von Dr. Eran Yardeni
Als stolzer junger Soldat der israelischen Armee habe ich relativ sehr schnell begriffen, was ich tun sollte, wenn für irgendwelche Aufgaben Freiwillige gesucht wurden: Ich muss mich unbedingt melden. Nicht aus moralischen Gründen und nicht weil es irgendwo vielleicht in der Heiligen Schrift steht, sondern aus rein praktischen Erwägungen: Denn was freiwillig beginnt, kann schnell zur Pflicht werden, falls keiner sich „freiwillig“ meldet. Meldet man sich aber „freiwillig“, so kann man seine opportunistische Kalkulation hinter dem Deckmantel der Kameradschaft verbergen.
Diese Lektion hat mich stärker geprägt als mein erster Sex, damals in dem Kibbuz als ich 16 war. Und zwar so tief, dass mir ca. 16. Jahre nach dem Ende meiner Wehrpflicht jede Wortkombination, die das Adjektiv „freiwillig“ oder das Nomen „Freiwilligkeit“ enthält, ziemlich verdächtig vorkommt.
Vor diesem Hintergrund sollte man das am 17.5.2013 auf SPIEGEL-ONLINE erschienene Interview mit der SPD-Wahlkämpferin Gesche Joost lesen. Vor allem, was sie zum Thema Frauenquote zu sagen hat.
Auf die Frage, ob sie sich vorstellen kann, Panels und Konferenzen zu meiden, die fast ausschließlich aus Männern bestehen, hat die Wahlkämpferin folgendes geantwortet:
„Sagen wir es mal so: Eine feste Quote von fifty-fifty für jede Gesprächsrunde wäre mir zu radikal. Aber klar ist, dass sich etwas ändern muss. Gerade wurde ich wieder in ein Gremium eingeladen, das fast nur aus Männern bestand. Da habe ich mich dann beschwert und gesagt: Das kann doch nicht euer Ernst sein. Eine Selbstverpflichtung von Redaktionen und Veranstaltern, dass in Talkshows oder Panels stets beide Geschlechter vertreten sein müssen, würde ich sehr begrüßen.“
Selbstverpflichtung ist in der Terminologie der deutschen Frauenpolitik eine Variante der erzwungenen Freiwilligkeit – oder besser gesagt: Ihr Vorläufer. Man kann sich aber sehr gut vorstellen, was passieren wird, wenn diejenigen, von denen es erwartet wird, dass sie sich freiwillig verpflichten, das nicht tun. Sie werden höchstwahrscheinlich gezwungen werden, sich freiwillig zu verpflichten. Und wie macht man das? In diesem Film waren wir schon, man droht mit Gesetzen, die eine feste Quote vorschreiben würden.
All das hat Frau Joost natürlich nicht gesagt und es mag wohl sein, dass es hier nur um eine wilde Assoziationskette geht - aufgrund meiner militärischen Vergangenheit. Aber auch wenn ich die Frage, was die DAX-Konzerne motivierte, sich für den Ausbau des Frauenanteils in Führungspositionen einzusetzen, nicht ganz eindeutig beantworten kann, frage ich mich trotzdem, ob es nicht die legislative Peitsche war, die ihnen als Wegweiser diente. Denn jeder weiß, dass die erzwungene Freiwilligkeit das kleinere Übel ist, weil sie wenigstens mehr Entscheidungsspielraum bietet als ein zementiertes Gesetz.
Aus dem Interview mit Frau Joost geht noch etwas Interessantes hervor. Und zwar, welche verheerenden Auswirkungen und Nebenwirkungen die Idee der Frauenquote auf den gesellschaftlichen Ruf der Frauen schon bewirkt hat. Was hier zwischen den Zeilen steht, kann vielleicht die Problematik der Einführung einer Frauenquote am klarsten zeigen:
SPIEGEL ONLINE: Wenn man über Sie liest, fallen meist die Attribute jung und weiblich. Fühlen Sie sich als Quotenfrau im Kompetenzteam?
Joost: Das war sicher nicht Grund meiner Berufung ins Kompetenzteam. Trotzdem finde ich den Begriff nicht schlimm, ich bin ein echter Fan der Frauenquote. Ich habe in meiner Laufbahn viele Gremien, Unternehmen und Stiftungen von innen gesehen. Da sitzen meist nur Männer, und zwar 60 plus. Dafür habe ich kein Verständnis mehr, das geht so nicht.
Warum war die Frauenquote „sicher nicht der Grund“ für Ihrer Berufung, Frau Joost? Warum bekomme ich den Eindruck, dass Sie sich in der Position einer „Quotenfrau“ nicht ganz wohl fühlen? Und wenn das der Fall ist, warum schieben Sie andere Frauen genau in diese Falle? Denn nicht als Quotenfrauen wollen Frauen gedeihen, sondern eher als gleichberechtigte Menschen.
Und zwischen den Beiden bleibt ein enormer Unterschied.
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