Montag, 13. Juni 2022

Gesundheitsminister günstig abzugeben, kaum Gebrauchsspuren vorhanden

von Mirjam Lübke...

Ist es nicht schön? Unser Gesundheitsminister sorgt sich um das Klinikwesen in der Ukraine. Hatte in besagtem Hospital gerade eine russische Bombe eingeschlagen? Nein, Herr Lauterbach saß in einem defekten Aufzug fest. So etwas würde in deutschen Kliniken natürlich niemals vorkommen, denn diese sind allesamt in einem hervorragenden Zustand: Helle Zweibettzimmer mit eigenem Bad, köstliche, gesunde Mahlzeiten und stets verfügbares Pflegepersonal sind Standard. Zumindest glaubt das wohl Karl Lauterbach. Im "besten Deutschland aller Zeiten" müsste doch auch die medizinische Versorgung hervorragend funktionieren, oder? 



Die Realität sieht leider anders aus, denn auch deutsche Krankenhäuser könnten dringend etwas Zuwendung gebrauchen. Wir erinnern uns: Trotz Corona-Panikmache wurden die Kliniken weiter durch Prämien ermuntert, Intensivbetten abzubauen - mehrere Tausend fielen dem Sparprogramm zum Opfer, während Maßnahmen-Kritikern ein schlechtes Gewissen eingepflanzt wurde: Ihr seid schuld, wenn Patienten abgewiesen werden müssen! Verbesserung der Arbeitsbedingungen von Intensivpflegern blieben aus. 

Dann beglückte uns die Bundesregierung - ebenfalls auf Betreiben von Lauterbach und seinem Panik-Orchester - mit der einrichtungsbezogenen Impfpflicht, begründet mit dem Schutz der Patienten, was angesichts der trotzdem noch vorhandenen Übertragbarkeit des Corona-Virus eine einigermaßen sinnfreie Vorschrift darstellt. Schon wieder wurde Pflegepersonal, das teilweise schon jahrzehntelange Diensterfahrung hatte, vor den Kopf gestoßen oder gleich vor die Tür gesetzt. Wer es geschafft hat, seinen Job auch ohne Impfung zu behalten, darf nun auch noch mit Bußgeldern rechnen. 

Hat man jemals von einer Besuchstour des Ministers in deutschen Krankenhäusern gehört? Vielleicht habe ich die Meldung nur übersehen, aber besonderes Interesse scheint mir Herr Lauterbach nicht an den hiesigen Zuständen zu haben. Er fürchtet sich wohl vor der Realität. Wenn er in den letzten Monaten eine Klinik betrat, dann ausschließlich für Impfwerbung, auch für Kinder. Die mussten tapfer in die Kamera lächeln, während Lauterbach die Impfnadel in ihrem Arm versenkte. 

Es gilt als unfein, eine Neiddebatte anzufachen, aber ist es wirklich so unverständlich, dem Minister erst einmal die Instandhaltung unseres eigenen Gesundheitswesens abzuverlangen? Es geht dabei nicht nur um den Pflegenotstand, sondern auch um den Zustand der Gebäude im allgemeinen. Mich würde es nicht wundern, wenn für Kassenpatienten bald wieder große Schlafsäle eingerichtet werden, wie ich sie als Kind noch bei Krankenhausbesuchen gesehen habe - und dann bringt am besten noch die Verwandtschaft das Essen mit und wäscht die Bettlägerigen. 

Sogar das kommt schon vor, weil es an Pflegepersonal fehlt: Älteren, eventuell schon dementen Menschen stellt man rasch das Essenstablett hin und holt es voll wieder ab - die Schwestern haben einfach keine Zeit, sich zu den Kranken zu setzen. Notwendige Medikamente werden dann oft auch nicht eingenommen. In meinem Erwachsenenleben hatte ich zum Glück nur zwei etwas größere Operationen, einmal 1998, dann noch einmal 2019 - es war ein Unterschied wie Tag und Nacht.
1998 gingen meine Schilddrüse und ich getrennte Wege, weil sich darin Unheil zusammenbraute. 

Operationen sind natürlich nie ein Vergnügen, aber der Chirurg machte seine Sache gut, es blieb keine Heiserkeit zurück. Weil bei der OP der Hals überstreckt wird, um die Narbe kleinzuhalten, kam an den Folgetagen täglich eine Physiotherapeutin vorbei, um sich um die Schultern meiner Mitpatientin und mir zu kümmern. Auch an die Nachtschwestern habe ich eine gute Erinnerung, sie hatten immer ein offenes Ohr, wenn wir uns Sorgen um unsere Laborergebnisse machten. 

2019 - in einem anderen Krankenhaus - wurde ich einen Teil meiner Ohrspeicheldrüse los - wieder ein Tumor, und ich dachte nur "Wenn das so weitergeht, müssen die meinen Hals bald mit Holzwolle ausstopfen!" Der Chirurg leistete auch in diesem Fall gute Arbeit - bis auf ein leichtes Taubheitsgefühl ist nichts zurückgeblieben. Diesmal gab es allerdings keine Physiotherapie, stattdessen einen Zettel mit Übungen zur Mundgymnastik. Das Pflegepersonal musste man mit dem Lasso einfangen, nicht, weil es nicht arbeitete, sondern unter enormem Stress stand. Für die gesamte Station standen lediglich vier Toiletten zur Verfügung - und das Essen schmeckte nicht nur schlecht, sondern bestand aus winzigen Portionen. Früher gab es noch die Möglichkeit, sich etwas mehr zu bestellen, heute dient die Verpflegung wohl nur noch dazu, den Patienten so lange am Leben zu erhalten, bis man ihn entlassen kann. Da ich nach dieser OP am Kopf aussah wie eine Mischung aus dem Fluch der Mumie und etwas von Viktor Frankenstein Zusammengebasteltes, verzichtete ich dann auch auf den Gang in die Cafeteria, um keine allgemeine Panik auszulösen. Kurzum: Die Situation hatte sich gegenüber 1998 deutlich verschlechtert. 

Hätte ich doch mal ein Selfie davon gemacht, mit mir im Ramses-Mumien-Look, dann könnte ich es heute an Lauterbach weitersenden. Um ihm einen ordentlichen Schrecken einzujagen. Denn: Die stationäre Versorgung hat nicht nur keine Fortschritte gemacht, sondern sie ist kaputt gespart worden. Und das nicht erst seit Corona. Es könnte Karl Lauterbach durchaus auch hier passieren, in einem Aufzug steckenzubleiben, wenn er denn einen gefunden hat, der funktioniert. "Seht her, euch geht's doch noch gut!", scheint er uns sagen zu wollen. Wie Eltern, die ihren Kindern das Eis verweigern, weil "die Kinder in Afrika auch keins haben."

Nur, dass wir für diese Versorgung jährlich mehr bezahlen - das ist ein Geschäft, bei dem wir ordentlich über den Tisch gezogen werden. Vielleicht denkt unser Gesundheitsminister darüber einmal nach, wenn er das nächste Mal irgendwo festsitzt.



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