn sei im Fernsehen bald auf allen Kanälen gekommen. Einen Tag lang habe sie sich das angeschaut, danach habe sie die Medien konsequent ausgeblendet. «Ich kenne meinen Sohn. Ich wusste, dass die Anschuldigungen so nicht stimmen.» Das Einzige, was sie gefühlt habe, sei Angst gewesen um ihren Sohn, dass ihm im Gefängnis etwas zustösst. Irgendwann habe sie zum ersten Mal mit Franco telefoniert. Die Mutter erinnert sich an kurze Sätze. Sie: «Du bist überall im Fernsehen.» Er: «Lass dich nicht unterkriegen.»

Nach der Hausdurchsuchung habe sie einen «kleinen Nervenzusammenbruch» gehabt. Drei Wochen später sei sie wieder zur Arbeit gegangen. Soziale Ächtung habe sie nicht erlebt, im Gegenteil: Überall, bei der Arbeit und im Freundeskreis, habe man sie ermutigt. Zwei Monate seien vergangen, bis sie ihren Sohn zum ersten Mal habe besuchen dürfen. «Er sass hinter einer Glasscheibe, wie in diesen Filmen aus Amerika. Man konnte ihn nicht anfassen.»

Die Mutter von Franco A. hat ihre Söhne alleine aufgezogen. Der Vater, ein Italiener, verliess die Familie, als die Kinder noch klein waren. Geblieben ist der italienische Name Franco, eine Reminiszenz an den Vater. «Das Beste, was ich je gemacht habe, sind meine zwei Jungs. Sie waren immer fleissig, anständig und hilfsbereit», sagt die Mutter. Sie schaut ihren jüngeren Sohn dabei liebevoll an.

Der beispielhafte Schüler

Zum Ende seiner ersten sechs Schuljahre wendet sich seine Lehrerin in einem Brief an Franco A. Er sei ein beispielhafter Schüler gewesen, schreibt die Lehrerin, der sich immer an der Leistungsspitze der Schule befunden habe. Ein späterer Lehrer erinnert sich an Franco A. als einen der besten Schüler, die er je unterrichtet habe. Besonders hebt er sein Gerechtigkeitsgefühl hervor. Im zehnten Schuljahr ist Franco A. Klassensprecher. Von Arbeitsverhalten, Sozialverhalten über Deutsch, Sport und Musik – überall hat er die Note 1. Nur in Englisch und Mathematik hat er eine 2. Sein Hobby ist der Ruderverein. Eine Zeit lang arbeitet er bei McDonald’s in Offenbach. Einer seiner Anwälte sieht diese Stelle als frühen Beleg für Franco A.s Hang zu investigativen Projekten. Es sei ihm damals darum gegangen, Einsichten in den Niedriglohnsektor zu erhalten und sich ein eigenes Bild von einem umstrittenen Arbeitgeber zu machen, schreibt der Anwalt.

Als 17-Jähriger beginnt Franco A. ein Tagebuch, das später Gegenstand der Ermittlungen wird. Hier zeigt sich, dass die Welt des tadellosen Schülers wohl doch nicht ganz in Ordnung war. Er habe keine richtigen Freunde im Obergymnasium, vermerkt Franco A. Mit niemandem könne er seine Interessen teilen. A. befasst sich im Tagebuch mit Identitätsfragen. Er kommt zum Schluss, dass es wichtig sei, nicht ständig zu fragen, was andere über einen denken. Ein wiederkehrendes Motiv ist der Nationalstolz – sein Glaube sei das Deutschtum –, der bald aber in einen gekränkten Nationalstolz kippt. In einem Eintrag vom Januar 2007 schreibt Franco A., dass sein Glaube an Deutschland kleiner werde. Er sieht das Land diskreditiert von Medien und staatlichen Institutionen.

Die Gedanken eines Teenagers

Wenige Tage später macht er sich Gedanken, wie er selbst das Land wieder auf den richtigen Weg führen könnte. Er sieht dabei zwei Optionen: Entweder er verschafft sich eine wichtige Position in den Medien oder aber er wird Soldat. A. wägt die Möglichkeiten ab und kommt zum Schluss, dass er sich mit seiner Gesinnung in den Medien kaum entfalten könnte. Eine Karriere im Militär traut er sich hingegen zu. Er denkt darüber nach, sich bis an die Spitze des deutschen Militärs hochzudienen und dann einen Putsch zu veranstalten. Wobei er bei diesem Szenario Probleme mit den Amerikanern für wahrscheinlich hält. Denn er ist der Ansicht, dass die Besatzung Deutschlands nicht aufgehört habe. Hingegen spreche für die Militärkarriere, dass alle berühmt gewordenen Volksführer ihre Macht auf die Armee abgestützt hätten. Es folgt eine Aufzählung mit Napoleon, Atatürk, Hitler.

Es sind die Gedanken eines Teenagers, die dieser so wahrscheinlich nur seinem Tagebuch anvertraut hat. Sie können nicht als Handlungsanleitung für alles Weitere gelesen werden. Genau dies werden Franco A.s Anwälte später den Ermittlern unterstellen: Man konzentriere sich auf eine etwaige Gesinnung ihres Mandanten, weil man für die konkrete terroristische Absicht keine Beweise habe. Die Tagebucheinträge sind keine Beweise für Taten. Sie zeigen aber, dass Franco A. mit der politischen Entwicklung in Deutschland unzufrieden war, dass er sich schon damals mit radikalen Ideen beschäftigte und sich bei allen jugendlichen Selbstzweifeln sehr viel zutraute.

Als einer von wenigen Deutschen kommt Franco A. im September 2009 in die französische Militärschule Saint-Cyr zur Offiziersausbildung. Seit 1802 werden hier Offiziere für das französische Heer ausgebildet. Das Motto: «Sie lernen, um zu siegen.» Franco A. lernt perfekt Französisch, er wird ein Elitesoldat mit besten Aussichten. Auch hier schwärmen seine Vorgesetzten von ihm, er gehört zu den Besten seines Jahrgangs und gilt als Überflieger. Ab 2016 dient er im Jägerbataillon 291 in Illkirch-Graffenstaden.

Die Suche nach Grösse

Das Leben von Franco A. ist in beruflicher Hinsicht ein steter Aufstieg. Wenn ihm vor seiner Verhaftung etwas in die Quere kommt, dann ist es einzig die Masterarbeit, die er 2014 in der Militärakademie Saint-Cyr abgegeben hat. Viele seiner persönlichen Gedanken und Theorien scheint Franco A. bis dahin vor allem seinem Tagebuch anvertraut oder in sein Mobiltelefon gesprochen zu haben. Nun, da er sich einmal einem Publikum öffnet, wird ihm dies fast zum Verhängnis.

Der Titel der Arbeit lautet «Politischer Wandel und Subversionsstrategie», es handelt sich um eine Art Pamphlet über 144 Seiten. Der Verfasser verteidigt darin unter anderem den Holocaust-Leugner David Irving und bezeichnet ihn als Opfer von Subversion. Politiker wie Jörg Haider und Jürgen Möllemann sieht er durch Attentate ums Leben gekommen, die Geheimdienste ausgeführt haben sollen. Migration wertet er als Genozid an den Völkern, und weil diese keine Gegenwehr leisteten, benutzt A. auch den Begriff Autogenozid.

Der Autor kommt zum Schluss, dass die Bibel das Fundament der Subversion sei. Sie ermögliche den Juden, gegen einen stärkeren Gegner vorzugehen und gleichzeitig zu verhindern, dass sich dieser gegen Angriffe zur Wehr setze. Die Arbeit liest sich wie der Versuch, eine jüdische Weltverschwörung zu beweisen. Es handelt sich um ein wirres Gedankenkonglomerat, das zum Teil in einem auftrumpfenden Ton vorgetragen wird. Wenn das soeben Gesagte stimme, schreibt A., beginne sich vor den Augen der Leser das grösste Komplott in der Geschichte der Menschheit zu enthüllen. Der Mann, der dieses Geheimnis gelüftet haben will, ist der Verfasser selbst: Franco A.

Die Karriere als Soldat hätte an diesem Punkt zu Ende sein können. Im Januar 2014 wird Franco A. von einem Oberstleutnant in Fontainebleau drei Stunden lang vernommen. Der Grund: Die Arbeit lasse eine innere Haltung erkennen, die dem Anspruch an einen Soldaten nicht gerecht werde. Konkret wird infrage gestellt, ob sich Franco A. der freiheitlich demokratischen Grundordnung verpflichtet fühlt.

Der Druck auf den Schultern

Im Gespräch mit dem Vorgesetzten betont A. den Druck, den er gespürt habe. Im Klassement der Akademie befinde er sich auf dem zweiten Platz von 150 Offiziersschülern, die Betreuer seiner Arbeit hätten entsprechend grosse Erwartungen an ihn gehabt. Sein Ziel sei es gewesen, etwas Herausragendes zu leisten. Rückblickend sei ihm klar geworden, dass er sich wohl überschätzt habe, wird Franco A. im Gesprächsprotokoll zitiert. Ausserdem beteuert er, dass er von der Demokratie völlig überzeugt sei.

Eine Stelle zur Entstehung seiner Arbeit ist auch für die weitere Geschichte interessant. Franco A. beschreibt darin, wie er sich in das Projekt reingesteigert und dabei allmählich den Boden unter den Füssen verloren hat. Er habe sich in seiner Gedankenwelt völlig isoliert und erst als die Arbeit fertig gewesen sei, habe er diese Gedankenwelt wieder in Richtung Realität verlassen. Erst da habe er seine Arbeit wieder von einem gesellschaftlichen Standpunkt aus betrachtet und festgestellt, dass etwas schiefgelaufen sei. Es klingt wie eine Selbstberauschung.

Die Arbeit wird abgelehnt. Aber gewissermassen mit einer Adelung des Autors. Der Wehrdisziplinaranwalt schreibt, der Verfasser sei «angesichts der ihm unzweifelhaft zugeschriebenen hohen Intellektualität ein Opfer seiner eigenen intellektuellen Fähigkeit in der Darstellung geworden». Man beliess es bei einer Mahnung. Der Militärische Abschirmdienst (MAD), der Geheimdienst der Bundeswehr, wird über die Arbeit nicht informiert.

Der Bruder und Professor

Franco A. bekommt eine zweite Chance. Die neue Arbeit ist deutlich schlanker und hat den Titel «Gerechtigkeit und Krieg». Sie wird angenommen. Franco A. zeigt, dass er einen ganz anderen Ton anschlagen kann, einen wissenschaftlichen, der frei von kruden Ideen ist. Sein erster, verschwörungstheoretischer Versuch ist damit aber nicht aus der Welt. 2017 graben ihn die Ermittler wieder aus. Das Bundesamt für Verfassungsschutz sieht in dem Text eindeutige Belege für eine rechtsextremistische Weltanschauung des Autors.

Doch fürs Erste hat die fragwürdige Arbeit keine Folgen. Die Offizierskarriere bleibt auf Kurs. Während er als Soldat brilliert, peilt sein älterer Bruder eine akademische Laufbahn an. Mittlerweile ist er Professor. Was hätte sich die Mutter damals mehr wünschen können? Als Franco A.s Doppelexistenz auffliegt, platzen Träume.

«Die Polizei drehte durch, die Behörden sind wie Geier auf ihn losgegangen», sagt die Mutter, «Franco war Staatsfeind Nummer 1.» Dann hält sie kurz inne: «Vielleicht mussten sie ja so reagieren.» Alle Polizisten, mit denen sie zu tun gehabt habe, hätten sich korrekt verhalten, seien sogar nett gewesen. Ein Kriminalpolizist habe ihr gesagt: «Frau A., wir können es auch nicht verstehen.»

Im Grunde hat sich daran bis heute nichts geändert, der Fall Franco A. lässt sich nicht lückenlos erklären. Drei zentrale und unwiderlegbare Tatsachen aber gibt es, sie werden weder von der Verteidigung noch von der Anklage angefochten: Franco A. hinterlegte eine scharfe Waffe am Flughafen Wien, er führte eine Doppelexistenz als Flüchtling, und er lagerte im Keller seiner Mutter Munition und Waffen, angeblich für den Kriegsfall. Kurz vor seiner Verhaftung räumte Franco A. einen Teil seines Prepper-Kellers. Seinem Freund F. übergab er unter anderem 167 Patronen für das Gewehr 36, die Ordonnanzwaffe der deutschen Bundeswehr. Diese Munition unterläge den Vorschriften des Kriegswaffenkontrollgesetzes. Weitere 885 Patronen, die er F. gab, unterlägen den Vorschriften des Waffengesetzes. Allein diese drei Punkte sind besorgniserregend genug. Behörden, die auf einen solchen Cocktail nicht alarmiert reagieren würden, wären nicht bei Sinnen. Darum herum gruppieren sich die Masterarbeit, merkwürdige Notizen, Besuche, Sprachmemos, Tagebucheinträge, Verschwörungstheorien, antisemitische Kommentare, Chats, angebliche Todeslisten.

Der Hauptmann von Köpenick

Für seine Familie handelt es sich um drei verschiedene Dinge, die nichts miteinander zu tun haben: Die Waffe in Wien sei ein Zufallsfund, der Prepper-Keller mit Munition, Nahrung und Benzin sei für einen potenziellen kriegerischen Notfall angelegt gewesen. Und die Registrierung als Flüchtling? Eine Art Günter-Wallraff-Projekt, eine investigative Recherche über die Missstände der deutschen Flüchtlingspolitik. Franco A.s Gedankengebäude darum herum? Gedankensplitter, Thesen, sicher keine Belege für eine rechtsextreme Gesinnung. Für den Generalbundesanwalt hingegen gehört alles zusammen, für ihn ist alles Teil eines übergeordneten Plans für eine schwere staatsgefährdende Straftat.

Die Waffe in Wien und die Sache mit der Munition scheinen in den Überlegungen der Mutter keine Rolle zu spielen. Sie versucht den Stolz auf ihren Sohn auch gar nicht zu verbergen. «Ich muss schmunzeln, dass sich Franco überhaupt als Flüchtling registrieren lassen konnte. Wäre er nicht mein Sohn, so würde ich einfach sagen: Hut ab, was dieser Mann aufgedeckt hat. Aber als seine Mutter kann ich das nicht sagen, denn sein Einsatz bereitete mir unendliche Sorgen.»

In der Nachbarschaft gebe es Leute, die in Franco A. einen «Hauptmann von Köpenick» sähen, sagt die Mutter – es ist eine Anspielung auf die bekannte Geschichte eines Schuhmachers, der sich 1906 als preussischer Hauptmann verkleidete und in dieser Gestalt den Bürgermeister von Köpenick verhaftete und die Stadtkasse plünderte. Der Fall sorgte damals für Schlagzeilen, Hohn und Spott. Auch Franco A. führte den Staat vor, indem er demonstrierte, wie leicht man sich im asylpolitischen Chaos von 2015 und 2016 als Flüchtling registrieren lassen konnte. Dazu waren – zumindest in seinem Fall – nicht einmal Arabischkenntnisse notwendig. Als seine Doppelexistenz aufflog, wurde der Skandal im Asylwesen allerdings von der Gefahr, die möglicherweise von Franco A. ausging, überdeckt. Bald ging es auch gar nicht mehr nur um ihn, sondern um die ganze Bundeswehr.

Die Panik der Verteidigungsministerin

Die deutsche Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen reagierte auf den Fall Franco A. zunächst panisch. Anstatt erst einmal die Untersuchungen abzuwarten, stauchte sie am Fernsehen ihre Untergebenen kollektiv zusammen. «Die Bundeswehr hat ein Haltungsproblem, und sie hat offensichtlich ein Führungsproblem auf verschiedenen Ebenen», sagte sie im ZDF. Ein «falsch verstandener Korpsgeist» habe dazu geführt, dass Informationen nicht weitergereicht worden seien und die rechtsextreme Gesinnung von Franco A. gedeckt worden sei. Bei diesem Vorwurf spielte die Masterarbeit eine entscheidende Rolle. Warum wurde sie dem MAD nicht gemeldet?

Von der Leyens Ansprache kam in der Bundeswehr schlecht an, umso mehr, als die Verteidigungsministerin bis heute die Belege für das allgemeine Haltungsproblem schuldig bleibt. Erst mit Verzögerung schwächte sie ihre Vorwürfe ab.

Die Verteidigungsministerin liess bald deutsche Kasernen auf Wehrmachts-Memorabilia untersuchen. Bilder des ehemaligen Bundeskanzlers Helmut Schmidt in Wehrmachtsuniform mussten entsorgt werden. Von der Leyen verkündete: «Die Wehrmacht hat nichts mit der Bundeswehr gemein.» Der Fall Franco A. brachte im Verteidigungsministerium einiges in Bewegung.

«Von der Leyen hat ihre eigene Truppe auseinandergerissen», sagt Franco A.s Mutter. Ihren Sohn habe die Verteidigungsministerin im Gefängnis nie besucht, obwohl dieser ihr einen Brief geschrieben habe. Alles sei zusammengewürfelt worden, um etwas Grosses daraus zu machen. Als ihr Sohn aus dem Gefängnis gekommen sei, hätte er auch einfach verschwinden können, sagt die Mutter. Aber er habe es nicht gemacht, weil er keinen Grund dazu gehabt habe, weil er nie etwas Böses geplant habe. Ihr Sohn habe das Flüchtlingsgeld übrigens auch nicht angerührt, sagt sie, was nachweislich stimmt. Franco A. hat sich an seiner Doppelexistenz nicht bereichert. Die Freundin sagt: «Die Geschichte ergibt keinen Sinn.»

Die geschätzten Werte

In diesem Moment betritt eine weitere Person das Wohnzimmer in Offenbach. Der Bruder von Franco A. grüsst mit Handschlag und setzt sich an den Tisch. Er will Franco A., so gut es geht, beistehen. Er scheint ein nüchterner Geist zu sein, einer, der versucht, die Welt rational zu sehen, und dabei nicht allzu viele Worte verliert.

Anders als seine Mutter habe er alles verschlungen, was er über seinen Bruder habe lesen können. «Es war mir klar, dass das, was in den Medien stand, nicht vertrauenswürdig war. Was genau passiert ist, wusste ich aber nicht.» Irritiert es ihn nicht, dass sein Bruder eine glänzende Karriere so fahrlässig aufs Spiel gesetzt hat? «Die Registrierung als Flüchtling war eine hochriskante Geschichte», sagt er, «aber mein Bruder war immer auf der Suche nach der Wahrheit. Er hat viele Werte, von denen ich mir wünsche, dass sie mein Sohn dereinst lebt: Zuverlässigkeit, Aufrichtigkeit, Loyalität, Ehrlichkeit. Wenn ihm etwas nicht schlüssig ist, versucht er es selbständig herauszufinden.» Franco A.s Freundin nickt und sagt: «Genau darum bin ich mit ihm zusammen.»

Nach einer Weile drängt Franco A. zur Abfahrt, er hat die Begegnung mit einer ehemaligen Mitschülerin aus der Primarschule arrangiert. Es ist kurz vor Mittag, und die Runde im Wohnzimmer wird aufgelöst. Franco A. hat den Morgen so organisiert und durchgetaktet. Gewissermassen führt er Regie. Später will er noch zu seinem alten Ruderverein fahren. Franco A. kündigt das mit einer gewissen Dringlichkeit an, als wären da noch bestimmte Einsichten zu erwarten, die für die Recherche über seinen Fall wichtig sein könnten. Manchmal wirkt es fast so, als sehe er selbst die Geschichte seines Lebens vor sich, mit allen bedeutsamen Schauplätzen.

Die Zukunft des Franco A.

Ein kurzer Blick in die Zukunft noch? Die Mutter: «Ich möchte, dass das alles abgeschlossen wird. Ich wünsche meinem Sohn ein ganz normales Leben. Vielleicht wird er ja Journalist.» Die Freundin: «Ich mache mir um Franco wenig Sorgen. Er wird irgendetwas Sinnstiftendes tun.» Der Bruder: «Seine Masterarbeit hatte Mängel. Aber er könnte Doktor werden, er könnte sich als Akademiker rehabilitieren.»

Franco A. fährt mit seinem Mercedes-Kombi durch Offenbach, die Untersuchungen der Kriminalpolizei haben an dem Auto kleine Schäden hinterlassen, überall scheint nach belastendem Material gesucht worden zu sein. Er hält beim Café, wo seine Schulfreundin bereits wartet. Sie umarmt Franco, dann setzt man sich an einen Tisch. Sie arbeite in der Medizinbranche, sei ursprünglich aus Rumänien, stellt sich die Frau vor. «Man hat Franco medial hingerichtet und ihn dann liegen gelassen», sagt sie. «Man hat eine grosse Story gemacht, keine Beweise gefunden, und trotzdem wird er noch als Rechtsradikaler dargestellt.» Sie lege für ihn die Hand ins Feuer: «Seit meiner Kindheit ist er der höflichste, loyalste, aufrichtigste Mensch, den ich kenne.» Sie sagt, sie habe Hochachtung vor seinem Charakter. «Er hat Deutschland den Spiegel vorgehalten. Nur durch solche Menschen, die selber ein Opfer bringen, werden Missstände behoben. Er hat die Zweifel der Bevölkerung an der deutschen Flüchtlingspolitik bestätigt.» Wenn an diesem Tag von Franco A. gesprochen wird, dann fast nur in Superlativen.

Nach den Gesprächen sitzen wir im Restaurant des Rudervereins, unmittelbar am Main gelegen. Die Aussicht: Ein grauer Fluss fliesst durch eine graue Stadt. Am Tisch sitzt Franco A. Sein Essen wird kalt, während er redet. Der Kaffee später auch. Er scheint unter einer konstanten Anspannung zu stehen, hat etwas Glühendes. Oft wirkt er konzentriert und zerstreut zur selben Zeit. Wer ist dieser junge Mann, was war sein Plan?

Ein angeblicher Komplize beschrieb die Motivation seines Freundes in einer Vernehmung folgendermassen: Franco A. habe Sicherheitslücken im Asylsystem aufdecken wollen. Er habe gedacht, er bekomme einen Orden für seinen Dienst für die Heimat.

Plante der deutsche Soldat ein Attentat, oder war er nur ein Hobby-Ermittler?

Was hatte der deutsche Soldat Franco A. vor, als er sich als syrischer Flüchtling registrieren liess? Was wollte er mit der Waffe in Wien? Die Darstellungen der Kläger und der Verteidiger könnten nicht weiter auseinandergehen. Eine Rekonstruktion.




Franco A. als Soldat (links), als Flüchtling David Benjamin (Mitte) und so wie er heute ausschaut (rechts).

Oberleutnant Franco A. wird am 26. April 2017 auf dem Bundeswehrgelände in Hammelburg, Bayern, verhaftet. Das Bundeskriminalamt (BKA) und die Bundespolizei haben dafür 10 Beamte aufgeboten. Weitere 90 Polizisten untersuchen Wohnungen und Objekte in Deutschland, Österreich und Frankreich. F., ein Freund von Franco A., wird in Frankfurt ebenfalls festgenommen – bei ihm wird Munition aus den Beständen der Bundeswehr gefunden. Franco A. hat sie ihm kurz vor seiner Verhaftung übergeben, um belastendes Material zu beseitigen.

Franco A. habe sich bei der Verhaftung kooperativ verhalten, steht im Bericht des Bundeskriminalamts. Einen Tag später befindet er sich in einer sogenannten B-Zelle in der Justizvollzugsanstalt Frankfurt am Main I. Es handelt sich um einen besonders gesicherten Haftraum (BgH), in dem der Gefangene konstant überwacht wird. Franco A.s Kleider sind aus Papier, seine Toilette ist ein Loch im Boden.

Sein Motto sei Liebe und Frieden

Er sei vom BgH nicht so beeindruckt, wie es zu erwarten wäre, hält eine Psychologin am ersten Gefängnistag in ihrem Bericht fest. Man liest daraus eine gewisse Verwunderung. Im Gespräch habe Franco A. ihr gegenüber lediglich erwähnt, dass er nicht gerne in diesem Raum sei. Die Vorwürfe an ihn habe er indes als Unverschämtheit bezeichnet. Sein Motto sei Liebe und Frieden, soll Franco A. gesagt haben. Die Psychologin erkennt keine Selbstmordabsichten, allerdings vermutet sie bei ihm paranoide Züge und empfiehlt, dass er bald einer psychiatrischen Untersuchung unterzogen werde. Anderntags kommt eine Psychiaterin zu einem anderen Befund. Sie beschreibt Franco A. als wach und bewusstseinsklar, allenfalls misstrauisch. Aus ihrer Sicht spricht nichts gegen eine Verlegung in eine andere Zelle. Bis es so weit ist, vergehen weitere sechs Tage.

Der Fall Franco A. liegt wegen seiner Schwere bald beim Generalbundesanwalt. Dessen Darstellung geht anfangs so: Franco A. soll mit Oberleutnant T. und dem Offenbacher Jugendfreund F. Anschläge auf prominente Personen geplant haben. Die Pistole, die er in einer Behindertentoilette am Flughafen Wien hinterlegt hat, habe als Tatwaffe dienen sollen. Es sei darum gegangen, ein Verbrechen zu kreieren, das wie ein radikalislamistischer Terroranschlag ausgesehen hätte. Denn als Täter sollte in der Öffentlichkeit nicht Franco A. gelten, sondern David Benjamin, der von Franco A. erfundene syrische Flüchtling. Damit der Terrorparagraf aber in Betracht kommt, müssen konkrete Planungsarbeiten nachgewiesen werden können, die kurz vor dem Abschluss standen. Es braucht ein Ziel.

Die angeblichen Todeslisten

In seinen anfänglichen Ermittlungen bezieht sich der Generalbundesanwalt auf eine Namenliste, die bei Oberleutnant T. gefunden worden ist. Dieser wird im Mai ebenfalls verhaftet. In einer Befragung durch den Militärischen Abschirmdienst (MAD) erklärt er, dass es für die Liste eine plausible Erklärung gebe. Auf Anraten seines Anwalts wolle er dazu aber nichts sagen oder nur so viel: Es handle sich weder um eine Todesliste noch um eine Gästeliste für eine Promi-Sendung im Fernsehen. Allzu beeindruckt von der Befragung wirkt Oberleutnant T. nicht. 
Der Generalbundesanwalt hat die Ermittlungen gegen die beiden angeblichen Komplizen mittlerweile eingestellt. Der ehemalige Offizier T. arbeitet jetzt für einen AfD-Abgeordneten im Bundestag. Die Ermittlungen konzentrieren sich nun ganz auf Franco A. «Wir gehen weiterhin davon aus, dass der Angeschuldigte eine schwere staatsgefährdende Gewalttat vorbereitet hat», sagt der Sprecher des Generalbundesanwalts auf Anfrage der NZZ.

Franco A. soll eine seit Jahren verfestigte völkisch-nationalistische und rechtsextremistische Gesinnung haben, heisst es in der Anklageschrift. Sein Ziel sei es gewesen, mit Anschlägen auf Prominente in der Öffentlichkeit einen Bewusstseinswandel gegenüber der deutschen Asylpolitik herbeizuführen. Die «Todesliste» von Oberleutnant T. ist nicht mehr massgebend, nun will der Generalbundesanwalt die angeblichen Ziele auf einem Papier von Franco A. gefunden haben. Unter anderem stehen darauf die Namen des damaligen Justiz- und heutigen Aussenministers Heiko Maas (SPD), der Bundestagsvizepräsidentin Claudia Roth (Grüne) sowie der Stiftungsvorsitzenden Anetta Kahane. Spätestens Ende 2015 soll Franco A. mit der Planung begonnen haben.

Der Verteidiger schreibt von wilden Theorien

Der Strafverteidiger von Franco A. sieht alles anders: Sein Mandant habe nie einen Terrorakt geplant. Es handle sich dabei um eine wilde Theorie. Nicht Franco A. soll der Verschwörungstheoretiker sein, sondern vielmehr der Generalbundesanwalt. Ein Zettel mit verschiedenen Namen und alltäglichen Erinnerungsstützen sei noch lange keine Todesliste, hält der Strafverteidiger in einem Schreiben an das Oberlandesgericht Frankfurt am Main fest. Unter anderem bezieht er sich in seiner Einschätzung auch auf den damaligen Berliner Polizeipräsidenten Klaus Kandt, der schon im Mai 2017 sagte: «Da war null Planungsleistung erkennbar.» Auch dass Franco A. rechtsextrem sein soll, bestreitet der Anwalt. Sein Mandant habe eine weltoffene, kriegsablehnende Haltung. Ausserdem habe er mit seinem italienischen Vater selber einen Migrationshintergrund.

Bei seiner Registrierung als Asylsuchender sei es Franco A. nur um eine journalistisch-investigative Beleuchtung der Zustände im Asylwesen gegangen. In seinem Schreiben zweifelt der Strafverteidiger ausserdem die Unabhängigkeit des Generalbundesanwalts an und fragt nach dem Druck, dem dieser wohl ausgesetzt sei. Sein Mandant, schreibt er, sei den gesellschaftlichen Tod durch Vorverurteilung schon gestorben.

Mit brauner Schminke und Trainerhose

Wenige Tage nach Weihnachten 2015 lässt sich Franco A. als Flüchtling registrieren. Er hat gerade Urlaub. Maskiert mit einer alten Brille, etwas brauner Schminke im Gesicht und in einer alten Adidas-Hose meldet er sich bei der Flüchtlingsunterkunft in Offenbach. Es beginnt eine kleine Odyssee, die ihn von seinem Wohnort immer weiter wegführt. Er kommt in eine Erstaufnahmeeinrichtung in Giessen, dann nach Zirndorf, schliesslich wird er einer Flüchtlingsunterkunft in Baustarring, Oberbayern, zugewiesen, rund 350 Kilometer von Offenbach entfernt. Der Aufwand, um seine Doppelexistenz als Asylsuchender und Soldat aufrechtzuerhalten, wird für ihn damit ungleich grösser.

In seiner Zeit als Asylsuchender macht Franco A. über 50 Videos mit seiner Handykamera. Die meisten dauern nur wenige Sekunden oder Minuten. In manchen filmt Franco A. anscheinend verdeckt seine Mitbewohner, in anderen zeigt er die Schlafplätze oder die Essensausgabe in verwackelten Bildern. In einigen Videos ist auch er selbst zu sehen. Er hält sein Gesicht dicht an die Kamera, so dass man hauptsächlich einen Bart, eine Brille und eine Kapuze sieht. In der Gestalt berichtet er über seine Erfahrungen im Asylwesen, aber auch über seine persönliche Lage. Manchmal wendet er sich an ein fiktives Publikum. Die kurzen Filme scheinen darauf angelegt gewesen zu sein, dereinst veröffentlicht zu werden. In einem Video fragt er sich, wie er seine Doppelexistenz in Zukunft wohl aufrechterhalten könne. Bei der Fahrt in die Asylunterkunft habe er nur gedacht: Mist! Er wolle hier weg. Er spricht über die Liebe zu seiner Mutter und darüber, dass er sich bei seiner Ankunft im Asylheim sehr einsam gefühlt habe, fast so wie damals mit seiner Masterarbeit.

Er selbst thematisiert, dass seine Aktion wohl nicht legal sei. Dass er als Asylsuchender seine Fingerabdrücke habe abgeben müssen und die Behörden sie nun seinem Gesicht zuordnen könnten, sei schade. Dann kommt er aber zu dem Schluss, dass es eigentlich auch egal sei – und wird persönlich. Was er hier in der Asylunterkunft erlebe, zeige ihm, wie gut es ihm selbst gehe. Er hoffe, dies sei ihm alles eine Lektion. Franco A. verabschiedet sich mit einem «Gute Nacht».

Warum sollte ein mutmasslicher Terrorist solche Dokumentationen von sich anfertigen? Wer sich die Videos von Franco A. ansieht, bekommt nicht den Eindruck, dass hier einer planmässig auf eine schwere Gewalttat hinarbeitete. Sie verraten eher die Unsicherheit eines Mannes, der sich mit seinem Projekt, Flüchtling zu werden, in eine abstruse Situation manövriert hat und dem es dann selbst ein bisschen unheimlich wird. Auf vielen Videos spricht Franco A. Französisch, auch dies offenbar eine Tarnmassnahme, um nicht erkannt zu werden. Über Flüchtlinge spricht er nicht schlecht. Allenfalls ist er von der Bedürftigkeit seiner Mitbewohner nicht recht überzeugt. Es seien ganz normale Menschen, kommentiert Franco A. Sie seien weder abgemagert, noch sei ihnen die Furcht ins Gesicht geschrieben. Es handle sich um Leute, die einfach losgezogen seien nach dem Motto: Beantragen wir doch mal Asyl in Deutschland.

Ein Syrer namens David Benjamin?

Die Geschichte, die sich Franco A. für die Behörden zurechtlegt, geht so: Er heisse David Benjamin und sei am 27. Dezember nach Deutschland eingereist. Grösstenteils sei er zu Fuss über die Türkei, Bulgarien, Rumänien, Ungarn und Österreich gekommen. Er sei ein syrischer Christ französischer Abstammung, weshalb er auch nur mangelhaft Arabisch spreche. Seine Muttersprache sei Französisch. Bis zur Flucht habe er in Tel al-Hassel gelebt. Er sei ins Gymnasium gegangen, das er aber abgebrochen habe. Von Beruf sei er Landwirt.

Eine merkwürdige Bewandtnis hat es mit dem Namen David Benjamin. Franco A. ging mit einem Jungen ins Gymnasium, der fast identisch heisst. Die Ermittler klopften später auch bei ihm an. Man habe sich gut verstanden, sagte dieser in einer Zeugenvernehmung. Im persönlichen Umgang sei Franco A. nie fremdenfeindlich gewesen. Der ehemalige Mitschüler würde Franco A.s Gedankengut gleichwohl als eher völkisch bezeichnen. Er vermutet, dass er den Namen David Benjamin benutzt habe, weil er jüdisch klinge.

Die Dolmetscherin wird misstrauisch

Franco A. hält sich nur selten in der Flüchtlingsunterkunft auf, und er scheint auch bald zu merken, dass das niemanden wirklich interessiert. Die psychische Belastung der Doppelexistenz wiegt am Ende vermutlich deutlich schwerer als die logistische. Natürlich, ein paar Autofahrten nach Bayern musste Franco A. machen, und darüber beklagt er sich auch bei seinem Freund F. Aber eigentlich rückt er nur aus, um das Geld abzuholen und wenn er unumgängliche Termine hat. Ein solcher findet am 7. November 2016 in Nürnberg statt. Beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) muss er seine ganze Geschichte noch einmal erzählen. Es ist der Tag, der über sein Schicksal als Asylsuchender entscheidet.

Eine Dolmetscherin mit marokkanischer Herkunft erinnert sich später an den Termin mit einem Juden namens David Benjamin, der als Obstbauer in Syrien gelebt habe und dessen Familie vom IS ermordet worden sei. Im Gespräch habe man ihn mehrfach gefragt, wieso er kein Arabisch spreche. Benjamin habe dann stets gesagt, er gehöre einer französischen Minderheit an. Ihre Zweifel über die syrische Herkunft des Antragstellers habe sie nicht geäussert. Unter anderem, weil sie sich als Muslimin nicht getraut habe, etwas gegen einen mutmasslichen Juden zu sagen. Franco A. hat auch dieses Gespräch mit seinem Handy aufgezeichnet. Einige Teile der Konversation hat er auf Deutsch mit einem französischen Akzent geführt.

Etwas mehr als einen Monat später erhält David Benjamin seinen Bescheid vom Bamf. Der Asylantrag wird abgelehnt, aber er bekommt den sogenannten subsidiären Schutzstatus. Er erhält eine Aufenthaltserlaubnis für ein Jahr und einen unbeschränkten Arbeitsmarktzugang. Wenn der Generalbundesanwalt damit recht hätte, dass Franco A. schon Ende 2015 einen konkreten Anschlag geplant hatte, dann hätte er sich dafür ziemlich viel Zeit gelassen, Zeit, in der er stets fürchten musste, dass seine Doppelexistenz auffliegt.

Die Waffe in Wien

Anfang Januar 2017 bucht Franco A. im Internet ein Appartement im ersten Bezirk von Wien. Er will am Ball des österreichischen Bundesheers teilnehmen. Am 20. Januar fährt er mit dem Zug von Strassburg nach Wien. Sein Kamerad, Oberleutnant T., reist mit dem Auto nach Zürich und fliegt von da aus nach Wien. Am Abend treffen sich die beiden am Ball in der Wiener Hofburg. T. trägt Uniform, Franco A. Smoking. Die Galauniform habe dieser im Zug beim Umsteigen vergessen, sagt Oberleutnant T. in einer späteren Vernehmung. Das sei typisch für Franco A., er sei ein verplanter Mensch. Beim Ball in Wien ist auch Franco A.s Freundin dabei.

Am nächsten Abend treffen sich Franco A. und Oberleutnant T. im Wiener Café Central zum Essen. Ein weiterer Kamerad ist dabei und auch Franco A.s Freundin. Übereinstimmend erzählen die Beteiligten nachher, man sei verkatert gewesen vom Vorabend. Später ziehen sie weiter in eine Bar.

Unterwegs sei er ausgetreten, so gibt Franco A. bei Vernehmungen zu Protokoll. In einem kniehohen Busch will er dann eine Pistole gefunden haben, geladen mit sechs Schuss. Es handelt sich um ein französisches Modell des Herstellers M. A. P. F., Typ 17, French Unique, 7,65 mm Browning, Seriennummer 425 760. Er habe die Pistole gesichert, in seine Manteltasche gesteckt und bald wieder vergessen. Um 21 Uhr 45 bucht Franco A. im Internet einen Flug von Wien nach Zürich für den nächsten Tag. Bis 3 oder 4 Uhr morgens sei dann weitergetrunken worden. Die Waffe? Sie soll niemandem aufgefallen sein. Oberleutnant T. sagt später, Franco A. sei an jenem Abend stark angetrunken gewesen, er habe sprachliche Ausfallerscheinungen gehabt und sei übermässig euphorisch gewesen.

Das verräterische Depot

Am frühen Nachmittag, so erzählen es Oberleutnant T. und Franco A., sei man gemeinsam mit der Bahn zum Flughafen Wien gefahren. Erst jetzt, kurz vor der Sicherheitskontrolle, will sich Franco A. an die Waffe in seinem Mantel erinnert haben. T. kommentiert die angebliche Szene so: Er selbst sei schon durch die Sicherheitsschleuse gegangen, und als er zurückgeschaut habe, habe er einen erschrockenen Franco A. gesehen, der weggelaufen sei. T. habe in jenem Moment gedacht, Franco A. spinne, weil er mit seinem Verhalten riskierte, dass sie den Flug verpassten.

Franco A. deponiert die Waffe im Putzschacht einer Behindertentoilette am Flughafen. Es handelt sich um einen kleinen Kasten, der in die Wand eingefasst ist. Dass Franco A. die Waffe in ein Tuch eingewickelt haben soll, bestreitet die Verteidigung. Es mag sich um ein kleines Detail handeln, aber es ist nicht unerheblich. Hätte Franco A. die Waffe in ein Tuch gewickelt, würde seine Aussage, wonach er sich erst kurz vorher wieder an sie erinnert hat, noch unwahrscheinlicher wirken. Woher käme plötzlich das Tuch? Um 14 Uhr 15 verschickt Franco A. ein Foto der Toilette an eine Whatsapp-Gruppe, die anscheinend zum Ball der Offiziere gegründet worden ist. Abgesehen von Oberleutnant T. und Franco A. sind noch drei weitere Soldaten in dieser Gruppe. Franco A. fügt zwei Smileys hinzu. Kurz darauf versendet er auch ein Video, das Geschäfte im Transitbereich des Flughafens zeigt. A. schreibt, das sei doch lustig. Später erklärt er, er habe das gemacht, um das Versteck wieder zu finden. In der Chat-Gruppe lösen die Bilder keine speziellen Reaktionen aus. Die Kameraden sagen in den Vernehmungen, sie hätten die Bedeutung der Bilder nicht verstanden.

Rückkehr nach Wien

An diesem Punkt bleibt man immer wieder hängen. Die Waffe in Wien könnte so etwas wie der Schlüssel zur ganzen Geschichte sein. Wüsste man mit Sicherheit, wieso sie Franco A. da deponiert hat, würde wohl generell sehr vieles klarer. Bis anhin bleibt die Aktion aber rätselhaft. Wenn Franco A.s Darstellung stimmen würde: Wieso hat er sich dann nicht spätestens am Flughafen an die Polizei gewendet und den angeblichen Fund gemeldet? Warum schickte er die Bilder zum Waffenversteck seinen Kameraden? Kann man stundenlang durch Wien laufen und eine geladene Waffe in der Manteltasche vergessen? Andererseits: Wer würde eine Waffe für einen Anschlag auf deutsche Prominente in einer Flughafentoilette in Wien deponieren? Dass sich Menschen, die auf der angeblichen Todesliste stehen, zeitnah in der Umgebung aufgehalten hätten, ist nicht bekannt. Wer würde für ein solches Unterfangen ausserdem ausgerechnet eine über 80 Jahre alte Waffe benutzen? Auch die Darstellung des Generalbundesanwalts wirkt brüchig. 

Woher die Waffe kommt? Die Ermittler wissen es anscheinend nicht. Allerdings stellte die Polizei an ihr später DNA-Spuren von A. sicher. Sie sollen sich am Magazin, am Abzug und auf der Innenseite der linken Griffschale befunden haben. Dies könnte darauf hindeuten, dass A. die Waffe auseinandergenommen hat.

Franco A. und Oberleutnant T. verständigen sich angeblich darauf, dass Franco A. schnellstmöglich wieder nach Wien fliegen müsse, um die Sache mit der Waffe zu klären. Am 30. Januar bucht er auch tatsächlich einen One-Way-Flug von München nach Wien. Am Morgen des 3. Februars ist er noch als David Benjamin in Erding unterwegs, um sich eine Aufenthaltsgestattung zu besorgen, weil er seine alte angeblich verloren hat. Am Abend versucht er in Wien, die Waffe wieder an sich zu nehmen. Die Polizei wartet schon auf ihn, sie hat eine Falle gestellt. Um 21 Uhr 00 löst Franco A. in der Behindertentoilette unbewusst den Alarm aus. Wenige Minuten später ist er verhaftet.

In der Nacht wird Franco A. vom Kriminaldienst in Wien vernommen. Die Waffe habe ihm in den vergangenen Tagen keine Ruhe gelassen, sagt er in der Vernehmung. Er habe sie bei der Polizei abgeben wollen, damit mit ihr kein Unheil angerichtet werde. Danach habe er Wien noch kulturell erkunden wollen. Selbst in dieser Situation nimmt Franco A. für sich noch in Anspruch, ein halbwegs gewöhnlicher Tourist zu sein. Warum hat er sich nicht schon längst bei den österreichischen Behörden gemeldet? Es sei ihm nicht in den Sinn gekommen.

Die Schlinge zieht sich zu

Um 3 Uhr 35 wird Franco A. entlassen. Zu diesem Zeitpunkt muss er ein Problem schon relativ deutlich erkannt haben: Seine Fingerabdrücke sind nun in Wien hinterlegt. Vor rund einem Jahr hat er seine Fingerabdrücke schon einmal abgeben müssen, damals als David Benjamin. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis die Behörden herausfinden, dass Franco A. und David Benjamin eine Person sind.

Vorerst aber zum Gepäck des Franco A. in Wien. Bei sich trägt er eine Pinzette, ein Schweizer Sackmesser, eine Nagelschere und einen USB-Stick, auf dem sich zwei Publikationen befinden: eine Anleitung zur Herstellung von Sprengstoffen mit dem Namen «Mujahideen Explosives Handbook» sowie das Buch «Der totale Widerstand, Kleinkriegsanleitung für Jedermann». Autor ist der Schweizer Major Hans von Dach, das Werk erschien erstmals 1957, in der Zeit des Kalten Krieges. Ausserdem trägt er ein vierseitiges Papier mit sich, das er vermutlich noch während seiner Schulzeit verfasst hat. Dass er Jahre später diese Aufzeichnung eines Teenagers noch mit sich führt, deutet darauf hin, dass ihm die Zettel wichtig sind. Unter anderem schreibt er darin, dass Alleinsein sein Urzustand sei. Er müsse akzeptieren, dass sich daran nichts ändern werde.

Das Reden mit sich selbst

In der Zeit seines Doppellebens hat Franco A. immer wieder Sprachnotizen in sein Handy gesprochen. Nachdem dieses in Österreich von der Polizei beschlagnahmt worden war, machte er sich Sorgen, wie sich Oberleutnant T. erinnert. Franco A. hatte offenbar Angst, dass die Dokumente bei der Polizei einen komischen Eindruck erwecken könnten. Die Sorge war begründet. Einige Sprachmemos knüpfen inhaltlich an seine verschwörungstheoretische Masterarbeit an. Am 10. Januar 2016 spricht Franco A. etwa über eine angebliche Zerstörung Deutschlands durch Auto-Genozid. Er spricht abschätzig von gemischten Ehen und bezeichnet sich selbst als Produkt eines, wie er schreibt, perversen Rassenhasses. Denn auch sein Vater sei ein Gastarbeiter. In anderen Tonaufnahmen spricht Franco A. davon, dass die Liebe stets im Zentrum stehen müsse und dass Krieg unbedingt verhindert werden müsse. Alle Völker sollten sich brüderlich verbunden sein. Auch gegen eine Stigmatisierung von Muslimen wendet er sich.

Es gibt aber eben auch andere Stellen. Zwei Motive tauchen bei ihm wiederholt auf. Zum einen die antisemitische Idee einer jüdischen Weltherrschaft. Zum anderen eine starke Ablehnung der Vermischung von Ethnien. Im November 2016 sagt er, dass die Wahl auf der Krim glaubwürdiger gewesen sei als jede Wahl, die in Deutschland nach 1945 stattgefunden habe. Schliesslich spricht er von einem dritten Weltkrieg, der vorangetrieben werde – von wem, wird erst nicht klar. Des Weiteren gebe es Bestrebungen, einen Bürgerkrieg in Deutschland auszulösen. Er spricht von einem Rassenkrieg, der gegen das deutsche Volk und gegen Zentraleuropa geführt werde. Hinter allem stehe ein Plan. Er spricht von einem politischen Zionismus, der die Welt beherrschen wolle.

Es gibt kaum Hinweise, dass sich Franco A. auch öffentlich so geäussert haben könnte. Im Gegenteil heben Bekannte seine Offenheit hervor, auch gegenüber Fremden. Ein Zeuge erinnert sich in einer Vernehmung, wie Franco A. in der Schule mit Muslimen gefastet habe, um diese Erfahrung einmal zu machen. Er sei damals der einzige Nichtmuslim gewesen, der da mitgemacht habe. Einer seiner Bekannten, der selbst jüdischer Abstammung sein soll, sagt, seine Herkunft sei zwischen ihm und Franco A. nie ein Problem gewesen, obwohl dieser davon gewusst habe. Allenfalls attestieren ihm manche Bekannte einen Hang zu Verschwörungstheorien.

Der Abend mit Oberleutnant U.

Vielleicht eine Ausnahme ist das Abendessen mit Oberleutnant U., der ebenfalls in Illkirch gedient hat. In einer Vernehmung sagt dieser, dass er Franco A. erst als sehr positiv und weltoffen wahrgenommen habe. Dann sei er ihm aber immer merkwürdiger vorgekommen. Ausführlich schildert U. ein Abendessen in Strassburg vom 14. April 2016. Franco A. habe ihm erzählt, er sei sicher, dass es in den nächsten drei Jahren einen dritten Weltkrieg geben werde. Dafür habe er hauptsächlich eine jüdische Bank verantwortlich gemacht. U. habe daraufhin gesagt, dass er das für antisemitisch halte. Franco A. habe dann sinngemäss gemeint, wenn dies bereits antisemitisch sei, dann sei er eben Antisemit.

Mit Verschwörungstheorien sei es an diesem Abend in der Wohnung von Franco A. weitergegangen. Unter anderem habe dieser die Ansicht vertreten, dass Helgoland eigentlich Atlantis sei und die USA darauf eine Atombombe abgeworfen hätten. Wenn er widersprochen habe, dann sei Franco A. sauer geworden. Allerdings habe dieser an jenem Abend auch Alkohol getrunken, wie viel, könne er nicht mehr sagen. Anderntags hätten die beiden noch einmal miteinander geredet. U. habe gehofft, Franco A. werde seine Aussagen nun relativieren. Unter anderem habe er ihn auch auf seinen Eid auf die freiheitlich-demokratische Grundordnung angesprochen. Das habe Franco A. gar nicht gefallen. Er habe deutlich gemacht, dass er seine Ansichten mit dem Schwur, «das Recht und die Freiheit des deutschen Volkes» zu verteidigen, als konform ansehe. U. habe ihm darauf geraten, seine Positionen noch einmal zu überdenken. Franco A. habe darauf gesagt, dass alle dächten, er sei verrückt. Nach diesem Gespräch sei das Verhältnis distanzierter gewesen.

Insgesamt wirkt es so, dass Franco A. seine Verschwörungstheorien eher für sich behielt. Das könnte dazu geführt haben, dass es ihm an Konfrontation mangelte, dass er keine Bekannten hatte, die ihn einmal zur Brust nahmen und sein schiefes Weltbild geraderückten. Zwar deutet er an, dass andere denken könnten, er sei verrückt. Tatsächlich gibt es aber nur wenige Hinweise auf Gespräche in der Art wie mit Oberleutnant U.

Angst vor einem dritten Weltkrieg

Prägend war für Franco A. in jener Zeit wohl auch die sogenannte Prepper-Szene. Ab Januar 2016 ist er in einer Chat-Gruppe mit Preppern aus dem süddeutschen Raum vernetzt. Es sind Leute, die sich für den Kriegsfall oder eine Katastrophe vorbereiten und sich über entsprechende Strategien austauschen. Da kann es um Wasser, Benzin und Nahrung gehen, aber auch um Waffen. Franco A.s damalige Überzeugung, dass ein dritter Weltkrieg nah sei, entspricht zumindest während der Zeit der Flüchtlingskrise der allgemeinen Wahrnehmung in seiner Chat-Gruppe. Viele der Mitglieder sind ehemalige oder aktive Polizisten und Soldaten.

Franco A. hat mindestens an zwei Treffen der Gruppe teilgenommen und dabei auch den Administrator mit dem Decknamen Hannibal getroffen. Die Ermittler halten fest, dass er sich an der Regel der Gruppe orientiert habe, wonach man empfangsbereit sein, aber selber nicht senden solle. Wortführer in den Chats ist hingegen Hannibal. Nachdem Franco A. aufgeflogen ist, löst er die Gruppe auf. Erst die Untersuchungen zu Franco A. führten dazu, dass auch diese und weitere Chat-Gruppen von Preppern näher untersucht wurden.

Wie militant und gefährlich die Szene ist, ist umstritten. Die «taz» publizierte eine Reihe von Artikeln, die belegen sollen, dass ein Teil der sogenannten Prepper in der Bundeswehr ein rechtsextremes Untergrundnetzwerk bilden, eine «Schattenarmee». Sie sollen getrieben sein von einem Hass auf Asylbewerber und linke Politiker. Der Sprecher des MAD sagt auf Anfrage der NZZ: «Zur angeblichen Existenz eines rechtsextremistischen Netzwerks innerhalb der Bundeswehr liegen uns nach derzeitigem Stand keine Erkenntnisse vor.» Möglicherweise spielen da aber auch eigene Interessen mit. Wie die «taz» schreibt, soll Hannibal eine Auskunftsperson des MAD gewesen sein. Ob es sich aber um eine Armee in der Armee handelt, wie die «taz» schreibt, und nicht eher um einzelne Spinner und Extremisten, ist doch fraglich.

Franco A.s Strafverteidiger schreibt, sein Mandant habe seinen Prepper-Keller nur zum Schutz der Familie in Offenbach angelegt. Der Generalbundesanwalt sieht zwar in der Pistole in Wien die Tatwaffe für einen geplanten Anschlag. Er verweist in der Anklageschrift aber auch auf Munition, die Franco A. illegal gehortet hat. Ausserdem sollen bei ihm unter anderem zwei Gewehre und eine Pistole gefunden worden sein sowie 51 Sprengkörper. Teile der Munition soll Franco A. laut der Anklageschrift aus Beständen der Bundeswehr entwendet haben. Hierzu gebe es keine Beweislage, schreibt hingegen der Verteidiger. Ausserdem stellt er die ganze Gefährlichkeit dieses Prepper-Kellers infrage. Was der Generalbundesanwalt als Sprengkörper behandle, seien eher Knallkörper, die mit Silvesterböllern vergleichbar seien. Gefährlich können diese gleichwohl sein, und das ganze Keller-Arrangement erweckt insgesamt nicht den Eindruck einer friedlichen Vorsorge für den Notfall.

Das Buch muss weg

Am 20. Februar 2017 leitet die Staatsanwaltschaft Frankfurt am Main ein Ermittlungsverfahren gegen Franco A. ein. Bis zu seiner Verhaftung dauert es aber noch über zwei Monate. Was macht Franco A. bis dahin? Er dient in Strassburg weiter, er unternimmt mit seiner Freundin eine Reise nach Italien und besucht den Heimatort seines Vaters, mit dem er keinen Kontakt hat. Sein Freund F. sagt, er habe nach dieser Reise von Italien und dem italienischen Essen geschwärmt. Abgesehen davon versucht Franco A., Material, das ihn belasten könnte, loszuwerden. Er wendet sich diesbezüglich an F., seinen wahrscheinlich engsten Vertrauten. Die beiden kennen sich aus dem Ruderverein. Wie Chats belegen, haben sie ein ähnliches Weltbild. F. wusste über die Doppelexistenz von Franco A. schon früh Bescheid. Erstmals soll ihm dieser im Frühling 2016 davon erzählt haben. Franco A. habe ihm da gesagt, er habe sich als Flüchtling gemeldet, um Sicherheitslücken innerhalb des Asylverfahrens aufzudecken. Franco A. habe gedacht, er erhalte hierfür einen Orden, weil er Deutschland gedient habe.

Als sich die Freunde im April getroffen hätten, sei Franco A. ruhiger und nachdenklicher gewesen als üblich, erinnert sich F. A.s Not sei offensichtlich gewesen. Als ihn Franco A. angefragt habe, ob er Material für ihn aufbewahren könne, habe er sich nicht erkundigt, worum es sich handle. Mit dem Seat Ibiza seiner Mutter habe er drei Kisten und einen Kübel abtransportiert. Was sich darin befand, wusste er angeblich nicht. Unter anderem übergab ihm Franco A. 167 Patronen für das Gewehr 36, die Ordonnanzwaffe der deutschen Bundeswehr, sowie weitere 31 Patronen für eine MP-7-Maschinenpistole. Diese Munition unterliegt den Vorschriften des Kriegswaffenkontrollgesetzes. Teile dieser Munition wurden wohl illegal aus Beständen der Bundeswehr entwendet. Weitere 885 Patronen, die er F. übergab, unterliegen den Vorschriften des Waffengesetzes. Weder Franco A. noch F. hatten eine Erlaubnis zum Besitz dieser Munition. 

F. sagt in einer Vernehmung, er sei in jenem Moment einfach nur ein guter Freund gewesen, der keine Fragen stelle. Dies sei ein Fehler gewesen. Schon kurz nach der Verhaftung in Wien deponierte Franco A. bei F. eine Kiste mit drei Büchern. Eines davon war «Mein Kampf» von Adolf Hitler.

Der Freund F. war nicht der Einzige, an den sich Franco A. wandte, auch seinen Bekannten K. bat er darum, einen Karton aufzubewahren. Er lehnte ab, aber offenbar mit einem schlechten Gewissen. Franco A. könne Menschen beeinflussen, sagte er in einer Vernehmung. Dessen Geschichte mit der Waffe könne er sich am ehesten wegen seiner Tollpatschigkeit vorstellen. Er sei extrem intelligent, gleichzeitig tollpatschig und vergesslich. Er habe oft fahrlässige Fahrradunfälle gebaut, und beim Rudern habe er vergessen, seine Startnummer ans Boot zu kleben.

Das geritzte Hakenkreuz

Während der sieben Monate Untersuchungshaft schreibt Franco A. einen Bericht zu seinen Erfahrungen im deutschen Asylwesen. Er würdigt das Essen, das mit Fladenbrot und intensiven Gewürzen den Asylsuchenden entgegenkomme. Er mahnt Mängel bei Sicherheitsfirmen an, die Flüchtlinge zum Teil mit Gefangenen verwechseln würden. Er lobt die Integration der ausländischen Schulkinder. Allgemein sei das Asylwesen gut organisiert, so sein Befund, allerdings seien die Personenkontrollen zu nachlässig. Unter anderem warnt er vor Islamisten und dem Ethnozentrismus mancher Einwanderer.

Der Bericht wirkt fast so, als habe Franco A. von höherer Stelle den Auftrag bekommen, das deutsche Asylwesen zu erforschen. Man stellt sich den Schreiber seltsam unangetastet von seinem Schicksal vor. Zu jener Zeit sitzt er im Gefängnis und wird verdächtigt, eine schwere staatsgefährdende Gewalttat geplant zu haben. Bestimmt wurde sein Bericht von einer Behörde gelesen, aber nicht um das Asylwesen zu verändern. 

Bei der Berichterstattung über den Fall im Mai 2017 spielt auch ein Sturmgewehr mit einem eingeritzten Hakenkreuz eine Rolle. Das Redaktions-Netzwerk Deutschland (RND) veröffentlichte ein entsprechendes Bild und titelte dazu: «Ein Blick in die Stube von Franco A. im französischen Illkirch». Der «Spiegel» schreibt ausserdem von einem Poster mit einem Wehrmachtssoldaten, das an der Wand gehangen haben soll. Die deutsche Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen sah sich in ihrem ersten Urteil bestätigt: Wenn solche Hinweise ignoriert würden, dann könne man durchaus von einem gravierenden Haltungsproblem in der Bundeswehr sprechen. Einer von Franco A.s Anwälten schreibt auf Anfrage der NZZ, dass sein Mandant weder eine Stube mit Wehrmachtsdevotionalien bewohnt habe, noch habe er je ein Gewehr mit etwaigen eingeritzten Symbolen geführt oder derartige Beschädigungen selbst vorgenommen. 
Was stimmt? Der Militärische Abschirmdienst geht auf die Frage nicht ein. Zu laufenden Verfahren äussere man sich nicht, sagt ein Sprecher des MAD. In der Anklageschrift kommt die Sache nicht vor. Vermutlich handelt es sich um Gegenstände, die zwar in Illkirch gefunden wurden, aber mit Franco A. nichts zu tun haben.

Bericht des Psychiaters

Im Sommer schreibt Franco A. einen Brief an die Verteidigungsministerin. Er zeigt sich darin gekränkt, dass er von ihr als Rechtsextremist eingestuft werde. Er schreibt von sabbernden Journalisten, die vor lauter Schaum im Gesicht das Ziel verfehlten. Denn das Problem in der Bundeswehr sieht er nicht bei sich selbst, sondern ganz oben, wie er schreibt.

Am 15. August 2017 verschickt ein Psychiater aus Essen ein 63-seitiges Gutachten über Franco A. an den Generalbundesanwalt. Es ist eine kalt geschriebene Analyse, da sich Franco A. für eine persönliche Untersuchung nicht zur Verfügung gestellt hat. Der Psychiater musste sich bei seiner Analyse auf die Sichtung des Materials beschränken, das ihm der Generalbundesanwalt zugeschanzt hat. Er bezeichnet Franco A. in seinem Gutachten als eine sensitiv geprägte Persönlichkeit. Er sieht bei ihm ein Grundgefühl der Unzufriedenheit sowie eine leichte Kränkbarkeit, gleichzeitig auch einen Hang zu Grössenideen, in denen er sich als Ritter im Kampf gegen das Böse sehe. Er sieht aber keine Hinweise für eine Persönlichkeitsstörung oder etwas, das seine Schuldfähigkeit beeinträchtigen würde.

Das grösste Fragezeichen ist die Waffe in Wien

Die Darstellung des Generalbundesanwalts im Fall des Bundeswehrsoldaten Franco A. ist lückenhaft, der angebliche Pistolen-Fund in Wien wirkt aber ebenfalls unglaubwürdig. Einiges spricht dafür, dass die genauen Hintergründe zum Fall noch nicht bekannt sind. Ein vorläufiges Fazit.




Am 22. Januar 2017 deponiert Franco A. eine Pistole des Herstellers M. A. P. F., Typ 17, French Unique, 7,65 mm Browning, Seriennummer 425 760 im Putzschacht einer Behindertentoilette am Flughafen Wien. Sie ist mit sechs Schuss geladen. Die Waffe wird zwei Tage später von der Polizei entdeckt. Als sie Franco A. am 3. Februar 2017 wieder an sich nehmen will, wird er verhaftet. Mit sich trägt er unter anderem eine Pinzette, ein Schweizer Sackmesser und einen USB-Stick, auf dem sich zwei Publikationen befinden: eine Anleitung zur Herstellung von Sprengstoffen mit dem Namen «Mujahideen Explosives Handbook» sowie das Buch «Der totale Widerstand, Kleinkriegsanleitung für Jedermann».

Benedict Neff (Text), Joana Kelén (Illustration)


Am Ende unserer Recherche zum Fall Franco A. müssen wir einräumen, dass wir auch nicht wissen, was Franco A. genau vorhatte. Wir haben Hunderte Seiten von Akten gelesen, Videos von Franco A. angeschaut und Gespräche geführt – mehrmals auch mit dem des Terrors Verdächtigten selbst. War er nur ein als Flüchtling verkleideter Hobbyermittler im deutschen Asylwesen, wie es sein Strafverteidiger nahelegt? Oder plante er ein Attentat auf deutsche Politiker, wie es der Generalbundesanwalt in der Anklageschrift schreibt?

Der Fall Franco A.

Ein deutscher Soldat lässt sich als syrischer Flüchtling registrieren – mehr als ein Jahr später fliegt er auf und löst in Deutschland einen Skandal aus. Die Generalbundesanwaltschaft vermutet, dass Franco A. ein Attentat geplant hat.

Es handelt sich um ein laufendes Verfahren, und die Ermittlungen sind anscheinend noch nicht abgeschlossen. Das heisst, es können nach wie vor neue Beweise einfliessen, die das Gesamtbild wieder verändern, zugunsten oder zulasten von Franco A. Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main entschied im Juni 2018, dass kein hinreichender Tatverdacht für die Planung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat bestehe. Das heisst, die Darstellung des Generalbundesanwalts blieb bis dahin zu lückenhaft und brüchig. 

Ein Zufallsfund?

An einer Stelle bleibt man im Fall Franco A. immer wieder hängen: bei der Waffe in Wien. Es ist das grösste Fragezeichen in der Geschichte. Wenn man mit Sicherheit wüsste, warum Franco A. die Waffe am Flughafen Wien deponiert hat, dann wäre in dem ganzen Fall wohl sehr viel klarer. Nur, hier beginnen die Probleme. Die Version von Franco A. wirkt zweifelhaft. Er will die geladene Waffe per Zufall in einem Busch gefunden, in die Jackentasche gesteckt und dann auch schon wieder vergessen haben – auf einer Bartour in Wien bis um vier Uhr morgens. Einen Tag später will er sich bei der Sicherheitskontrolle am Flughafen plötzlich wieder an die Waffe erinnert haben. Was macht Franco A.? Er legt die Waffe in den Putzschacht einer Behindertentoilette.

Bei dieser Darstellung stellen sich einem viele Fragen: Hat Franco A. die geladene Waffe tatsächlich vergessen? Ist sie anderen nie aufgefallen? Warum wendete er sich mit seinem angeblichen Fund nicht an die Polizei? Franco A. reiste mit dem Zug aus Frankreich nach Wien, einen Tag später will er in Österreich ausgerechnet eine alte französische Pistole gefunden haben. Könnte es nicht viel eher sein, dass er die Waffe im Zug nach Wien gebracht hat? Und wenn die Darstellung von Franco A. stimmen würde: Ist es möglich, dass dieser Mann, der per Zufall eine geladene Waffe gefunden hat, per Zufall auch noch eine Doppelexistenz als Flüchtling und einen Keller mit scharfer Munition hat?

Behörden mussten alarmiert sein

Es hört sich unglaublich an und alarmierend. Insofern könnte auch niemand im Ernst behaupten, dass die Sicherheitsbehörden in diesem Fall überreagiert hätten. Im Gegenteil. Eher wundert man sich, dass es vom Verdacht bis zur Verhaftung über drei Monate gedauert hat, und dies, obwohl die Behörden schon im Februar 2017 das Schlimmste in Betracht gezogen haben: ein unmittelbar bevorstehendes Attentat auf eine prominente Person. Nur, hier beginnen auch Zweifel an der Darstellung des Generalbundesanwalts.

Er glaubt, dass Franco A. schon bei seiner Registrierung als Flüchtling die klare Absicht eines Anschlags hatte und diesen so zu inszenieren versuchte, dass die Öffentlichkeit glauben würde, ein Asylsuchender habe ihn begangen. Wieso sollte Franco A. aber mehr als ein Jahr zuwarten mit einem Anschlag und dabei stets riskieren, dass seine Doppelexistenz auffliegt? Wieso sollte er für ein Attentat eine über achtzigjährige Waffe benutzen und diese an einem Flughafen deponieren – an einem der meistgesicherten Orte, die es gibt?

Die Videos entlasten Franco A.

Die Ziele sollen auf einer angeblichen Todesliste von Franco A. gefunden worden sein. Es scheint bis anhin aber keine Hinweise zu geben, dass sich die potenziellen Opfer in diesem Zeitraum in Wien aufgehalten haben. Es ist insgesamt schleierhaft, wie dieses ganze angeblich geplante Verbrechen hätte realisiert werden sollen. So alarmierend die Zeichen sind, die Franco A. in die Welt gesetzt hat, die Stringenz des Planes, den ihm der Generalbundesanwalt unterstellt, lässt sich nicht nachvollziehen. Es ist deshalb auch gut möglich, dass die genauen Hintergründe im Fall Franco A. noch nicht bekannt sind.

Die Videos, die Franco A. als Pseudo-Asylbewerber gedreht hat, legen allerdings nahe, dass es ihm dabei tatsächlich um eine Art investigatives Projekt gegangen sein könnte. In den Aufnahmen thematisiert er seine Doppelexistenz, und er macht sich selbst Sorgen, wie das Ganze wohl noch ausgehen mag. Ein Freund sagte in einer Vernehmung auch, Franco A. habe geglaubt, er werde mit seinem Projekt einen Orden verdienen. Seine Mutter sieht in ihm einen «Hauptmann von Köpenick» – sein Selbstbild dürfte sich davon nicht wesentlich unterscheiden.

Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main hat bei seinem Entscheid die mündlichen Äusserungen von Franco A. in seinen eigenen Aufzeichnungen besonders hervorgehoben. Sie entlasten Franco A. Denn wenn es plausibel sein könnte, dass er sich aus einer Art Aufklärungsmotiv als Flüchtling meldete, dann ist das Fundament der Anklage erheblich erschüttert.

Befremdliche Doppelexistenz 

Was für ein Mensch ist Franco A.? Diese Frage stellt man sich im vorliegenden Fall unweigerlich. Die Doppelexistenz als angeblicher Flüchtling und als Soldat ist – mit oder ohne Anschlagspläne – befremdlich. Wer Missstände im Asylwesen beseitigen will, klopft deswegen nicht unbedingt über Neujahr bei der nächstgelegenen Flüchtlingsunterkunft und meldet sich als Asylsuchender an.

Franco A. scheint eine gleichermassen unsichere als auch robuste Persönlichkeit zu sein. Er ist neugierig und gibt sich dabei auch abstrusen Theorien hin und scheint sich in ihnen zu verlieren. Seine Ziele verfolgt er dann aber mit einer soldatischen Disziplin. Die erniedrigende Erfahrung der B-Zelle hat ihn nicht gebrochen, wie die Haft generell nicht. Im Gegenteil scheint er sich sehr schnell auch in dieser Lage zurechtgefunden zu haben: Er fasste seine Erkenntnisse als Asylsuchender im Stil einer militärischen Lageanalyse zusammen, er schrieb einen Brief an die Verteidigungsministerin.

Der Psychiater, der ein Gutachten über Franco A. schrieb, attestiert ihm einen Hang zu Grössenideen. Dieser Eindruck ist auch in der Recherche immer wieder aufgetaucht. Als 17-Jähriger sinniert er in seinem Tagebuch über einen Putschversuch mit ihm an der Spitze. Jahre später schreibt er eine Masterarbeit, in der er eine angebliche jüdische Verschwörung aufgedeckt haben will. Als selbsternannter Ermittler im deutschen Asylwesen will er sich einen Orden verdienen, die Politik entlarven und die Öffentlichkeit verblüffen.

In all diesen Fällen scheint ihm ein realistischer Blick auf die Welt abhandengekommen zu sein. Einerseits, weil er kruden Theorien aufsitzt. Andererseits, weil er seine eigene Lage falsch einschätzt und sich dabei auch überschätzt. Etwa wenn er glaubt, ein Einsatz als falscher Flüchtling könnte dereinst belohnt werden oder seine verschwörungstheoretische Masterarbeit würde auf Anklang stossen. Aus all diesen Aktionen liest man den Wunsch, etwas Herausragendes, noch nie Dagewesenes zu leisten.

Die Verteidigungsministerin hat überreagiert

Während die Sicherheitsbehörden ihren Job gemacht haben, hat die Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen im Fall Franco A. überreagiert. Das kollektive Haltungsproblem, das sie ihren Truppen unterstellte, nachdem Franco A. verhaftet wurde, lässt sich bis heute nicht nachvollziehen. Mittlerweile schreibt die «taz» von einer «Schattenarmee» aus gefährlichen Preppern, die die Bundeswehr unterwandere. Auch Franco A. verkehrte in diesen Kreisen. Aber nicht nur die Bundeswehr sei betroffen, wie die «taz» schreibt. Ihre Recherche lasse keinen anderen Schluss zu, als dass sich überall in Deutschland, Österreich und der Schweiz Gruppen formiert hätten, die daran arbeiten würden, einen eigenen Staat im Staate aufzubauen. Die Konturen dieser angeblichen Schattenarmee bleiben aber, auch nach vielen Artikeln, schwammig.

Im Fall Franco A. scheint die Generalbundesanwaltschaft bis anhin die Lücken in der angeblichen Planung eines Attentats mit einer rechtsextremistischen Gesinnung abdichten zu wollen. Tatsächlich lassen sich antisemitische Kommentare und die Hinwendung zu judenfeindlichen Verschwörungstheorien bei Franco A. über viele Jahre hinweg belegen. Aber auch diese machen den angeblichen Plan letztlich nicht konkreter. Der Fall Franco A. hat alle Grundzutaten für eine Katastrophe. Am Ende bleiben aber bis heute grosse Fragen, wie sich das alles hätte zutragen sollen.

Mitarbeit: Marc Felix Serrao




Dienstag, 23. April 2019

Schläger können nach Deal wohl auf Bewährung hoffen...

von Thomas Heck...

Der Rechtsstaat Deutschland macht sich lächerlich.  Nachdem ein Gewaltexzess von Flüchtlingen zum Jahreswechsel für Aufsehen gesorgt hatte, ging der Bürger noch davon aus, dass hier wirklich mal mit aller Macht ein Exempel statuiert werden würde. Doch daraus wird nun doch nichts. Im Prozess um die Prügel-Attacke von vier Asylbewerbern in Amberg haben sich die Beteiligten auf einen schmutzigen Deal verständigt: Die Angeklagten haben gestanden. Dafür sollen sie Bewährungsstrafen erhalten. Der Vierte soll in Haft. Die anderen drei gehen laut lachend als freie Menschen aus dem Gerichtssaal raus. Rechtsstaat absurd. Mutti hat es gerichtet.


Im Prozess um die Prügel-Attacke von Amberg haben die angeklagten jungen Männer aus Afghanistan und dem Iran Geständnisse abgelegt. Die Männer - zur Tatzeit im Alter zwischen 17 und 19 Jahren - gaben zu, am Abend des 29. Dezember 2018 an mehreren Tatorten insgesamt 15 Menschen verletzt zu haben. Weitere Passanten wurden beleidigt. Die Tat erfolgte unter erheblichem Alkoholeinfluss, sagten die Anwälte der Männer im Rahmen der Erklärungen ihrer Mandanten. Auch Drogen seien im Spiel gewesen. 

Im Namen ihrer Mandanten sprachen die Anwälte ein Bedauern der Taten und Entschuldigungen an die Opfer aus. "Mein Mandant bedauert die Taten sehr. Er hatte in der Untersuchungshaft genug Zeit nachzudenken. Er ist zum Schluss gekommen, dass er sich heute hier entschuldigen will und die Taten einräumt." Ein vierter Angeklagter räumte auch weitere Vorwürfe gegen ihn weitgehend ein. Diese werden ihm in einer zweiten, ebenfalls in das Verfahren miteinbezogenen Anklage vorgeworfen. Durch die Geständnisse können drei der Angeklagten auf eine Bewährungsstrafe hoffen.

Prozessbeteiligte verständigen sich auf Deal

Die drei Bewährungsstrafen sind Bestandteil einer Verständigung, die das Gericht nach einem Rechtsgespräch mit den Verteidigern vorgeschlagen hatte. Der vierte Täter, gegen den zwei Anklagen vorliegen, muss allerdings mit einer Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren und zwei Monaten rechnen. Derzeit läuft die weitere Beweisaufnahme.

Wann in dem Verfahren vor dem Amberger Jugendschöffengericht nun das Urteil fällt, ist noch offen. Ursprünglich war dies für Ende Juli geplant.

Die angeklagten Asylbewerber sollen wahllos auf Passanten eingeprügelt haben. 15 Menschen wurden dabei verletzt. Der Vorfall hatte bundesweit für Aufsehen gesorgt. Den Männern wird unter anderem gefährliche Körperverletzung vorgeworfen.

Polizei und Staatsanwaltschaft gehen nicht davon aus, dass die Tat geplant war. Täter und Opfer kannten sich vorher jeweils nicht, betonten die Ermittler. Ein konkretes Motiv für die Angriffe konnte die Kriminalpolizei nicht herausfinden. Die Staatsanwaltschaft geht von einer Mischung aus Langeweile, Übermut, Alkohol, Drogen und Gruppendynamik aus. Amberg nutzten die Jugendlichen regelmäßig als Treffpunkt.

Was das Urteil nicht zu berücksichtigen scheint, ist das Ausmaß der Gewalt und des Hasses, dass die Bürger in der Tatnacht ausgesetzt war. Hier noch eine Bewährungsstrafe auszusprechen, ist angesichts der Brutalität und der Häufung einfach lächerlich.

Eine Gruppe von mindestens vier Asylanten zieht am Samstagabend alkoholisiert durch Amberg. Dann beginnt etwas, was man sich kaum vorzustellen vermag. Diejenigen, die angeblich vor Verfolgung nach Deutschland geflüchtet sind, die um Asyl gebeten haben, gehen auf Bürger des Landes los, das sie aufgenommen, das ihnen Asyl gewährt hat und sie vollständig alimentiert. Jene schlagen und treten diese zusammen – ohne Grund, ohne Anlass, einfach weil sie Lust dazu haben, weil sie es machen können, weil sie wissen, dass ihnen in Deutschland kein großer Widerstand entgegengebracht und ihnen hier nicht viel passieren wird. 

Das Ganze beginnt im Amberger Bahnhof gegen ca. 18:30 Uhr am Samstagabend, den 29.12.2018. Dort tritt einer der Asylanten einem 13-jährigen Jungen einfach so in den Bauch, ohne jeden Grund. Dann bekommt ein 29-Jähriger Schläge ins Gesicht. Jetzt ziehen die „Geflüchteten“ weiter. Vor dem Bahnhof bezeichnen sie ein Mädchen als „Nutte“ und bedrängen sie. Als zwei ihrer Begleiter dazwischen zu gehen versuchen, bekommen auch sie Schläge ins Gesicht. Einen anderen Mann stoßen sie die Treppe hinunter. Und weiter geht es durchs schöne Amberg.

Die Asylanten treffen nun auf eine Gruppe von Jugendlichen. Einen von diesen beschimpfen sie als „Nigger“ und wieder fangen sie an, sofort zuzuschlagen. Die Angegriffenen renen weg, aber so einfach lassen unsere „Flüchtlinge“ sie nicht davon kommen. Sie rennen ihnen hinterher, hetzen sie durch die Stadt, holen sie schließlich ein und schlagen auf vier von ihnen ein. Personen werden zu Boden geschleudert, geprügelt und getreten. Einen 17-Jährigen schlagen die „Asylbewerber“ zu Boden und verpassen ihm Fußtritte. Er muss später mit Prellungen und einer Gehirnerschütterung ins Krankenhaus.

Ein Mann eilt zu Hilfe und versucht, den Jugendlichen zu helfen. Doch auch ihn verprügeln die Asylanten. Und wieder geht es weiter. In der Oberen Nabburger Straße attackierten sie nochmals zwei weitere Passanten, verletzten auch diese. Insgesamt werden zwölf Personen von unseren „Schutzsuchenden“ verletzt. Dann rückt endlich die Polizei mit drei Streifenbesatzungen an. Diese können vier Personen festnehmen: zwei Afghanen, ein Syrer und ein Iraner (vier durch und durch muslimische Länder), angeblich 17 bis 19 Jahre alt. Einer der vier wehrt sich, will sich nicht verhaften lassen, bezeichnet eine Beamtin als „Fotze“.

Anschließend schickt der Ermittlungsrichter die vier gefassten Flüchtlinge in U-Haft. Sie werden in unterschiedliche Justizvollzugsanstalten eingeliefert. Soweit der Sachverhalt.

Mit einem inzwischen geflügelten Wort: In Amberg fand am Samstag eine Hetzjagd statt. Eine rassistisch motivierte Hetzjagd auf Fremde, auf Andersartige – auf Einheimische. Ob wir von Frau Merkel oder Herrn Seibert ein mahnendes Wort an die Adresse der Täter und ihrer Sympathisanten zu hören bekommen werden? Wohl eher nicht, denn, wie Ambergs Oberbürgermeister Michael Cerny (CSU) so prompt wie wohldressiert Stöckchen holte, der Fall „darf natürlich nicht verallgemeinert werden“.

Sensible Gemüter können sich zur Neujahrsansprache der Kanzlerin ins Abklingbecken legen: „Angela Merkel ruft die Deutschen zu Toleranz auf.“ Die Amberger sollten sich das zu Herzen nehmen, zumal bei ihnen, anders als in Chemnitz, nicht mal jemand zu Tode gekommen ist.

Man kennt solche Fälle zur Genüge, unsere Schutzbefohlenen haben hinreichend viele Eingeborene in die Notaufnahmen geprügelt und auf Friedhöfe gemessert, Heime zerlegt, Helfer und Polizeibeamte angegriffen, doch dieser Fall hat etwas Exemplarisches. Man muss sich nur ausmalen, was geschähe, wenn vier deutsche Teenager eine ähnliche Kirmes in einer türkischen, ägyptischen, marokkanischen, somalischen Kleinstadt veranstalteten. Sie würden es natürlich nicht wagen, weil sie sich die Folgen ausrechnen könnten. Aber dieses Quartett hat es gewagt – weil es gar kein Wagnis war. 

Die hinter einem solchen Exzess stehende Mentalität ist das eine, die Folgenlosigkeit das andere. In ihren Herkunftsländern unterliegen diese Buben einem doppelten Sanktionsdruck, horizontal und vertikal; den ersten üben die Familien der anderen aus, die Väter, Onkel und Brüder, den zweiten die Polizei, die dortzulande bekanntlich nicht zimperlich ist. Übertrittst du eine Norm, musst du mit Rache und/oder rustikaler Bestrafung leben. Nun sind sie auf einmal in einem Land, das aus ihrer Perspektive dem sagenhaften Lilliput ähneln muss; der horizontale Druck existiert dort nicht, der vertikale ist erschütternd sanft. Sie können machen, was sie wollen, am Ende finden sich sogar noch ein paar Grüne, Linke, Anwälte und perverse Frauen, die sie in Schutz nehmen.

Aus dieser Tat spricht vor allen Dingen eines: Verachtung, abgrundtiefe Verachtung

Ein Motiv für den Exzess sei nicht bekannt, sagte der Polizeisprecher noch. Das ist nicht wahr, das Motiv liegt offen zu Tage. Es heißt Verachtung. Wir verachten euch Deutsche, obwohl – oder weil – ihr uns aufnehmt und alimentiert, wir verachten eure historischen Städtchen und eure Traditionen, wir verachten eure Art zu leben, wir verachten eure lächerliche Friedfertigkeit, eure Teddybären, euer Willkommensgetue und Toleranzgedöns, wir verachten eure hypertrophe Fernstenliebe mangels Nächster, wir verachten eure Weibmänner, wir verachten eine Stadt, die 20.000 männliche Einwohner hat, aber ohne nach der Polizei zu rufen nicht mit vier Teenagern fertig wird, die auf offener Straße wahllos Leute niederschlagen und ihnen auf die Köpfe treten können, wir verachten eure Politiker und Medien, die sofort loströten, man dürfe solche täglichen Einzelfälle nicht verallgemeinern (und die im Falle, ein paar Amberger Burschen hätten sich gewehrt, mit Sicherheit „Hetzjagden auf Ausländer“ beplärrt hätten), wir verachten eure Justiz, die uns doch nichts tun wird, wir verachten euer ganzes überaltertes, wehleidiges, sturmreifes Land.

Und die Schlepperin dieser Halunken, die Person, die diesem Land alles eingebrockt hat, woran es derzeit würgt und in den nächsten Jahren vielleicht ersticken wird, die „Hetzjagden“-auf-Ausländer-Herbeilügnerin, ruft die Deutschen zu Toleranz auf. Prosit Neujahr!



Montag, 22. April 2019

Jetzt geht es an den Spargel...

von Thomas Heck...

Was wie ein verspäteter Aprilscherz daherkommt, scheint durchaus ernst gemeint zu sein. Den Spargel als das Gemüse des alten weißen Mannes anzugehen. Den menschenverachtenden Spargel. Vermutlich hat der Spiegel geschnallt, dass er mit erstunkenen und erlogenen Reportagen im Stile eines Relotius keine Punkte mehr machen kann. Dann tut es dann auch die Kolumne eines linken Schmierfinks, der uns Deutschen erklären will, was wir zu essen haben und was nicht. Danke für nichts, Spiegel.


Margarete Stokowski, die den linken Durchfall hier verfasst hat, ist auch aus der "Migranten erklären Deutschen wie sie sich zu verhalten haben Tschäbli-#NichtvonhierGemeinde". Dummchen erklärt den Deutschen heute, welchen Spargel sie gefälligst zu fressen haben. Selbstverständlich darf das übliche Linksradikale "Ey, ihr einfältigen Deutschen, lasst Euch endlich von unserer linksradikalen Sekte zusammenscheissen, wie Ihr Euch gefälligst in Eurem Land zu benehmen habt" nicht fehlen. Hier eine Kostprobe der linken Blitzbirne: "Während Windkraftwerke als Verschandelung der Natur gelten, hat der gemeine Deutsche kein Problem damit, dass Spargel oft in Monokulturen unter Plastikfolie angebaut wird, die mindestens genau so hässlich aussehen." Verschwinde doch einfach nach 80% Kohlekraftwerk-Polen Stokowski oder kann man da mit linksradikalen Schwachsinn keine Kohle machen?

Plädoyer Der Spargelkult muss enden 

Es ist das privilegierteste Gemüse Deutschlands, der alte weiße Mann der Kulinarik, Dickpic-Ersatz im Netz - auch Markus Söder hat was dazu zu sagen. Ach ja, die Ernte ist übrigens auch menschenverachtend. Eine Abrechnung.

Es tut den Menschen nicht gut, wenn sie Götter erfinden, hat mein Kollege Christian Stöcker gestern geschrieben, und er hat zwar Recht, dabei aber den deutschesten aller Götter ausgelassen: den weißen Spargel. Der Spargelkult ist als parareligiöse Praxis aus Deutschland nicht wegzudenken. Wenn über die Einrichtung neuer Feiertage diskutiert wird, ist immer wieder von Minderheiten und historischen Ereignissen die Rede, aber vermutlich würde keine Kampagne mehr Zustimmung erlangen als eine, die sich für die Huldigung des weißen Spargels ausspricht.

Natürlich schmeckt Spargel sehr gut. So viel vorneweg. Spargel ist lecker und gesund, er entwässert und entgiftet, aber er vergiftet auch. Die sechste Jahreszeit, die sogenannte Spargelsaison, ist eine Zeit, in der der Spargel nicht nur verehrt und verzehrt wird, sondern schlicht allgegenwärtig ist. Jede Pizzeria, möge sie noch so orthodox ausgerichtet sein und einen eigenen Kerker haben für Menschen, die nach Ananas fragen, stellt ein Schild raus mit der Ankündigung, dass es hier jetzt auch Spargelpizza gibt, natürlich, denn der Spargel ist das privilegierteste Gemüse Deutschlands. Er darf überall rein und überall ran, es gibt Spargel vom Grill, Spargel aus dem Ofen und aus dem Wok, Spargel an Nudeln, in Risotto, im Salat, Spargel auch einfach mal pur, Spargelreste als Suppe, Spargeleis.

Spargel ist natürlich ein Superfood, aber auch der Loriot unter den Gemüsen. Er ist okay, aber komplett überbewertet, der alte weiße Mann der Kulinarik. Spargel nicht zu mögen ist auf jeden Fall schlimmer als zum Beispiel den Text der Nationalhymne nicht zu kennen. So wie man auf polnischen Hochzeiten mit einem Liter Wodka pro Person rechnet, rechnet man in Deutschland zur Spargelzeit ungefähr ein Kilo Spargel pro Kopf am Tag, gern in den Sorten "Hannibal" oder "Rambo". Im Internet ist das Spargelposting das Dickpic der Saison. Im Grunde will niemand wirklich ungefragt den Spargel anderer Leute sehen ("schön einfach mit Butter"), aber gefragt wird nicht. Wer angespargelt hat, berichtet davon - ein Sakrament, in dem die Beziehung des Deutschen zum Spargel bekräftigt wird. Seht her, auch ich bin einer von euch, ein einfacher Diener der blassen Stange.

Strotzen, geschwellt sein, übermütig sein 

Der weiße Spargel, der eigentlich und nicht ohne Grund Gemeiner Spargel heißt, trägt im Namen das Griechische "spargáein": strotzen, geschwellt sein, übermütig sein, und das wird dann auch so gemacht. Der Spargel hat in diesem Sinne eine integrierende Funktion, unter den Gemüsen aber eine spaltende.

Denn der Ruhm des Spargels basiert auf Mythen und Widersprüchen. Angeblich ist weißer Spargel der "edlere", hauptsächlich aber der teurere Spargel. Menschen, die sich am Hype des Spargels beteiligen, betonen gerne, dass es so schön sei, was Saisonales zu essen ("Schön ist, dass es Spargel nicht das ganze Jahr gibt", Markus Söder), dabei wird die Spargelfeier bei vielen schon begonnen, wenn der Spargel im Supermarkt noch aus Peru kommt, aber da drückt man gern ein Auge zu.

Wer weißen Spargel kauft, zahlt, oft ohne es zu wissen, nicht allein für den Geschmack, sondern auch für die Farbe. Der Anbau von weißem Spargel ist unter anderem deswegen so aufwendig, weil die Erde um den Spargel immer wieder angehäufelt wird und die Ernte extrem pünktlich und unverschämt früh am Tag geschehen muss. Das lieben Deutsche, aber gerade nur so sehr, dass sie diese Arbeit dann doch lieber nicht selber machen, sondern traditionell gern von Polinnnen und Rumänen erledigen lassen. Seit diese nicht mehr so zahlreich kommen, gehen Deutschland die Erntehelfer*innen aus. "Deutsche wollen diese Arbeit auf jeden Fall nicht machen", klagte ein Spargelbauer 2018 auf SPIEGEL ONLINE, und überlegte, seinen Arbeiter*innen kostenloses W-Lan anzubieten.

Grüner Spargel ist an Ruhm weit unterlegen

Aber zurück zum Spargel und den Kosten des Kults. Wenn die Spitze des Spargels es ans Licht geschafft hat, verfärbt sie sich blau-lila und schmeckt dann zwar nicht schlechter, gilt aber sofort als Wertverlust. Grüner Spargel hat das Problem nicht, weil er über der Erde wächst, außerdem ist er gesünder und muss nicht geschält werden, aber er ist dem bleichen Kollegen an Ruhm weit unterlegen. 

Während Windkraftwerke als Verschandelung der Natur gelten, hat der gemeine Deutsche kein Problem damit, dass Spargel oft in Monokulturen unter Plastikfolie angebaut wird, die mindestens genau so hässlich aussehen. 

Eigentlich gäbe es dabei zwar noch kein Problem damit, ein saisonales Gemüse so zu verehren wie den weißen Spargel, es gibt aber keine guten Gründe dafür, dass mit anderen Gemüsen nicht ebenso verfahren wird. Andere Gemüse- und Obstsorten, die in Deutschland auch nur kurze Zeit frisch verfügbar sind, aber bei Weitem weniger vergöttert werden, sind unter anderem Erdbeeren, Rhabarber, Spinat, Himbeeren, Kirschen, Zucchini, Bohnen, Erbsen, Brombeeren, Bärlauch, Gurken, Sellerie, Portulak, Zuckermais, die meisten Blattsalate und Tomaten. 

Gerade bei Erdbeeren und Tomaten gäbe es reichlich Potenzial. Pascale Mueller und Stefania Prandi haben in einer aufwendigen Recherche für "Buzzfeed" und "Correctiv" mit Erntehelferinnen in Spanien, Marokko und Italien gesprochen: Die Frauen pflücken unter menschenverachtenden Bedingungen Erdbeeren und Tomaten, die in Deutschland teilweise als "sicher und nachhaltig" zertifiziert verkauft werden. Bei ihrer Arbeit werden sie regelmäßig von ihren Vorgesetzten gedemütigt und oft vergewaltigt.

Das interessiert deutsche Konsument*innen aber nicht so sehr wie die Frage, was es denn jetzt eigentlich mit dem Phänomen Spargel-Pipi auf sich hat. Keine Redaktion lässt sich lumpen, wenn es darum geht, das Volk über die Nebeneffekte seiner kultischen Umtriebe zu informieren. Super Tischgespräch auch. Und vielleicht ist das einer der Gründe, warum Spargel es zu so übermäßigem Gottheitsstatus gebracht hat: endlich mal schön über Ausscheidungen reden. Danke für nichts, Spargel.




Samstag, 20. April 2019

Bei Ostermärschen ging es noch nie um Frieden...

von Thomas Heck...

Bei Ostermärschen ging es nie um Frieden, es ging um die Entwaffnung des Westens. Daran hat sich seit den ersten Ostermärschen nicht viel geändert. So wurde damals nicht gegen die Besetzung Afghanistan durch die Russen oder gegen arabischen Terror demonstriert, sondern ausschließlich gegen die Nato, gegen die Bundeswehr, gegen die USA und auch gegen Israel.

Heute findet sich ebenfalls kein Protest gegen den IS, gegen Boko Haram, gegen die Besetzung der Krim durch Russland, gegen arabischen Terror, der sich gegen Israelis richtet. Heute wird ebenfalls gegen den alten Feind demonstriert: Bundeswehr, USA, Nato, Israel. Da treffen sich die linken und grünen Demokratiefeinde, Antisemiten und Israelhasser in trauter Gemeinsamkeit. 1000 Teilnehmer in Berlin sind eine Nullnummer, ein Witz.


Erweitert wird das feindliche Spektrum um die neu erschaffte Art, die unter "alte weiße Männer" zusammengefasst wird. Damit sind AfD und ihre Wähler gemeint. Und auch die Bürger, die sich nicht einfach so abstechen oder vergewaltigen lassen wollen, die dem Flüchtlingskurs immer noch kritisch gegenüberstehen, fallen darunter. Dann noch Islamkritiker, Trump-Anhänger, Klimaleugner. Oder einfach der Andersdenkende... Frohe Ostern.



Freitag, 19. April 2019

Sawsan Chebli twittert...

von Thomas Heck...

Warum diese Frau überhaupt für den rot-rot-grünversifften Senat arbeitet, kann nur mit den grundsätzlich antisemitischen Ausrichtung von Linkspartei und SPD und Teilen der Grünen begründet werden. Unter normalen Umständen wäre Klein-Chebli wohl ganz schnell in der Versenkung verschwunden. Nur die Berliner Republik konnte sie in diesen Posten einer Staatssekretärin hieven, nur die Berliner Republik toleriert ihre Twitter-Ergüsse.


So erklärte sie uns umlängst, wie der Ausruf Allahu Ackbar wirklich zu verstehen sei. Wir haben das nur immer falsch verstanden. Ich persönlich würde mich beim Hören dieser Zeilen wohl eher in Deckung begeben und in Deckung bleiben, sprengen sich doch islamische Selbstmordattentäter unter diesen Rufen selbst in die Luft. Für Sawsan Chebli nur eine Gefühlsregung.

Islamismus und Sexismus in einem Tweet, das muss man erstmal hinbekommen. Für Chcbli eine der leichtesten Übungen. Das war sie früher schon etwas empfindlicher. Da wurde aber auch nicht die Gefühlsregung Allahu Ackbar genannt. Statt unter Schock wäre wohl eher ein feuchtes Schlüpfer die Folge gewesen... Mensch Mädel, werde endlich mal erwachsen...





Dienstag, 16. April 2019

Notre Dame: Es war doch Brandstiftung...

von Thomas Heck...

Überwachungskameras haben den mutmaßlichen Täter der Brandstiftung von Notre Dame ausfindig gemacht. Die französische Polizei fragt: Wer kenn diese Person? Die Polizei vermutet einen verwirrten Fridays for Future Klima-Demonstranten. 




Die Solidarität der Muslime wegen Notre Dame...

von Thomas Heck...

Die Bilder der brennenden Notre Dame haben bei mir böse Erinnerungen geweckt. Sind doch die Bilder ähnlich der brennenden Twin-Towers ein Fanal, ein Symbol. Und sicher kein Zufall.



Gut, dass Frankreich sich in diesen schwierigen Zeiten der uneingeschränkten Solidarität seine Muslime sicher sein kann, die um die Bedeutung von Notre Dame wissen. Die Anteilnahme und die Verbreitung in die Sozialen Medien zeigt uns, wir sind (fast) alle Notre Dame...













Aber so sind sie, unsere muslimischen Freunde. Entweder Sie verüben den Anschlag selbst oder feixen sich einen von der Palme. Ich jedenfalls versuche mir gerade die Aufregung in der islamischen Welt vorzustellen, wenn ähnliche Reaktionen von Christen nach einem Brand in einer großen Moschee erfolgen würden. Mohammett-Karikaturen zum Beispiel hatten weltweit so Protesten und Anschlägen geführt. An der Solidarität wird da noch gearbeitet werden müssen...

Untauglich auch der Versuch von Tagesschau und Bento, die uns unwissenden Kuffarn verklickern wollen, dass der Ausruf "Allah Ackbar" kein Ausruf der Freude, sondern ein Ausruf der Trauer ist.

Es ist schon so. Notre Dame de Paris lässt uns kritisch auf den Gang der Dinge schauen. Müssen wir vielleicht von einer unglücklichen Anhäufung von Kurzschlüssen ausgehen, als im November 38 überall in Deutschland Gotteshäuser brannten?





Samstag, 13. April 2019

SPD: Was erlauben sich die Juden?

von Thomas Heck...

Die SPD macht aus ihrer Abneigung zum jüdischen Staat keinen Hehl mehr. Die Partei, die in der Fatah einen strategischen Partner sieht, kann sich nicht mit dem Wahlverhalten der Israelis abfinden. Was erlauben sich die Juden? Einfach in demokratischer Wahl zu entscheiden.

Der SPD-Außenexperte Mützenich befürchtet nach den Wahlen in Israel Rückschritte für den Nahost-Friedensprozess. Von November 2005 bis November 2009 war Islamversteher und Iranliebhaber Mützenich Vorsitzender der Deutsch-Iranischen Parlamentariergruppe und Sprecher des SPD-Fraktionsgesprächskreises „Naher und Mittlerer Osten“. Dies erklärt zumindest die seine SPD-typische Feindschaft zum jüdischen Staat und reiht sich in langer Tradition seit Willy Brandt in die lange Liste überzeugter Israelhasser von Gabriel, Steinmeier bis Nahles und Schulze. Wer diese Partei wählt, darf sich nicht ein Freund Israels nennen.



Der Rechtsruck in Israel müsse einem Sorgen machen, sagte Mützenich im Deutschlandfunk. Für die Bundesregierung seien schwerwiegende Entscheidungen zu erwarten, etwa durch die in seinen Augen dramatische Ankündigung des israelischen Ministerpräsidenten Netanjahu, Teile des Westjordanlands annektieren zu wollen. Wenn es im UNO-Sicherheitsrat zu Kritik an Israel komme, müsse Deutschland in dem Gremium als starke Stimme des Völkerrechts auftreten, verlangte der SPD-Politiker. Anmerkungen zum Raketenbeschuss auf israelische Zivilisten? Fehlanzeige.

Der israelische Präsident Rivlin will ab Montag Spitzenvertreter aller in die Knesset gewählten Parteien empfangen, um anschließend den Auftrag für eine Regierungsbildung zu erteilen. Aus der Parlamentswahl am Dienstag war die Likud-Partei von Ministerpräsident Netanjahu als stärkste Kraft hervorgegangen.



Freitag, 12. April 2019

Kleines Volk, große Träume... der Neid auf Israel...

von Thomas Heck...

Die technische und wissenschaftliche Anerkennung ist Israel in Fachkreisen für das jüngste Raumfahrtprojekt trotzs des Scheiterns in der Schlussphase gewiß. In arabischen Ländern, wie denen im Nahen Osten, der Palästinensischen Autonomiebehörde und Deutschland, ist ob des Scheiterns die Häme groß. Noch deutlicher hätte man den technologischen Vorsprung Israels wahrlich nicht ausdrücken können. Eine Landung wäre eine weitere Nakba, eine weitere Katastrophe gewesen.


Das Scheitern der Landung löst in den Sozialen Medien auf der Seite des Tagesschau eine gewisse Häme aus, es tobt sich aktuell der antisemitische und arabische Pöbel ungeahndet aus. Israel ist wohl das einzige Land, wo das Social-Media-Team bei einer Raumfahrtmission auf die Nettiquette hinweisen muss. Da wurde dann schnell von "Besetzung des Mondes" gefaselt. Eine Userin schrieb: "Die können keinen Frieden und können auch nicht auf den Mond landen. Erleichterung auch bei Dauer-Twitterin Sasan Chebli. Man mag sich gar nicht ausmalen, was sie getwittert hätte, wäre die Landung geglückt. Der Neid trieft der Sawsan nämlich aus allen Poren...



Nach acht Jahren Tüftelei und acht Wochen im All schien der große Augenblick gekommen. Doch Israel ist bei seinem Versuch einer Mondlandung gescheitert. Dennoch werten viele selbst diesen Fehlschlag als enorme Leistung und als Fortschritt für die Raumfahrt.

Alles schien glatt zu gehen. Ein begeistertes Klatschen ging durch die Menge geladener Gäste im Auditorium neben dem Kontrollraum in der Stadt Yahud unweit von Tel Aviv. Israels erste Raumsonde „Beresheet“ (Genesis) hatte ein Selfie-Bild vom beginnenden Landungsmanöver auf dem Mond zur Erde gesendet: „Kleines Volk, große Träume“, war da auf einer israelischen Flagge zu sehen, die jetzt nur noch 15 Kilometer von der Mondoberfläche entfernt war und sich dem Himmelskörper mit einer Geschwindigkeit von knapp 1600 Metern pro Sekunde näherte.

Nach acht Jahren Tüftelei und acht Wochen im All, in denen „Beresheet“ rund 6,5 Millionen Kilometer hinter sich gebracht hatte, schien der große Augenblick gekommen: Das kleine Israel würde nach Russland, den USA und China zur vierten Nation werden, die auf dem Mond landet. Im ganzen Land saßen Menschen gebannt vor ihren Fernsehern oder hielten in Livescreenings in Kneipen, Hotels und in der Residenz des Staatspräsidenten gespannt den Atem an.

In einem Land, in dem Debatten zum Alltag gehören und dessen Gesellschaft sich gerade erst von einem polarisierendem Wahlkampf erholt, diente das einzigartige Weltraumprojekt als Symbol nationalen Stolzes und grenzüberschreitender Einigkeit. Es begann als Idee dreier junger Israelis, die am Google-LunarX-Challenge teilnehmen wollten. Der Wettbewerb versprach jeder Nichtregierungsorganisation, die als erste mit einem Raumfahrzeug auf dem Mond landet und dort 500 Meter zurücklegt, einen Preis von 20 Millionen US-Dollar. Der Wettbewerb endete 2018 ohne Sieger.

Doch das israelische Team setzte seine Anstrengungen fort. Mithilfe privater Spenden und des israelischen Ministeriums für Wissenschaft, Technologie und Weltraum gelang es SpaceIL, eine Raumsonde zu bauen und sie zum Mond zu schicken. Damit brachen die israelischen Ingenieure mehrere Rekorde und könnten zugleich ein neues Raumfahrtzeitalter eingeläutet haben.

Bislang waren Mondmissionen Staatsangelegenheiten. Niemand anders verfügte über die enormen Ressourcen, die notwendig waren, um eine Raumsonde zum nächsten Nachbarn der Erde zu schicken. Mondmissionen verschlangen bislang weit mehr als eine Milliarde US-Dollar. Den Israelis gelang das nun mit weitaus bescheideneren Mitteln: Ihr Projekt kostete nur rund 100 Millionen US-Dollar. Das könnte es für große Konzerne oder Forschungseinrichtungen in Zukunft erschwinglich machen, sich an privaten Mondmissionen zu beteiligen. Die würden Platz auf ihren Raumsonden an Interessenten verkaufen, entweder um dort wissenschaftliche Instrumente oder Kommunikationstechnologie unterzubringen. Unternehmen könnten auf dem Mond seltene Legierungen herstellen, Experimente betreiben oder Raketen für andere Weltraummissionen betanken.

Möglich wird dies durch die äußerst sparsame Bauweise der Israelis. Die rund anderthalb Meter hohe und zwei Meter breite „Beresheet“ wog nur rund 600 Kilogramm, sehr wenig im Vergleich zu anderen Raumgefährten. Sie sollte auf dem Mond nur zwei Tage lang funktionieren, und dort Messungen des Magnetfeldes vornehmen. Um Gewicht und Kosten zu sparen, bauten die Israelis keine Reservesysteme ein. Doch das könnte ihnen diesmal zum Verhängnis geworden sein.

„IMU2 ist nicht okay“

Denn kurz vor der Landung ging plötzlich alles schief. „IMU2 ist nicht okay“, meldete ein Ingenieur um 22.20 Uhr. „Das ist ein Sensor, der uns sagt, in welcher Position sich die Raumsonde befindet“, erklärte einer der Leiter des israelischen Raumfahrtzentrums.

Kurz darauf brach der Kontakt zu „Beresheet“ ab. Kaum 90 Sekunden später kam die nächste Schreckensmeldung aus dem Kontrollraum. Jäh erstarrte das Lächeln auf dem Gesicht Dutzender Ingenieure vor den Bildschirmen: „Wir haben ein Problem mit dem Hauptantrieb.“ 

Ohne diesen würde aus der Landung ein Fiasko werden. 30 Sekunden später keimte noch einmal kurz Hoffnung auf: „Wir setzen das System zurück. Hauptantrieb funktioniert wieder, aber wir haben viel Höhe verloren. Unsere Situation ist unklar.“ Ein Raunen ging durchs Publikum, ein paar Hoffnungsvolle begannen zu klatschen. Doch der Raumfahrtingenieur im Kontrollraum würgte den Applaus ab: „Ich fürchte, wir sind nicht so gelandet, wie wir wollten. Wir haben den Kontakt zu ‚Beresheet‘ endgültig verloren.“

„Wir haben sehr viel getan, auf das wir stolz sein können“

Nun war klar: „Beresheet“ war auf dem Mond zerschellt. So richtig traurig war dennoch niemand. „Es ist eine bittersüße Enttäuschung“, sagte Kfir Damari, einer der Gründer des SpaceIL Projekts. „Wir haben unglaublich viel erreicht.“ Schließlich sei man auf dem Mond gelandet, nur halt nicht so wie gewünscht.

Morris Kahn, der 89 Jahre alte Multimilliardär, der das Projekt mit 40 Millionen US-Dollar unterstützt hat, ließ sich keine Enttäuschung anmerken: „Es tut mir keinen Augenblick leid, dass ich hier mitgemacht habe. Wir haben sehr viel getan, auf das wir stolz sein können.“

Damit könnte er den „Apollo-Effekt“ gemeint haben: Genau wie Zehntausende amerikanische Jugendliche nach der Landung der Apollo 11 von Wissenschaft und Raumtechnik begeistert waren, Ingenieure wurden und den technologischen Vorsprung der USA sicherten, hat auch „Beresheet“ in Israel Tausende Kinder und Jugendliche begeistert. Daran dürfte selbst die Bruchlandung nicht viel ändern.

Immerhin ist das kleine Israel jetzt die siebte Nation auf der Welt, die den Mond umkreiste, und nach Russland, den USA und China das vierte Land, das Schrott auf dem Himmelskörper hinterließ. Nur wenige Minuten nachdem die Ingenieure den Kontrollraum geräumt hatten, begann man in Tel Aviv zu feiern. Und im Vorort Yahud verkündete man, dass jemand bereits eine Million US-Dollar für die nächste Raumsonde gespendet habe. Genesis sei schließlich nur das erste von fünf Büchern Mose. „Genesis II“ soll schon in wenigen Jahren auf dem Mond aufsetzen, nur halt ein wenig sanfter.




Donnerstag, 11. April 2019

Frankfurter Rundschau auf Stürmer-Niveau... schon wieder...

von Thomas Heck...

Die Wiederwahl Benjamin Netanjahus lässt die linke Presse vor Wut aufschäumen. Dann lassen dann schon mal bestimmte Kandidaten die Masken fallen und titeln schon mal in Stürmer-Manier "Der ewige Netanjahu", in Anspielung auf "Der ewige Jude", dem antisemitischen Film aus der NS-Zeit. 


Nach massiven Vorwürfen durch Leser wurde der Titel zumindest auf Facebook im Laufe des Tages korrigiert. Aber es beweist, dass die Frankfurter Rundschau ein linkes, SPD-nahes und antisemitisches Drecksblatt ist.






Abtreibung doch zu verurteilen... aber nur bei Trisomie 21...

von Thomas Heck...

Was für eine Heuchlerei. Während Linke und Grüne seit jeher Befürworter der Abtreibung waren und sind (und die Jusos sogar die Abtreibung bis zum letzten Schwangerschaftstag legalisieren wollen), dreht sich die Stimmung plötzlich, wenn es um pränatale Diagnostik geht. Denn es wird befürchtet, dass in Folge vermehrt Kinder abgetrieben werden, die Trisomie 21 haben. Nach dieser Logik dürften nur Kinder ohne Trisomie 21 abgetrieben werden. 


Ein Kind zu bekommen, mit dieser These hat kürzlich eine Lehrerin eine Debatte ausgelöst, ist in gewisser Weise egoistisch. Der Mensch will sich fortpflanzen und seine Gene weitergeben. Vielleicht will er im Alter nicht allein sein. Die Gesamtbevölkerung auf der Erde ist hoch und die Ressourcen werden knapper. Statt zu adoptieren wollen viele Eltern aber lieber ein "eigenes" Kind.

Wissen zu wollen, ob ein Kind krank oder gesund ist, ob es eine Behinderung hat oder nicht, ist in gewissem Maße auch egoistisch: Werdende Eltern wollen wissen, worauf sie sich in den nächsten Jahren einstellen müssen, wie viel Zeit sie investieren müssen in ihr Kind, möglicherweise auch wie viel Geld. Es geht auch um die Stabilität einer Beziehung und Emanzipation: Für viele Frauen ist es immer noch schwierig, Kinder überhaupt mit dem Beruf zu vereinbaren.

Eltern wollen sich dann, gegebenenfalls, dafür oder dagegen entscheiden, ein Kind zu bekommen, das vermutlich lange Zeit in hohem Maße auf sie angewiesen sein wird. 

Das ist ihr gutes Recht, denn die Wissenschaft macht es möglich. Seit den 1970er Jahren kann eine Frau bei einer Fruchtwasseruntersuchung feststellen lassen, ob ihr Kind einen Gendefekt hat. Bei dieser Untersuchung steigt das Risiko einer Fehlgeburt. Ihre Kosten werden von der Krankenkasse übernommen, wenn die Frau die Kriterien einer Risikoschwangerschaft erfüllt, also etwa Vorerkrankungen bestehen oder sie über 35 ist.

Bluttest zahlen oder nicht - die Frage ist medizinisch

Seit 2012 kann eine Frau dasselbe in einem Bluttest nachweisen lassen. Dieser Test ist minimalinvasiv und als Untersuchung damit sicherer. Doch er wird nur in seltenen Fällen von der Krankenkasse bezahlt. 

Die Frage ist somit in erster Linie eine medizinische und als diese einfach zu beantworten: Wenn ein invasiver Test bezahlt wird, der das Risiko einer Fehlgeburt erhöht, muss auch ein Test bezahlt werden, der weniger Risiken birgt. Der neueste medizinische Stand sollte für alle Menschen gleichermaßen zugänglich sein. Verbieten lässt er sich ohnehin nicht mehr.

Stattdessen wird die Debatte im Bundestag aber grundsätzlich und sehr emotional über etwas ganz anderes geführt. Nämlich darüber, ob das Testen auf Trisomie eine Form der Selektion ist, die der Uno-Behindertenrechtskonvention widerspricht.

Es wird argumentiert, dass ein Großteil der Trisomie-Kinder abgetrieben werde. (Tatsächlich sind diese Zahlen übrigens nicht belastbar und variieren zwischen 65 und 90 Prozent.) Es wird suggeriert, dass Menschen mit Downsyndrom dadurch das Gefühl bekämen, die Gesellschaft würde sie nicht aufnehmen wollen.

Es wird immer ein "Recht auf Nichtwissen" geben

Doch weder führt das Wissen über etwas automatisch zu einer Entscheidung dagegen. Noch macht die Kassenübernahme des Tests ihn verpflichtend für jede Frau. Es wird immer ein "Recht auf Nichtwissen" geben.

Von manchen Seiten heißt es: Der Bluttest übe Druck auf die Frauen aus, sie müssten sich gegen ein Kind mit Downsyndrom entscheiden, weil es nicht in der Gesellschaft willkommen sei. Weil jeder ein "perfektes" Kind haben möchte und ein Kind mit Gendefekt ein "Leid" bedeute. Einen ähnlichen Druck empfinden viele Schwangere sicherlich auch, wenn sie sich gegen ein Wunschkind entscheiden, weil es Trisomie hat und sie sich der Aufgabe nicht gewachsen sehen. 

Doch es ist ihre Entscheidung. Um ihnen dabei zu helfen, gibt es ein Beratungsangebot, das sie wahrnehmen können - und müssen -, wenn sie abtreiben wollen.

Aktivistin mit Downsyndrom: "Habt ihr Angst vor uns?"
"Habt ihr Angst vor uns?", diese Frage von Nathalie Dedreux, einer Aktivistin mit Downsyndrom, wurde im Bundestag von der Grünen Corinna Rüffer zitiert. Es ist eine wichtige Frage, die eine offene, humane Gesellschaft mit "Nein" beantworten - und deren Konsequenzen sie debattieren muss. Doch Wissen ist nicht diskriminierend.

Da kann man als Kind abtreibungsbereiter Eltern nur hoffen, Trisomie 21 zu haben, um dem Mord durch Abtreibung zu entgehen... denn Grüne treiben alles ab, was nicht bei drei auf den Bäumen ist. Außer Trisomie-Träger...