Montag, 3. Juli 2023

Gibt es "antimuslimischen Rassismus"?

von Aischa Schluter...

Anti-Islam-Proteste muss man in Deutschland mit der Lupe suchen... aber sind sie auch "rassistisch"? 



Wisst Ihr noch, wie ein Moslem französische Kinder erstochen hat und hinterher die Franzosen Migrantenviertel niedergebrannt haben? Nein? Vermutlich deshalb, weil es nie passiert ist. Ironischerweise wird ja in Deutschland gerade wieder der "antimuslimische Rassismus" in den deutschen Medien beschworen. Jeder zweite Deutsche hege antimuslimische Einstellungen, heißt es. Oh nein! Woher mag das nur kommen? Immer diese rassistischen Deutschen... deren Rassismus jedoch ein überaus differenzierter sein muss: Denn komischerweise werden Vietnamesen, Polen, Peruaner, ja praktisch alle Migranten von außerhalb des islamischen Kulturkreises nicht als Bedrohung wahrgenommen. Also was ist denn dieser "antimuslimische Rassismus”?

"Aber Aischa! Antimuslimischen Rassismus gibt es doch gar nicht.! Der Islam ist doch keine Rasse!“, wird mir entgegengehalten. Dazu sage ich: Ja und Nein. Will man Rassismus verstehen, so sollte man sich mit seinen verschiedenen Ausprägungen befassen. Rassismus bezieht sich in der historischen, klassischen Definition immer auf die Ablehnung eines Menschen aufgrund einer unveräußerlichen Eigenschaft oder der Zugehörigkeit zu einer Gruppe mit dieser Eigenschaft. Mit dieser Eigenschaft wird man in der Regel geboren.

In eine Religion wird man zwar in den meisten Fällen ebenfalls hineingeboren, außer in den eher seltenen Fällen der Konvertierung, aber die Religion kann theoretisch abgelegt werden. Ich sage theoretisch - weil es eben auch eine sogenannte Ethnisierung oder Rassifizierung der Religion gibt. Hatten etwa die Juden nach dem Alhambra-Edikt vom 31. März 1492 noch die Wahl zwischen Taufe und Exil, so war es im Dritten Reich nicht mehr möglich, den Konzentrationslagern durch Taufe zu entgehen. Die Nationalsozialisten machten aus der Religionszugehörigkeit ein unveräußerliches, rassisches Merkmal; das versteht man unter Rassifizierung der Religion.

Dann muss es auch muslimischen Rassismus geben...

Lässt sich dieser Vorgang auch auf „antimuslimischen Rassismus“ übertragen? Hierzulande gibt es ja auch Vollidioten, die abgeschnittenen Schweineköpfe an Moscheen hängen - und ich bin geneigt, diese Vollidioten als Rassisten zu bezeichnen. Findet hier jedoch eine Ethnisierung der Religionsangehörigen statt? Ich denke nein. Denn würden Muslime hypothetisch - man verzeihe mir den zynischen Anklang - ihren Glauben ablegen, so wären sie den Angriffen ja nicht mehr ausgesetzt. Höchstwahrscheinlich würden besagte Vollidioten sie dann dafür hassen, das sie Türken oder Araber sind – aber das wären dann eben unveräußerliche ethnische Eigenschaften. Diese Herleitung wäre für mich die einzig sinnvolle Begründung für die Benutzung dieses Begriffs "Rassismus", um berechtigte „Islamkritik“ vom „antimuslimischen Rassismus“ der genannten Vollidioten unterscheiden zu können. Man könnte zwar auch den Begriff "Islamophobie” benutzen, aber eigentlich kann ich mit dieser Begründung gut leben. Ich erspare mir an dieser Stelle detailliert darauf einzugehen, dass „antimuslimischer Rassismus“ natürlich auch vor allem von Leuten geführt wird, die gerne jegliche Kritik am Islam als Rassismus brandmarken und damit ächten würden.

ABER: Auch wenn ich also lange anderer Ansicht war und jetzt, unter den obigen Vorzeichen, mit dem Begriff "antimuslimischer Rassismus" leben könnte: Wie nennt man dann aber eigentlich die gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit, die manche Muslime "Ungläubigen” entgegenbringen? Die Kopfsteuer, die von allen nicht Muslimen zu entrichten ist? Die Aussage, dass die Ungläubigen niederer sind als das Vieh? Wäre das per definitionem dann nicht "islamischer Rassismus”? Eine andere Begrifflichkeit zu finden ist schwer; "antichristlicher", "antijesidischer", "antibuddhistischer”, "antiatheistischer Rassismus” vielleicht? Alles schwierig - wenn man doch wirklich alle außer der eigene Gruppe verachtet. Warum spricht man denn beim "Islamischen Staat" (IS) dann nicht von einer rassistischen Gruppierung? Aus dem gleichen Grund, warum man eben auch nicht von "antimuslimischem Rassismus” sprechen sollte: Die Eigenschaft, auf die sich die Ablehnung bezieht, ist nicht unveräußerlich.

Inflationärer Begriffsgebrauch

Also: Entweder ist man konsequent und spricht sowohl von "antimuslimischen Rassismus” wie auch vom "muslimischen Rassismus”. Oder man definiert Rassismus in dem eigentlichen Sinne, dass er sich eben nur auf unveräußerliche Merkmale beziehen kann - was beide Begriffspaare unmöglich macht. Warum ist das wichtig? Betreibe ich hier etwa Haarspalterei? Im Gegenteil. Die Frage ist nämlich, wie denn je eine fruchtbare Diskussion entstehen soll, wenn man sich nicht einmal auf die Begrifflichkeit einigen kann?!? Eines der ersten philosophischen Bücher, das ich noch vor meinem Studium lesen wollte, war „Der Begriff Angst“ von Kierkegaard (wahrscheinlich, weil der Titel auf weltverdrossene Teenies irgendwie anziehend wirkt). Das erste Drittel des Buches besteht nur aus Definitionen. Gute Philosophie geht so sehr ins Detail, dass es ohne zwei Seiten Definition eines allgemein gebräuchlichen Wortes nicht geht. Manche sagen ja, die Philosophie bestünde zu 90 Prozent nur aus Semantik – und ich bin geneigt, ihnen zuzustimmen.

Denn wie man es nun auch benennen will, es ändert nichts an den Tatsachen: Es gibt gruppenbezogene Feindlichkeit - gegenüber Weißen und gegenüber Muslimen und gegenüber Ungläubigen durch Muslime. Egal, ob man das nun "Rassismus” nennen möchte oder nicht. Die Gefahr ist die Vereinnahmung des Rassismusbegriffs. Im Namen dieser Ideologie wurden und werden einige der schrecklichsten Verbrechen gegen die Menschlichkeit verübt. Der Rassismus-Vorwurf wiegt schwer und man sollte ihn gewiss nicht so inflationär im Munde führen, wie es dieser Tage der Fall ist. Außer Zweifel steht, dass dieser Begriff gerade für die "Neue Linke” kaum mehr einen Wert besitzt. Ich muss da immer an das Interview von Margarete Stokowski und Alice Schwarzer denken. Stokowski bezeichnete Alice Schwarzer erst als Rassistin und fragte sie dann, ob sie sich davon beleidigt gefühlt hätte. „Nein, Margarethe, mit Völkermördern und Eugenikern auf eine Stufe gestellt zu werden, lässt mich natürlich völlig kalt“, wäre die einzig sinnvolle Antwort gewesen.



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