von Thomas Heck...
Dass man den politischen Gegner bekämpft, gehört zur Demokratie dazu. Dass man dazu an die Grenzen geht und darüber hinaus, kann ich noch nachvollziehen, geht es doch heutzutage um nicht mehr oder weniger um die Existenz. Doch dass dafür jegliche demokratischen Regeln außer Kraft gesetzt werden, ist in einer Demokratie nicht hinnehmbar. Dies beginnt bei der Nichtwahl eines AfD-Politikers zum Bundestagsvize und endet bei dem Boykott jeglicher Zusammenarbeit.
Die Aufregung ist groß, wenn Politiker von diesen selbstgewählten, für mich undemokratischen Grundsätzen abweichen. Jetzt trifft es Bundesagrarministerin Julia Klöckner. So berichtet das Handelsblatt:
Der Einladungsbrief ist datiert auf den 22. September, umfasst vier Seiten und trägt die wenig spannende Überschrift: „Breites Bündnis für mehr Tierwohl“. Doch das Schreiben von Bundesagrarministerin Julia Klöckner hat es in sich.
Die CDU-Politikerin hat für diesen Mittwoch zum Fachgespräch eingeladen, und das nicht etwa ins Ministerium, sondern ins Steigenberger Hotel, direkt neben dem Kanzleramt. Der entscheidende Satz findet sich am Ende des Textes: „Zu dem Austausch habe ich die Fraktionsvorsitzenden, ihre thematisch zuständigen Stellvertreter sowie die agrarpolitischen Sprecher aller im Deutschen Bundestag vertretenen Fraktionen eingeladen“, schreibt Klöckner – und damit auch die AfD, mit der die Union und auch die SPD jegliche Zusammenarbeit ausschließen.
Mit der Einladung, die dem Handelsblatt vorliegt, hat Klöckner die Koalition gegen sich aufgebracht. „Die AfD einzuladen ist ein absolutes No-Go“, hieß es in der Unionsfraktion. Darüber hinaus habe es zum Thema Tierwohl vor der parlamentarischen Sommerpause eine intensive Debatte im Bundestag und einen breiten Konsens gegeben, der in einen Antrag gemündet sei. Nun sei es am Ministerium, die Finanzierung einer tierfreundlichen Nutztierhaltung zu klären.
Bei der SPD sorgte die Einladung für Entsetzen – und das sowohl über Art der Einladung, den Ort und die Eingeladenen. „Mich irritiert das Vorgehen von Frau Klöckner sehr“, sagte der für Agrarpolitik zuständige stellvertretende Fraktionsvorsitzende Matthias Miersch dem Handelsblatt. „Anstatt große Treffen abzuhalten, sollte das Ministerium den Auftrag des Parlaments erfüllen.“
„Wir müssen das Thema Tierwohl und Finanzierung in der Nutztierhaltung umfassend und gemeinsam angehen – auch um die Unsicherheiten für den Sektor zu beenden“, schreibt hingegen Klöckner in ihrem Brief. „Mehr Tierschutz kostet Geld“, heißt es darin weiter. Daher lade sie zu dem Gespräch, um über „nächste Schritte“ zu beraten.
SPD lehnt Treffen in Hotel ab
Zum Kreis der Eingeladenen gehört auch der frühere Bundesagrarminister Jochen Borchert (CDU), der das von Klöckner initiierte „Kompetenznetzwerk Nutztierhaltung“ leitet. Dieser hatte im Februar Empfehlungen für mehr Tierwohl vorgelegt. Auf diese Empfehlungen verweist auch SPD-Agrarpolitiker Miersch. Er erinnert daran, dass der Bundestag Klöckners Ministerium im vergangenen Juli per Beschluss aufgefordert habe, die Empfehlungen des Kompetenznetzwerks „konsequent umzusetzen“
„Stattdessen wird mit blumigen Worten suggeriert, einen Konsens schließen zu wollen“, kritisierte der SPD-Politiker. „So entsteht keine Rechtssicherheit für Verbraucher und Landwirte bei diesem wichtigen Thema.“ Ein Treffen in einem Hotel sei „jedenfalls nicht notwendig“.
Klöckner verweist in ihrem Brief auf die Unterstützung durch das Parlament und fügt in ihrer Einladung sogar hinzu, dass die Agrarministerkonferenz der Länder sich „ebenfalls – sogar einstimmig“ hinter die Vorschläge gestellt habe. Es sei aber ebenso deutlich geworden, „dass wir uns über Ziele und Maßnahmen weiter austauschen müssen“.
Klöckner schon früher in der Kritik
Klöckner steht schon länger in der Kritik und gilt als Wackelkandidatin im vierten Kabinett von Angela Merkel. Derzeit gibt es auch Ärger wegen ihres Vorgehens im Umgang mit männlichen Küken bei der Eierproduktion. Und im vergangenen Jahr etwa stand sie wegen eines gemeinsamen Videos mit einem führenden Nestlé-Manager in der Kritik.
Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt warf der CDU-Politikerin seinerzeit vor, sie habe ein „Werbevideo“ für Nestlé gedreht, der SPD-Bundestagabgeordnete Karl Lauterbach bezeichnete den Vorgang als „peinlich, ja bitter“.
Ob der Fraktionsvorsitzende der Unionsfraktion, Ralph Brinkhaus, die Einladung für die Runde am Mittwoch annimmt, war am Montag nicht zu erfahren. Die Unionsfraktion jedenfalls war am Montag zu einer Stellungnahme nicht bereit. Das Ministerium ist sich keines Fehlverhaltens bewusst. Es sei wichtig, „nun fraktionsübergreifend über weitere Schritte zu sprechen“.
Wie das Handelsblatt aus Koalitionskreisen erfuhr, sollte die Einladung an diesem Montag sowohl im geschäftsführenden Fraktionsvorstand der Union wie auch der SPD thematisiert werden. Man wolle nicht „mit Gauland und Weidel an einem Tisch sitzen“, hieß es.
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