Donnerstag, 23. August 2018

Wenn auch der LKA-Mann mal demonstrieren will...

von Thomas Heck...

Darf der das? Fragt sich die ganze Republik. Darf der LKA-Mann eigentlich bei Pegida demonstrieren? Oder war er gar dienstlich vor Ort? Fragen über Fragen. Doch die wichtigen Fragen stellt wie immer kaum einer. Darf ein öffentlich-rechtliches Kamerateam eigentlich wahllos Demonstranten ablichten? Die Frage ist schon berechtigt. Denn wenn das Kamerateam einzelne Gesichter von Pegida-Demonstranten abschießen wollte, wäre DAS eigentlich der veritable Skandal. Hat der Mann vom LKA vielleicht sogar heldenmütig genau das verhindert?



Wenn der Schwarze Block der Antifa vermummt zur revolutionären 1. Mai-Demo in Berlin aufmarschiert, vermummt er sich wie selbstverständlich, planen sie doch in der Regel Straftaten gegen die Polizei, gegen das Eigentum von anderen. Kleiner Tipp an das Fernsehteam des ZDF: einfach mal am 1. Mai nach Berlin kommen und bereits im Vorfeld die Schmutzlappen unverhüllt filmen, die später schwere und schwerste Straftaten auch gegen das Leben und die Gesundheit von Polizeibeamten begehen werden. Wer mir jetzt mit "das ist aber gegen das Gesetz" kommt, den stelle ich nochmals die Frage: Was wollte das ZDF Kamerateam in Dresden erreichen, als es Portraits der Teilnehmer der Demonstration machen wollte. Die Journaille wittert ihren Skandal:

Die private Teilnahme eines Angestellten des sächsischen Landeskriminalamtes an einer Demonstration der rechtspopulistischen Pegida in Dresden bringt die Landesregierung des CDU-Ministerpräsidenten Michael Kretschmer in Bedrängnis. Der Vorfall hat jetzt schon alle politischen Zutaten, um eine gehörige Staatsaffäre auszulösen.

Der Hintergrund: Am Donnerstag vor einer Woche filmte ein TV-Team des ZDF die Pegida-Proteste rund um den Besuch von Bundeskanzlerin Angela Merkel in Dresden. Ein Mann mit schwarz-rot-goldenem Hut auf dem Kopf legte sich mit einem ZDF-Kameramann an: „Hören Sie auf, mich zu filmen. Sie begehen eine Straftat.“


Dann wurden andere Pegida-Aktivisten aggressiv, schlugen dem Kameramann sein Gerät aus der Hand. Die Szenen wurden in der „Frontal 21“-Sendung in einem Minutenprotokoll gezeigt.

Vor allem das Verhalten der sächsischen Polizei löste anschließend politischen Streit aus. Denn die Beamten kamen den Journalisten nicht etwa zu Hilfe, sondern nahmen die Personalien der TV-Reporter auf – und hielten sie fest. Während Journalistenverbände, Grüne und Linke das Verhalten der Polizeibeamten kritisierten, ging Ministerpräsident Michael Kretschmer via Twitter auf Äquidistanz: „Die einzigen Personen, die in diesem Video seriös auftreten, sind Polizisten.“ 


Das freilich muss sich erst noch herausstellen. Denn am Mittwochabend nahm der Vorfall eine sensationelle Wendung. Das sächsische Innenministerium teilte per Twitter mit, dass es sich bei dem Pegida-Demonstranten, der sich mit den Journalisten des ZDF angelegt hatte, um einen „Tarifangestellten des Landeskriminalamtes“ handelt. Der Mann mit dem Deutschland-Hütchen sei nicht im Dienst, sondern privat unterwegs gewesen und derzeit im Urlaub.

Özdemir fordert Klarstellung von Kretschmer

Dass ein Angestellter einer führenden sächsischen Ordnungsbehörde Journalisten bei einer Demo von Rechtspopulisten aggressiv angeht, wird nun wohl nicht nur die Landespolitik beschäftigen. „Mit den Zweideutigkeiten der sächsischen CDU muss endlich Schluss sein“, reagiert der grüne Bundestagsabgeordnete Cem Özdemir auf die Erklärung des CDU-geführten Innenministeriums.

„Wer für Schutz unseres Grundgesetzes zuständig ist, hat bei Organisationen und Parteien, die gegen unsere Verfassung kämpfen, nichts verloren, auch nicht in der Freizeit“, so Özdemir weiter gegenüber WELT. Der Grüne erwartet nun „endlich Klartext von Ministerpräsident Kretschmer“.

Ob ein LKA-Angestellter, der privat an einer Pegida-Demonstration teilnimmt, gegen Dienstrecht verstößt, könnte bald eine Frage sein, die ein Dresdner Arbeitsgericht zu klären hat. Über Konsequenzen will das Landeskriminalamt entscheiden, „wenn der Vorgang geklärt und der Betroffene zu den Vorkommnissen angehört worden“ sei.

Innenminister Roland Wöller (CDU) betonte in einer ersten Stellungnahme, dass „selbstverständlich“ für jeden Bürger „in unserem Land das Recht auf freie Meinungsäußerung“ gelte. Er erwarte jedoch von allen Bediensteten seines Ressorts, „ein korrektes Auftreten“ – auch dann, wenn sie sich privat in der Öffentlichkeit aufhielten und äußerten.

Tarifvertrag verlangt „politische Treuepflicht“

Der Tarifvertrag des Öffentlichen Dienstes ist da noch präziser. Von Angestellten wird dort eine „politische Treuepflicht“ verlangt. Insbesondere wird erwartet, dass sich ein Beschäftigter „von Gruppen und Bestrebungen distanziert, die diesen Staat, seine verfassungsmäßigen Organe und die geltende Verfassungsordnung aktiv angreifen, bekämpfen und diffamieren“. 

Bundesjustizministerin Katarina Barley hat rasche und lückenlose Aufklärung gefordert. „Die Vorgänge in Sachsen sind wirklich besorgniserregend und müssen dringend und umfassend durch die sächsischen Behörden aufgeklärt werden“, sagte die SPD-Politikerin.

Der Verfassungsschutz beobachtet die Pegida-Bewegung nicht in Gänze, wohl aber einzelne Aktivisten. Während vor zwei Jahren noch bis zu 25.000 Menschen an den Aufmärschen „Patriotischer Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes“ teilnahmen, hat der Zuspruch in letzter Zeit stark abgenommen. Gegen die Kanzlerin demonstrierten in Dresden gerade noch 300 Pegida- und AfD-Sympathisanten.
Darunter, wie man inzwischen weiß, mindestens ein Angestellter des Landeskriminalamtes – einer Behörde, deren Mitarbeiter an herausragender Stelle Gefahren für den Staat abwehren und nach Kriminellen fahnden sollen. Eigentlich jedenfalls.



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