von Mirjam Lübke...
Der Volksverpetzer, Deutschlands Leuchtturm der (Selbst-) Gerechtigkeit, hat einmal wieder "aufgedeckt" und die Nation vor Indoktrination durch böse Querdenker und Corona-Leugner gerettet! Volksverpetzer, wir sind stolz auf euch, ohne eure unermüdliche Aufklärungsarbeit wäre unser Land schon längst Opfer populistischer Demagogen, pro-russischer Bots und ruchloser Lauterbach-Gegner geworden. Ihr und die euch Gleichgesinnten leistet einen wertvollen Dienst an unserer Demokratie: Der Bürger muss einfach vor manchen Ansichten geschützt werden, derer er sich allein nicht erwehren kann. Wir müssen dankbar dafür sein, dass kluge Köpfe für uns eine Vorauswahl treffen, was unserem Intellekt und unserer Demokratiefähigkeit angemessen ist. Alles andere wäre sträflicher Leichtsinn dem Gemeinwesen gegenüber.
Kants "Sapere Aude" zeugte von unglaublicher Naivität und blindem Vertrauen in den menschlichen Verstand. Aber wie soll der kluge Lenin gesagt haben: "Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser!" Denn heutzutage ist auf nichts mehr Verlass, selbst auf bewährte linke Genossen und die Wissenschaft nicht. Biologinnen, selbst die Nobelpreisträgerin Nüßlein-Vollhardt, leugnen die Existenz der Geschlechterdiversität, dabei wissen wir doch heute sicher, dass biologische Geschlechter nur reaktionäre Konstrukte sind. Vor diesem Gedankengut, welches nachweislich auch die Nationalsozialisten vertraten, müssen schon unsere Jüngsten durch Aufklärung geschützt werden. Der Staat tut gut daran, dies mit einem reichlichen Budget zu unterstützen und die Einrichtung von Gendertoiletten in Kitas durch finanzielle Anreize zu fördern.
Noch besorgniserregender ist die abweichlerische Haltung linker Vordenker, die dem Volk angesichts des gerechtesten Krieges seit 1648 vormachen, es gäbe bei dieser Auseinandersetzung mehr als einen Standpunkt zu betrachten. Die Bürger brauchen ein klares Schwarz-Weiß-Schema, um in dieser verworrenen Weltlage ihre klare Ausrichtung zu behalten: Wenn etwa Ulrike Guérot zu bedenken gibt, die gelieferten deutschen Waffen könnten nach Beendigung des Krieges in falsche Hände geraten, dann ist das eine böswillige Unterstellung, in der Ukraine ist man nachweislich viel zu ehrlich, um das zu tun. Selbstverständlich werden wir das gesamte Kriegsgerät in Originalverpackung, frisch gereinigt und nur mit leichten Gebrauchsspuren zurückerhalten. Selenskij ist schließlich nicht wie der unverschämte Nachbar, der sich das Bügeleisen ausleiht und es dann nie wieder herausgibt. Auch wenn seine T-Shirts stets so aussehen, als wenn er schon eine Menge Bügeleisen verbraucht hätte. Das stört natürlich den Eindruck des frisch vom Kriegsschauplatz vor die Kamera getretenen Helden.
An der Heimatfront muss derweil das Volk vor Ärzten geschützt werden, die sich Maskenpflicht und Spritze entgegen stellen. Auch wenn in unseren Nachbarländern die Maßnahmen fallen, ist das kein Grund für Deutschland, jetzt nachlässig zu werden. Man darf sich auf keinen Fall einreden lassen, jetzt sei die Jahreszeit des Schnupfens und Hustens - und selbst wenn dem so wäre, kann man nie sicher wissen, warum der Nebenmensch gerade niest. Ärzte, die behaupten, dies sei kein Grund, panisch zum nächsten Impfzentrum zu laufen und auf das menschliche Immunsystem vertrauen, muss unverzüglich jegliche Plattform entzogen werden. Treten diese dann auch noch in Kombination mit Putinverstehern bei Podiumsdiskussionen auf, ist für den aufrechten Demokraten Widerstand Pflicht: Man verfasse ein Protestschreiben, dupliziere es mindestens hundertfach und lasse die Antifa-Ortsgruppe jedes einzelne davon unterschreiben. Ab zur Post damit. Sollte das den Veranstalter nicht zur Vernunft bringen, besorge man sich einen Sack günstiger Trillerpfeifen und setze die richtige Meinung vor Ort durch. Mit Querdenkern ist jede Diskussion umsonst.
Leider hat der Volksverpetzer noch keine Möglichkeit gefunden, die Feinde der Demokratie vom Demonstrieren abzubringen. Ich erwäge, gemeinsam mit Innenministerin Faeser eine Reifeprüfung für öffentliche Versammlungen auszuarbeiten, nach deren Bestehen man einen Demonstrationsführerschein erhält. Man könnte die Prüflinge an einen Lügendetektor anschließen und sie fragen, ob sie schon einmal in einem unbeobachteten Moment die Maske im Zug abgenommen haben oder wie sie zu einem atomaren Erstschlag auf Russland stehen. Folgen sie der Empfehlung Schäubles, erst einmal einen zweiten Pullover anzuziehen, bevor sie am Thermostat drehen wie früher der Dissident am Radioknopf, um BBC zu hören? Haben sie schon einmal "Cicero" oder ähnlich rechtsextreme Zeitschriften gelesen? Nur, wenn die Antworten befriedigend ausfallen, darf der Betreffende hinaus auf die Straße und erhält eine Auswahl politisch korrekter Plakate zur freien Verfügung.
Nein, wir haben keine Cancel Culture in Deutschland, das sind notwendige Maßnahmen, um unsere funktionierende Demokratie zu erhalten. Also immer schön dem Meinungskorridor folgen, dann kann keinem etwas zustoßen. Immer daran denken, abseits des Weges lauert der böse Querdenkerwolf - und nur vor dem wollen sie uns schützen - ganz ehrlich! Wer etwas anderes behauptet, ist ein Feind der Demokratie - und da packen wir ganz schnell unsere Trillerpfeifen aus.
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