von Thomas Heck...
"Heike Reichenwallner brilliert in der Rolle der Angela Merkel. – Sie verleiht ihr jene sympathische Bodenständigkeit und pragmatische Verbindlichkeit, die sie so von anderen Politikern unterscheidet."
So Phoenix bereits im Vorfeld. Und so saß das deutsche Volk gestern pünktlich um 20.15 Uhr vor dem Fernseher und schaltete nach der Tagesschau ins ZDF um, wo der lange ersehnte Film über den Führer bereits lief: "Stunden der Entscheidung: Merkel und die Flüchtlinge". So nah am Führer war das deutsche Volk nie. Ein Film, wie man ihn eher ins Dritte Reich, in die DDR oder nach Nordkorea verorten würde, Goebbels selbst oder Karl-Eduard von Schnitzler hätten über ihre Führer nicht besser machen können.
"Heike Reichenwallner brilliert in der Rolle der Angela Merkel. – Sie verleiht ihr jene sympathische Bodenständigkeit und pragmatische Verbindlichkeit, die sie so von anderen Politikern unterscheidet."
So Phoenix bereits im Vorfeld. Und so saß das deutsche Volk gestern pünktlich um 20.15 Uhr vor dem Fernseher und schaltete nach der Tagesschau ins ZDF um, wo der lange ersehnte Film über den Führer bereits lief: "Stunden der Entscheidung: Merkel und die Flüchtlinge". So nah am Führer war das deutsche Volk nie. Ein Film, wie man ihn eher ins Dritte Reich, in die DDR oder nach Nordkorea verorten würde, Goebbels selbst oder Karl-Eduard von Schnitzler hätten über ihre Führer nicht besser machen können.
Schade, dass Bruno Ganz schon verstorben ist. Der hätte der Person Angela Merkel schon die düstere Aura verpasst, die dem Film letztlich fehlte. Bruno Ganz spielte schon den Führer in "Der Untergang" fulminant, besser als das Original, wie schon Harald Schmidt konstatierte. Der Titel "der Untergang" hätte auch besser zu dem aktuellen ZDF-Machwerk gepasst, denn Merkels Entscheidung leitete den Untergang Deutschlands ein, was bloß noch keiner bemerkt hat. Am Ende ist "Stunden der Entscheidung" ein politisches Pro-Merkel-Manifest, welches sich mit den Geschehnissen des 4. Septembers vor 4 Jahren nicht mal im Ansatz kritisch auseinandersetzt. Das ZDF hat sich damit als unabhängiger Sender selbst disqualifiziert und hat seine Rolle als regierungstreues Organ bestätigt, welches seine Anweisungen direkt aus dem Kanzleramt erhält.
Der Film schiebt Merkel die typische Alternativlosigkeit zu, die diese gerne im politischen Alltagsgeschäft benutzt, um Entscheidung mit einem Totschlagargument begründet. Dabei ist nichts Alternativlos. Deutschland hätte natürlich auch in Ungarn helfen können, ohne auch nur einen einzigen Flüchtling nach Deutschland zu holen, darunter, und das sollten man mal nicht vergessen, Vergewaltiger, Messermörder und nicht zuletzt Terroristen vom Schlage eines Anis Amri. Wir alle haben für Merkels Alleingang einen hohen Preis bezahlt. So schreibt der FOCUS:
Angela Merkel habe die Grenzen geöffnet, werfen ihr Kritiker vor. Dabei war die Grenze schon die ganze Zeit über offen. Aber die Kanzlerin hat entschieden, dass das so bleiben sollte, vor vier Jahren. Ein ZDF-Dokudrama soll zeigen, wie die Entscheidung fiel – und lässt die Grenzen zwischen Realität und Fiktion verschwimmen.
Am Ende eines langen Tages verliert Angela Merkel kurz die Fassung. „Scheiße, verdammt noch mal! 100 Busse?“, flucht sie ins Telefon. Merkel ist gerade wieder in Berlin-Tegel gelandet, den ganzen Tag über nahm sie Termine in Bayern und NRW wahr.
Für das dringendste Thema dieses 4. Septembers 2015 blieb da nur wenig Zeit: Hunderte, vielleicht sogar Tausende Flüchtlinge machen sich gerade zu Fuß von Ungarn aus auf dem Weg nach Deutschland. Ob der ungarische Ministerpräsident Viktor Orban den Menschenstrom gewähren lässt oder ihn mit Gewalt am Weiterziehen hindert, das konnte zunächst keiner einschätzen. Als Orban die verzweifelten Menschen dann mit Bussen an die Grenze nach Österreich karren lässt, geht es um eine andere Frage: Nehmen wir sie auf? Und wenn ja: Wie bekommen wir die alle unter?
Schicksals-Entscheidung im Alleingang
Es ist diese Gemengelage, die der ZDF-Film „Stunden der Entscheidung: Angela Merkel und die Flüchtlinge“ aufgreift, genau vier Jahre nach jenem schicksalhaften Tag. Der Film zeichnet nach, wie es zu Merkels Entscheidung kam, die Grenze nicht zu schließen und die Kriegsflüchtlinge aus Syrien aufzunehmen. Er zeigt auch, wie Merkel diese außerordentliche Entscheidung im Endeffekt im Alleingang treffen musste.
Der Clou an dem Film ist, dass er Realität mit Fiktion vermischt. Zwar spricht das Dokudrama mit vielen Beteiligten wie dem damaligen Innenminister Thomas de Maizière (CDU) oder dem Journalisten Martin Kaul, der in Ungarn vor Ort war. Und Filmaufnahmen von jenem 4. September zeigen die Kanzlerin bei ihren Besuchen an der Technischen Universität München und dem Festakt zum 70. Geburtstag der CDU in Nordrhein-Westfalen. Doch wenn sich Merkel mit ihren Mitarbeitern im Kanzleramt zur Morgenbesprechung trifft oder wenn sie spätabends noch mit ihrer engsten Vertrauten Beate Baumann telefoniert, tritt Schauspielerin Heike Reichenwallner an ihre Stelle.
„Ist mir inzwischen aber auch egal"
Einen Blick hinter die Kulissen will „Stunden der Entscheidung“ damit ermöglichen. Die gestellten Szenen sind handwerklich gut gemacht, die Schauspieler haben ihre Vorlagen genau studiert. Aber wie nahe die inszenierten Szenen an der Realität sind, bleibt unklar. „Ist mir inzwischen aber auch egal, muss er halt mit der Entscheidung leben“, sagt Reichenwallner alias Merkel an einer Stelle über Horst Seehofer, der an jenem Abend nicht ans Telefon geht. Ob Merkel das wirklich so gesagt hat, erfährt der Zuschauer nicht.
Selbst in Szenen, in denen Merkel zwischen zwei Terminen herzhaft in eine Leberkässemmel beißt oder sich über die lauten Müllmänner vor ihrer Wohnung beschwert, ist unklar, was der Fantasie eines Autors entspringt und was auf der Realität fußt. Und so dient die dramatische Darstellung einer übermüdeten Merkel am Telefon eher der Befriedigung eines voyeuristischen Bedürfnisses als einem tatsächlichen Erkenntnisgewinn.
„Das ist absolut authentisch“
„Dass die Morgenrunde damit beginnt, dass Frau Baumann die Kanzlerin fragt 'Käffchen?', das ist absolut authentisch“, versichert Marc Brost gegenüber der Nachrichtenagentur dpa. Der langjährige Politik-Redakteur ist einer von zwei Drehbuchautoren und hat nach eigenen Angaben viele, oft vertrauliche Gespräche mit Beteiligten geführt.
„Wenn es Dialoge sind oder Telefongespräche, dann geht es nur noch darum, was gesprochen wurde – da können Sie nicht den genauen Wortlaut rekonstruieren“, sagt er. „Für uns ging es darum, dass wir exakt sind, was den Inhalt angeht, exakt, was den Zeitpunkt angeht und exakt, was die Form angeht. Also: aggressiv oder passiv, wütend oder ruhig.“
Gesicht von Not und Misstrauen
Noch deutlicher wird die Problematik bei der zweiten Hauptfigur des Films, dem Syrer Mohammad Zatareih, der den Flüchtlingsmarsch vom Budapester Ostbahnhof organisiert. Er gibt den Männern, Frauen und Kindern, die sich in jenen Tagen auf den Weg machen, ein Gesicht – ihrer Not, ihrem Misstrauen gegenüber den ungarischen Polizisten, ihrer Hoffnung auf Deutschland.
Der wahre Zatareih spricht in Interview-Sequenzen, in szenischen Passagen übernimmt wieder ein Schauspieler. Gerade bei den Massenaufnahmen aus Ungarn wird allerdings oft unklar, wann authentisches Filmmaterial in Fiktion übergeht.
Der Merkel-Gegner, der nicht ans Telefon geht
Viel Überraschendes enthüllt der Film daher nicht – auch weil er sich den beiden mysteriösesten Figuren dieses Abends nicht nähert. Die Motivation des ungarischen Ministerpräsidenten Orban, die sich im Lauf dieses Tages offenbar mehrmals geändert hatte, ist weiterhin nicht zu durchschauen. Orban taucht in dem Film nur in Erwähnungen auf, zu Wort kommt die ungarische Seite nicht.
Und auch die Frage nach Horst Seehofer, der später zum größten Gegenspieler Merkels in der Flüchtlingsfrage aufstieg, aber an jenem Abend nicht zu erreichen war, bleibt unklar. „Das gibt es mal in der Politik, dass man glaubt, wenn man nicht ans Telefon geht, ist man nicht Teil der Folgen einer Entscheidung“, mutmaßt de Maiziére. Die drängendsten Fragen zu jenem 4. September 2015 kann „Tag der Entscheidung“ am Ende nur so beantworten: mit Mutmaßungen.
Der Film schiebt Merkel die typische Alternativlosigkeit zu, die diese gerne im politischen Alltagsgeschäft benutzt, um Entscheidung mit einem Totschlagargument begründet. Dabei ist nichts Alternativlos. Deutschland hätte natürlich auch in Ungarn helfen können, ohne auch nur einen einzigen Flüchtling nach Deutschland zu holen, darunter, und das sollten man mal nicht vergessen, Vergewaltiger, Messermörder und nicht zuletzt Terroristen vom Schlage eines Anis Amri. Wir alle haben für Merkels Alleingang einen hohen Preis bezahlt. So schreibt der FOCUS:
Angela Merkel habe die Grenzen geöffnet, werfen ihr Kritiker vor. Dabei war die Grenze schon die ganze Zeit über offen. Aber die Kanzlerin hat entschieden, dass das so bleiben sollte, vor vier Jahren. Ein ZDF-Dokudrama soll zeigen, wie die Entscheidung fiel – und lässt die Grenzen zwischen Realität und Fiktion verschwimmen.
Am Ende eines langen Tages verliert Angela Merkel kurz die Fassung. „Scheiße, verdammt noch mal! 100 Busse?“, flucht sie ins Telefon. Merkel ist gerade wieder in Berlin-Tegel gelandet, den ganzen Tag über nahm sie Termine in Bayern und NRW wahr.
Für das dringendste Thema dieses 4. Septembers 2015 blieb da nur wenig Zeit: Hunderte, vielleicht sogar Tausende Flüchtlinge machen sich gerade zu Fuß von Ungarn aus auf dem Weg nach Deutschland. Ob der ungarische Ministerpräsident Viktor Orban den Menschenstrom gewähren lässt oder ihn mit Gewalt am Weiterziehen hindert, das konnte zunächst keiner einschätzen. Als Orban die verzweifelten Menschen dann mit Bussen an die Grenze nach Österreich karren lässt, geht es um eine andere Frage: Nehmen wir sie auf? Und wenn ja: Wie bekommen wir die alle unter?
Schicksals-Entscheidung im Alleingang
Es ist diese Gemengelage, die der ZDF-Film „Stunden der Entscheidung: Angela Merkel und die Flüchtlinge“ aufgreift, genau vier Jahre nach jenem schicksalhaften Tag. Der Film zeichnet nach, wie es zu Merkels Entscheidung kam, die Grenze nicht zu schließen und die Kriegsflüchtlinge aus Syrien aufzunehmen. Er zeigt auch, wie Merkel diese außerordentliche Entscheidung im Endeffekt im Alleingang treffen musste.
Der Clou an dem Film ist, dass er Realität mit Fiktion vermischt. Zwar spricht das Dokudrama mit vielen Beteiligten wie dem damaligen Innenminister Thomas de Maizière (CDU) oder dem Journalisten Martin Kaul, der in Ungarn vor Ort war. Und Filmaufnahmen von jenem 4. September zeigen die Kanzlerin bei ihren Besuchen an der Technischen Universität München und dem Festakt zum 70. Geburtstag der CDU in Nordrhein-Westfalen. Doch wenn sich Merkel mit ihren Mitarbeitern im Kanzleramt zur Morgenbesprechung trifft oder wenn sie spätabends noch mit ihrer engsten Vertrauten Beate Baumann telefoniert, tritt Schauspielerin Heike Reichenwallner an ihre Stelle.
„Ist mir inzwischen aber auch egal"
Einen Blick hinter die Kulissen will „Stunden der Entscheidung“ damit ermöglichen. Die gestellten Szenen sind handwerklich gut gemacht, die Schauspieler haben ihre Vorlagen genau studiert. Aber wie nahe die inszenierten Szenen an der Realität sind, bleibt unklar. „Ist mir inzwischen aber auch egal, muss er halt mit der Entscheidung leben“, sagt Reichenwallner alias Merkel an einer Stelle über Horst Seehofer, der an jenem Abend nicht ans Telefon geht. Ob Merkel das wirklich so gesagt hat, erfährt der Zuschauer nicht.
Selbst in Szenen, in denen Merkel zwischen zwei Terminen herzhaft in eine Leberkässemmel beißt oder sich über die lauten Müllmänner vor ihrer Wohnung beschwert, ist unklar, was der Fantasie eines Autors entspringt und was auf der Realität fußt. Und so dient die dramatische Darstellung einer übermüdeten Merkel am Telefon eher der Befriedigung eines voyeuristischen Bedürfnisses als einem tatsächlichen Erkenntnisgewinn.
„Das ist absolut authentisch“
„Dass die Morgenrunde damit beginnt, dass Frau Baumann die Kanzlerin fragt 'Käffchen?', das ist absolut authentisch“, versichert Marc Brost gegenüber der Nachrichtenagentur dpa. Der langjährige Politik-Redakteur ist einer von zwei Drehbuchautoren und hat nach eigenen Angaben viele, oft vertrauliche Gespräche mit Beteiligten geführt.
„Wenn es Dialoge sind oder Telefongespräche, dann geht es nur noch darum, was gesprochen wurde – da können Sie nicht den genauen Wortlaut rekonstruieren“, sagt er. „Für uns ging es darum, dass wir exakt sind, was den Inhalt angeht, exakt, was den Zeitpunkt angeht und exakt, was die Form angeht. Also: aggressiv oder passiv, wütend oder ruhig.“
Gesicht von Not und Misstrauen
Noch deutlicher wird die Problematik bei der zweiten Hauptfigur des Films, dem Syrer Mohammad Zatareih, der den Flüchtlingsmarsch vom Budapester Ostbahnhof organisiert. Er gibt den Männern, Frauen und Kindern, die sich in jenen Tagen auf den Weg machen, ein Gesicht – ihrer Not, ihrem Misstrauen gegenüber den ungarischen Polizisten, ihrer Hoffnung auf Deutschland.
Der wahre Zatareih spricht in Interview-Sequenzen, in szenischen Passagen übernimmt wieder ein Schauspieler. Gerade bei den Massenaufnahmen aus Ungarn wird allerdings oft unklar, wann authentisches Filmmaterial in Fiktion übergeht.
Der Merkel-Gegner, der nicht ans Telefon geht
Viel Überraschendes enthüllt der Film daher nicht – auch weil er sich den beiden mysteriösesten Figuren dieses Abends nicht nähert. Die Motivation des ungarischen Ministerpräsidenten Orban, die sich im Lauf dieses Tages offenbar mehrmals geändert hatte, ist weiterhin nicht zu durchschauen. Orban taucht in dem Film nur in Erwähnungen auf, zu Wort kommt die ungarische Seite nicht.
Und auch die Frage nach Horst Seehofer, der später zum größten Gegenspieler Merkels in der Flüchtlingsfrage aufstieg, aber an jenem Abend nicht zu erreichen war, bleibt unklar. „Das gibt es mal in der Politik, dass man glaubt, wenn man nicht ans Telefon geht, ist man nicht Teil der Folgen einer Entscheidung“, mutmaßt de Maiziére. Die drängendsten Fragen zu jenem 4. September 2015 kann „Tag der Entscheidung“ am Ende nur so beantworten: mit Mutmaßungen.
„Stunden der Entscheidung: Angela Merkel und die Flüchtlinge“ ist am heutigen Mittwoch um 20.15 Uhr im ZDF zu sehen. In der Mediathek des Senders ist der Film abrufbar.
Erschienen im FOCUS
Stellungnahme des ungarischen Botschafters Dr. Péter Györkös
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