Samstag, 19. November 2022

Erste Steuererhöhung am 1. Januar - nur wissen Sie noch nichts davon

von Jan Fleischhauer...

Weil die Regierung das Geld ausgibt, als gäbe es kein Morgen, werden jetzt die Steuern erhöht. Der erste Schritt ist getan, unbemerkt von der Öffentlichkeit. Ab 1. Januar steigt die Erbschaftsteuer bei Immobilien um locker 500 Prozent.

Wem kann man noch vertrauen? Fragt man die Bürger, sagen sie: Günther Jauch, dem Arzt und der Polizei, in dieser Reihenfolge.

Zu den Institutionen, denen ich darüber hinaus vertraute, zählte neben der Bundesbank und Häagen-Dazs der Rat der Wirtschaftsweisen.

Vertrauen in Wirtschaftsweise

Meine persönliche Vertrauensbilanz ist ziemlich trübe, muss ich mir eingestehen. Die Bundesbank ist bedeutungslos geworden, seit über die Geldpolitik bei der EZB entschieden wird. Häagen-Dazs gehört jetzt Nestlé. Blieben bis gestern die Wirtschaftsweisen. Wenn es eine Institution gibt, auf deren Rat man setzen kann, dann diese, dachte ich. Aber auch das hat sich, Gott sei’s geklagt, erledigt.

Die Ampel braucht Geld... viel Geld...



Vor ein paar Tagen hat der Rat sein Jahresgutachten vorgelegt. Die entscheidende Passage konnte man zuvor in der „Süddeutschen Zeitung“ lesen, der man das Gutachten im Vorweg zur medialen Aufbereitung überlassen hatte. Um die diversen Entlastungspakete der Regierung „sozial zu balancieren“, würden die Ökonomen eine zeitlich befristete Erhöhung des Spitzensteuersatzes sowie die Einführung eines „Energiesolidaritätszuschlags“ für Besserverdienende empfehlen, berichtete die Zeitung.

Es gibt zuwenig Reiche für alle die Wünsche

„Wirtschaftsweise für höhere Steuern“ lautete die Überschrift, das ließ aufhorchen. Die Beruhigung lieferte die „Süddeutsche“ gleich mit: Lediglich fünf Prozent der Deutschen seien betroffen. Keine Sorge, liebe Leser, sollte das heißen: Alles halb so wild, ihr seid nicht gemeint.

Auf die Reichen als Zugpferd kann man sich immer einigen. Beim „Spiegel“ wurde die Meldung mit einem Bild weißer Seevillen im Sonnenlicht bebildert, bei „NTV“ entschied man sich für das Foto eines champagnerschlürfenden Mannes. Dummerweise gibt es im wirklichen Leben viel weniger Reiche, als es bräuchte, um alle Ausgabenwünsche zu finanzieren.

Dass sie in den Medien zum Hütchenspielen neigen, das wusste ich. Aber dass sie auch im vornehmen Rat der Wirtschaftsweisen zum Dummenfang übergegangen sind, das hat mich dann doch erschüttert. Auf fünf Prozent Spitzensteuerbürger kommt man nur, wenn man Kinder, Arbeitslose und Greise mitzählt. Legt man die Zahl derjenigen zugrunde, die in Deutschland als Vollzeitbeschäftigte Steuern zahlen, ist man, schwups, bei knapp 20 Prozent.

Weil der deutsche Staat ein gefräßiger Staat ist, schlägt der Spitzensteuersatz schneller zu, als viele meinen. Bereits ab 58597 Euro Jahresgehalt ist man dabei, das sind 3000 Euro netto pro Monat. Wer das in München verdient, ist schon mal 1800 Euro für seine Zweizimmerwohnung los, wie ein Bekannter von mir gallig anmerkte: Bleiben 1200 Euro für Porsche, Kaviar und Champagner in St. Tropez. Davon ist im Herbstgutachten der Wirtschaftsweisen selbstverständlich nicht die Rede.

Man gibt den Wohltäter auf Kosten der Mitmenschen

Ich hege ein grundsätzliches Misstrauen gegenüber Menschen, die den Bürgern das Geld aus der Tasche ziehen, um es dann in ihrem Namen wieder unter die Leute zu bringen. Wenn die Wohltaten, die sie in den Parteien versprechen, aus der Parteikasse bezahlt würden, wäre ich sofort einverstanden. Leider läuft es andersherum: Man gibt den Wohltäter auf Kosten der Mitmenschen und schimpft dann alle als kaltherzig, die den Schwindel nicht mitmachen.

Es ist auch nicht so, dass dem Staat in nächster Zeit das Geld auszugehen droht. Die Steuerschätzungen sehen rosig aus: plus 50 Milliarden 2023 und noch einmal plus 55 Milliarden im Jahr drauf. Man käme mit den Steuereinnahmen wunderbar aus, wenn sie in Berlin das Geld nicht ausgeben würden, als gäbe es kein Morgen.

Allein der Apparat an Staatssekretären und Abteilungsleitern hat sich seit Antritt der Koalition nahezu verdoppelt. Natürlich muss auch das Kanzleramt ausgebaut werden, für eine halbe Milliarde Euro. Dazu kommen ständig neue soziale Großprojekte wie jetzt das Bürgergeld.

Der Betrug beginnt hier schon mit dem Begriff. Wenn etwas dezidiert nicht bürgerlich ist, dann, sich auf die Anstrengungsbereitschaft anderer zu verlassen, statt für sich selbst zu sorgen. Wohlgemerkt: Wir reden nicht von Menschen, die zu alt oder zu krank sind, um einer Beschäftigung nachzugehen. Dass jemand, der nicht mehr kann, mit Unterstützung durch seine Mitmenschen rechnen darf, versteht sich von selbst.

Aber niemand wird ernsthaft behaupten wollen, dass die 1,6 Millionen Hartz-IV-Empfänger, die bei den Arbeitsagenturen gemeldet sind, alle erwerbsunfähig sind, weil der Rücken kaputt ist oder das Herz zu schwach. Die meisten könnten sehr wohl anpacken, wenn es denn von ihnen verlangt würde. Weil das auch die Verfechter des Bürgergelds wissen, wird in Diskussionen die Madonna des Sozialstaats, die alleinerziehende Mutter, ins Schaufenster gestellt, hinter der sich dann alle versammeln, die weder alleinerziehend sind noch Mutter.

Die Zukunft wird teuer

Ich habe ins Kleingedruckte der neuen Sozialleistung geschaut. Das wird teuer. In Zukunft kommt der Staat in den ersten zwei Jahren auch für Miete und Zinslasten auf – und zwar in unbegrenzter Höhe. Ich dachte, ich hätte mich verlesen. Unbegrenzt? Man wolle den Menschen in der schwierigen Zeit der Erwerbslosigkeit den Stress ersparen, sich nach einer neuen Wohnung umsehen zu müssen. Das ist ein feiner Zug, der allerdings auch von vielen Menschen bezahlt werden muss, bei denen sich der Staat nicht so großzügig zeigt.

Wenn es eine Trennlinie gibt zwischen bürgerlicher und sozialdemokratischer Politik, dann ist es das Verhältnis zum Staat. Der Liberale akzeptiert ihn als gesellschaftliche Notwendigkeit, aber er käme nie auf die Idee, ihn zu vergöttern. Der Sozialdemokrat hingegen erwartet alles Gute von oben. Aus seiner Sicht gibt es kein Problem, das nicht durch Geld und eine entsprechende Anzahl an Sozialarbeitern behoben werden könnte. Wenn sich das Problem wider Erwarten doch hält, tja, dann waren halt nicht genug Sozialarbeiter im Einsatz.

Ich war vor zwei Wochen am Berliner Flughafen. Für mich ist der BER, wie er genannt wird, das perfekte Beispiel des SPD-Sozialstaats. Die Hälfte der Berliner lebt auf die eine oder andere Weise von Transfereinkommen, aber am Flughafen fehlt das Personal, um mehr als einen Sicherheitscheck zu besetzen. Die Einzigen, die zur Arbeit erscheinen, sind ein paar Deutschtürken, die offenbar noch nicht herausgefunden haben, dass sie genauso viel bekämen, wenn sie zu Hause blieben. Aber keine Sorge, das wird sich noch herumsprechen. Dann bleibt auch das letzte Gate geschlossen. Ist ja ohnehin aus Klimaschutzgründen besser.

Die Wirtschaftsweisen verteidigen ihren Vorschlag eines Energiesolis mit dem Hinweis, sie würden ja dazu raten, ihn zeitlich streng zu begrenzen. Oh, heilige Einfalt, dachte ich, als ich das las. Erinnern Sie sich noch an den letzten Soli? Der wurde 1991 nach zähem Ringen beschlossen, um die neuen Bundesländer aufzupäppeln.

Kein Mensch spricht heute mehr von „neuen Bundesländern“. In vielen westdeutschen Kommunen würde man sich wünschen, die Innenstadt wäre so herausgeputzt wie die im Osten. Aber den Soli gibt es immer noch. 30 Jahre hat es gedauert, bis man sich dazu durchrang, ihn wenigstens für die Normalverdiener abzuschaffen. Für die sogenannten Besserverdiener, die auch jetzt wieder im Fokus stehen, gilt er bis heute.

Unbemerkt wird Steuererhöhung auf den Weg gebracht

Der Staat ist ein Nimmersatt. Verschlagen ist er ebenfalls. Früher wurde im Parlament über Steuererhöhungen gestritten, heute steht der entsprechende Passus im Jahressteuergesetz.

Anfang der Woche fand sich im Wirtschaftsteil der „Süddeutschen“ ein Bericht, wonach die Koalition in Berlin weitgehend unbemerkt von der Öffentlichkeit eine „Anpassung der Vorschriften der Grundbesitzbewertung“ auf den Weg gebracht hat. Was so harmlos klingt, hat Auswirkungen für alle deutschen Haushalte, für die das Eigenheim der größte Vermögensposten ist, also für circa 50 Prozent.

Über Nacht hat sich der sogenannte Sachwertfaktor geändert, an dem sich auch die Erbschaftsteuer bemisst. In dem Musterbeispiel eines frei stehenden Einfamilienhauses, den die Redaktion hat berechnen lassen, steigt die Steuerschuld im Erbfall mit dem 1. Januar von bislang 9.625 Euro auf dann 57.855 Euro. Das ist eine Steigerung um über 500 Prozent.

Der Staat, das seien doch wir alle, lautet ein Mantra des Wirtschaftsministers Robert Habeck. Das können aus meiner Sicht nur Politiker sagen, die auch eine Geiselnahme für ein Gemeinschaftsprojekt hielten.





1 Kommentar:

  1. Passt doch! Der Erbe der sich die Erbschaftssteuer nicht leisten kann muß das Haus verkaufen. Freut sich "Papa" Staat: der Käufer zahlt dann auch noch Grunderwerbssteuer. Ob der Erbe, neben der zu zahlenden Erbschaftssteuer, auch noch den erhaltenen Kaufpreis versteuern muß? Tolles Geschäft für Banken (insbesondere die kommunalen - somit "staatlichen") und den Staat.
    Wie war noch die Aussage des WEF: "Ihr werdet nichts besitzen, aber glücklich sein!"
    Wie gesagt: Passt!

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