von Mirjam Lübke...
Kann sich noch jemand an den letzten Winter der Merkel-Ära erinnern? Als die Debatte um Lüftungspausen in den Schulen losging? Die Ex-Kanzlerin riet dazu, die Kinder Kniebeugen machen zu lassen, wenn ihnen im Klassenraum kalt sei. Offenbar hoffte man, die dunkle Bedrohung durch das Corona-Virus damit austreiben zu können, die Schüler einer potentiellen Erkältung auszusetzen. Das hätte sich mein Sportlehrer in der Mittelstufe nicht besser ausdenken können: "Was nicht tötet, härtet ab!" High-Tech made in Germany: Kniebeugen statt Lüftungsgeräte.
Und jetzt diese Schreckensmeldung: Die Deutschen verbrauchen noch immer zu viel Gas - vor allem die Haushalte und kleine Gewerbekunden. Robert Habeck kommt wahrscheinlich vor lauter Angst nicht mehr in den Schlaf. Zunächst stellte man fest, dass die deutschen Gasspeicher zwar fast voll sind, aber niemand so recht weiß, wem das kostbare Gut darin überhaupt gehört. Es ist vielleicht längst an eine Glasfabrik in Polen oder Österreich verkauft und wird nie dazu beitragen, eine Wohnung in Oer-Erckenschwick zu erwärmen. Der nächste Schock für Habeck: Gas gibt es nicht beim Discounter. Das ist richtig teuer, gar unanständig kostspielig. Da schrumpft der "Doppelwumms" des Kanzlers sehr schnell zum Knallfrosch. Während Italien längst wieder günstiges Gas aus Russland bezieht, hält Deutschland weiter am heroischen Frieren fest. Über NordStream 2 ginge noch was, aber wie sagt man so schön: Eher friert die Hölle zu, bevor diese Möglichkeit erwogen wird.
Also macht die Bundesregierung das, was die Bundesregierung seit Jahren macht: Sie richtet sich mit Appellen an die Bevölkerung. Bilden sich da etwa geheime Nester des Widerstands bürgerlicher Frostverweigerer? Zeigen die Deutschen, die bisher alles brav mitgemacht haben, was ihnen an staatlichen Maßnahmen auf's Auge gedrückt wurde, plötzlich Anflüge zivilen Widerstands? Was während des Lockdowns die heimliche Skatrunde oder der illegale Kindergeburtstag war, ist nun der Griff zum Thermostat. Da nützt es auch nichts, wenn plötzlich in den Medien Studien aus dem Hut gezaubert werden, warum eine kalte Wohnung gegen alles von Krebs bis Fußpilz hilft. Der Wohnungsbesitzer weiß einfach, dass schimmelnde Wände das weitaus realere Problem darstellen und gewiss nicht gesund sind.
Man darf gespannt sein, wann die ersten Denunzianten die Telefonleitungen der Polizei glühen lassen: "Der Nachbar, der im letzten Jahr ohne Maske zu Mülltonne gelaufen ist, heizt jetzt auch noch - außerdem abonniert er Tichys Einblick, der Nazi!" Denn es gibt immer noch Menschen, die dem Narrativ auf den Leim gehen, die Deutschen seien ein Haufen Verschwender, der vorsätzlich den Planeten zerstört, um seine Bequemlichkeit zu erhalten. Dabei machen sich laut der Umfrage eines Energieanbieters mittlerweile rund 80 Prozent der Deutschen Sorgen, wie sie im nächsten Jahr ihre Nebenkostenabrechnung bezahlen sollen, wenn sie nicht bereits jetzt zur Zahlung höherer Abschläge aufgefordert worden sind. Allerorten findet man Tipps, wie man sich vor unberechtigten Forderungen schützen kann. Selbst Haushalte mit gutem Einkommen sind deshalb beunruhigt.
Wir können auf die Energie- und Handelspolitik der USA schimpfen, Russland oder die Ukraine unterstützen oder uns blind auf europäische Solidarität in der Krise verlassen: So lange, wie die Bundesregierung nicht selbst in ihrem Kurs umschwenkt, wird uns das alles nichts nutzen. Man fragt sich manchmal, was Robert Habeck und Olaf Scholz erwartet haben: Dass die Börsen- und Anbieterpreise so einfrieren wie unsere Wohnungen, wenn ihnen ein "Häppchen" wie der "Doppelwumms" vor die Füße geworfen wird? Schnell zugreifen, bevor das Geld alle ist! Man kann schließlich danach die Bürger zu Schal und Mütze greifen lassen. Wer weiß, vielleicht wird eines Tages in Deutschland wie ihn China bald morgens vor dem Frühstück erst einmal eine Runde geturnt. ZDF-info dreht uns dann den netten Propagandafim dazu.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen