von Thomas Heck...
Die Polizei hat es zur wirklich schwer. Sie schiebt bei einer unverändert hohen Bedrohungslage Millionen von Überstunden vor sich her und muss mit veralteter Ausrüstung und dümmer Personaldecke wachsende Aufnahmen meistern. Und stösst dabei regelmäßig an ihre Grenzen.
So jetzt in Berlin: Wenn die Polizei einen Mann in seiner Wohnung erschießt, möglicherweise mit den Waffen mehrerer Beamter, dann hallt mehr nach als die Stille nach dem Schuss. Zum tödlichen Einsatz in Neu-Hohenschönhausen am Dienstagabend stellt sich nun heraus, dass der mit einem Messer herumfuchtelnde 25-Jährige eigentlich von einem Spezial-Einsatz-Kommando überwältigt werden sollte – doch das hatte gerade einen Spezialeinsatz gegen mutmaßliche Terroristen in der Fussilet-Moschee in Moabit. Für die Berliner Polizei darf es also nur eine Großlage pro Tag geben, sonst ist sie womöglich nur zu tödlicher Notwehr in der Lage. So ist leider die Gesamtlage.
Da sind dann krude Vorschläge linker Jugendorganisationen wenig hilfreich. Die Landesmitgliederversammlung der Jusos Bremen hatte es in sich: Da wurden gesellschaftlich bedeutsame Anträge auf den Weg gebracht wie die Aufforderung zur Solidarität mit linken Ultra-Fußballfangruppen oder der Einsatz für den Gender-Wahnsinn „Sternchen statt Binnen-I“, weil es doch mittlerweile „ein deutlich größeres Geschlechterspektrum“ gebe. Rund 60, sagt jedenfalls Facebook. Die erwachsene SPD muss einfach stolz auf diese Jugendorganisation sein.
Frieden schaffen ohne Waffen
Doch richtig Aufsehen hat die Jugendvertretung der regierenden Partei in Bremen mit zwei anderen Anträgen erregt: Die Entwaffnung der Polizei, um sie bürgernäher zu machen! Da heißt es im Antrag „Polizei im Land Bremen bürgernäher machen!“ (man beachte das politisch korrekte Binnen-Sternchen):
Kontaktpolizist*innen sollen Ihren Dienst ohne Schusswaffe leisten. Selbstverständlich gilt dies nur für den gewöhnlichen Dienst, in Ausnahmefällen, oder wenn die Waffe zu Demonstrationszwecken benötigt wird, können hier Ausnahmeregelungen geschaffen werden. Bei Demonstrationen sollen Polizist*innen keine Schusswaffen mehr tragen, sofern es nicht eine konkrete Bedrohungslage gibt, die Schusswaffen nötig macht.
Immerhin, völlig schutzlos will man die Beamten nicht lassen. Passiv dürfen sie sich schützen, so großzügig sind die Jusos dann doch:
Deshalb sollte in regelmäßigen Abständen eine Überprüfung der passiven Bewaffnung (Schutzwesten gegen Hiebe, Stiche, Schüsse / Schutzschilder etc.) stattfinden und diese ggf. angepasst werden.
Nur das altbekannte linke Naiv-Lied „Frieden schaffen ohne Waffen“? Im ergänzenden Antrag „Entwaffnung statt Aufrüstung“ geht es dann noch so weiter: „Die Debatte in der Bundesrepublik bzgl. der Bewaffnung der Polizei führt z.Zt. eigentlich nur in eine Richtung. Es geht nur darum, wo die Polizei noch mehr Waffen braucht, sei es mit Maschinengewehren im Streifenwagen oder gleich mit Unterstützung der Bundeswehr. Als Jusos haben wir die Aufgabe, dem eine progressive Haltung entgegenzusetzen. Wir fordern deshalb, dass Polizist*innen im Streifendienst, bei Demonstrationen und Veranstaltungen, während der Bürozeiten und selbstverständlich nach Dienstschluss keine Schusswaffe tragen sollen.“
Der Fortschritt im Sinne der Jusos
Diese fortschrittliche Haltung der Jusos ist bewundernswert. Immerhin sorgen sich die Junglinken – ausgerechnet im Stadtstaat der arabischen Miri-Verbrecherclans und No-Go-Areas – doch ein wenig um die Beamten:
Der Waffenverzicht darf aber auch nicht zu weniger Sicherheit bei den Polizist*innen führen. (…) Zur Umsetzung schlagen wir vor, dass die Polizist*innen auf Streife ihre Waffen in einem Tresor im Wagen deponieren. Selbiges gilt für Beamt*innen die bei Demonstrationen oder Veranstaltungen eingesetzt werden. Zu einem Ablegen der Schusswaffen bei „normalen“ Polizist*innen gehört für uns auch, dass die im Hintergrund stehenden Spezialkräfte deutlich schneller an Einsatzorten sein können müssen.
Wenn man sich etwa an die Demonstration in Bonn 2012 erinnert, bei der ein Salafist Polizisten mit dem Messer schwer verletzte, und sich dann vorstellt, wie die Beamten blutend zum Tresor im Wagen kriechen, verfolgt vom Messerstecher … Auch Situationen wie bei dem islamistischen Terroristen von Würzburg, der mit seiner Axt auf die Polizisten losging, oder die Messerattacke einer 15-Jährigen Islamistin im März auf einen Polizisten, lassen am Realitätssinn der Bremer Jusos zweifeln. Schließlich steigen die Gewalttaten gegen Polizisten – übrigens gerade auch durch Linksradikale – seit Jahren stetig an.
Doch halt! Da war ja noch die Verstärkung im Hintergrund, die bewaffnet sein soll. Die wird also einfach von den Attackierten gerufen – gut, ja, während weiter auf sie eingestochen wird, aber dieses Problem lässt sich sicher durch gutes Zureden beseitigen. „In den Fällen, in denen Polizeibeamte ihre Schusswaffe benötigen, können wir nicht darauf warten, dass eine bewaffnete Spezialeinheit nachrückt! Streifenpolizisten sind fast immer die Ersten an einem Tatort. Einsätze mit Schusswaffen sind keine planbaren Einsätze, sondern entwickeln sich in Sekunden. Die Sicherheit der Kollegen im Einsatz und der Bürger wächst nicht durch eine Entwaffnung, sondern wird stark vermindert“, schrieb dazu der Landesjugendleiter der Jungen Polizei Bremen, Ben Soika.
Abstruse Begründung einer abstrusen Idee
Juso-Landesvorsitzender David Ittekkot begründete die abstruse Idee wie folgt:
Unbewaffnete StreifenpolizistInnen können bürgernäher agieren, da sie von der Bevölkerung weniger bedrohlich wahrgenommen werden. Ebenso wird so die Gefahr vermieden, dass Schusswaffen den BeamtInnen entwendet und gegen sie verwendet werden.
Nach einer Auswertung der Hochschule der Polizei in Münster kam es 2015 bundesweit in 101 Fällen zu Polizei-Schüssen gegen Personen, darunter 48 Warnschüsse. 13 Schüsse gingen fehl, 40 gezielt gegen Personen. Verletzt wurden dabei 22 Menschen, erschossen wurden zehn Menschen, davon neun in Notwehr-Situationen – ähnlich war es in den Vorjahren. Nur ein Drittel der Schützen kann bald danach wieder arbeiten.
Laut einer Stern-Umfrage 2015 sagen 84 Prozent der Deutschen, dass sie der Polizei vertrauen, den politischen Parteien hingegen nur 23 Prozent. 74 Prozent der Deutschen sagten sogar, laut einer aktuellen Umfrage der Bild-Zeitung, dass es in Deutschland zu wenig Polizei gebe und 66 Prozent wünschten sich mehr Präsenz und Kontrollen. Also werden Polizisten von einer riesigen Mehrheit der Bürger gar nicht als Bedrohung wahrgenommen, doch das ficht die Jusos nicht an.
Vorbild Großbritannien, Island und Norwegen?
Denn man verweist hier auf andere Länder:
Vorbild hierfür können Polizist*innen in England (Bobbies), Island oder Norwegen sein. Dort sind die Polizist*innen größtenteils oder zumindest teilweise nicht mit Schusswaffen ausgestattet.
In der Tat: Englische Bobbys tragen traditionell keine Schusswaffen, sondern nur Schlagstöcke – heute meistens auch einen Taser. Dieses System beruht aber auf einer anderen Kultur, mit der die Briten aufwachsen. Sie respektieren ihre Bobbies, ganz anders als in Deutschland. Auch die Idee, dass sich Kriminelle nicht bewaffnen, wenn die Polizei es nicht tut, ist bei der heute grassierenden Skrupellosigkeit internationaler Verbrecher- und Terrorbanden naiv. So denkt man denn auch in Großbritannien seit den Londoner Bombenanschlägen 2005 um. Die Attentate in Frankreich 2016 führten dazu, dass 600 weitere Londoner Polizisten Schusswaffen erhielten und die Zahl der Fahrzeuge mit bewaffneten Beamten verdoppelt wurde.
In Norwegen, in dem Dienstwaffen ungeladen in einem Safe eingeschlossen im Einsatzfahrzeug bereitliegen müssen, ist die norwegische Polizeigewerkschaft gegen die Entwaffnung. „Es dauert viel zu lange, die Waffen aus dem Waffenschließfach im Auto herauszuholen“, mahnte Gewerkschaftschef Sigve Bolstad 2014.
Grundsätzlich anders ist auch die Lage in Island: Erstens haben dort sehr viele Bürger selbst eine Waffe: 90.000 von 334.000 Einwohnern. Zudem fällt die Differenzierung in Ober-, Mittel-, und Unterschicht geringer aus, die Politik ist stark auf Gewaltprävention ausgerichtet und in dem Land werden kaum harte Drogen konsumiert.
Die Reaktionen
Der Shitstorm im Internet für die Jusos blieb nicht aus. „Von allen Vorschlägen*innen aus dem Dunstkreis der Sozialdemokratie, die darauf abzuzielen scheinen, die SPD*in mit Gewalt unter die 5%-Hürde zu zwingen, ist dies der Lustigste“, so Christian Kott auf Facebook.
Bedrohlich werden Polizisten in der Regel von Verbrechern wahrgenommen. Die Jusos sollten ihre Angst vor Polizisten nicht auf die Allgemeinheit projizieren. Wenn Täter so dreist sind, dass sie bewaffneten Beamten die Dienstwaffe entwenden, wie dreist werden die wohl sein, wenn die Beamten nicht mehr bewaffnet sind? Menschen sind immer so dämlich wie ihre Ideologie und in diesem Segment sind die Jusos ganz oben links auf der Liste.
Ein Leser des Weser-Kurier
Nett auch Michael Borgmanns Idee: „Tolle Sache, aber dann sollten die Polizisten alternativ dazu einen Rucksack mit Plüschtieren mitführen. Wenn nämlich ein Terrorist in der Nähe ist: Einfach ein Plüschtier werfen und in die Hände klatschen. Wirkt zu 100 Prozent.“
Ein Polizist blieb ernst: „Die Vorstellung, einen Messerangriff mit dem Schlagstock abzuwehren, ist leider sehr realitätsfremd. Auch bei regelmäßigem Training wird aus Polizisten in seltensten Fällen ein Bruce Lee.“ Weiter schrieb er: „Bei dem steten Personalabbau kann ich zudem über die schnelle Erreichbarkeit von bewaffneten Kollegen leider nur lachen.“ Ein anderer Kommentator schrieb: „Liebe Sozialist*innen, wie wäre es, wenn Ihr dafür einträtet, dass auch die 3500 Mitglieder krimineller Clans in Bremen entwaffnet werden?“
Manche gaben hilfreiche Ratschläge, wie der erzürnte Facebook-User Udo Schöttler:
Wenn man keine Ahnung hat: Einfach mal Fresse halten!
Das beherzigte der Bremer Innensenator Ulrich Mäurer (SPD): Er schwieg vermutlich peinlich berührt, hatte er doch erst kürzlich die Polizei im Stadtstaat wegen der akuten Terrorgefahr mit Langwaffen ausgerüstet.
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