Donnerstag, 2. Oktober 2014

IS-Terror und die Grenzen rechtsstaatlichen Handelns

von Thomas Heck...

Bei der aktuellen Diskussion um das Verhindern der Ausreise, der Wiedereinreise, dem Markieren von Ausweisen, merken wir sehr schnell, dass wir an die Grenzen rechtsstaatlichen Handelns kommen. Wie soll der Staat einem jungen Moslem, der in den Dschihad ziehen will, selbiges beweisen? Dies gilt schon bei der Ausreise, wobei die Lebenserfahrung sagt, dass jemand, der heute nach Syrien oder in den Irak ausreist, dies nicht tut, um dort Badeurlaub zu machen. Er geht zum Kämpfen hin. Fragt sich nur für welche Seite. Ist es ein Salafist, der für den IS Köpfe abschlagen will, sieht die Sache einfach aus. Ein klare Rechtsgrundlage, die Ausreise zu verbieten, erkenne ich auch jetzt nicht. Ist es ein Kurde, der seinen bedrängten Landsleuten zur Hilfe kommen will, kommen wir zudem in ein moralisches Dilemma. Erlauben wir die Ausreise, um die kurdische Zivilbevölkerung zu schützen oder verhindern wir die Ausreise, weil ja ein potentieller Kämpfer ausreist?

Sie können ja nicht in die Köpfe der Menschen schauen. Ich erinnere an Murat Kurnaz, den berühmten Deutsch-Türken, der es für weise befand, kurz nach den Anschlägen des 11.09.2001, als Arbeitsloser eine Reise nach Pakistan zu unternehmen, um dort aus dem Koran zu lernen. Hätte er dies nicht auch in der Abu-Bakr-Moschee in Bremen-Mitte tun können? Dazu musste er nach Pakistan reisen, um eine Pilgerreise zu unternehmen? Wenige Wochen nach 911? Reinhold Beckmann, der Kurnaz 2007 zu seiner Talkshow einlud, traute sich sich nicht, diese Fragen zu stellen. Im Vordergrund standen Berichte aus Guantanamo, Folter und die Rolle der deutschen Behörden. Doch was, wenn Murat Kurnaz nur Glück hatte, als er von pakistanischen Sicherheitskräften festgenommen wurde und nach Afghanistan in die Obhut amerikanischer Sicherheitskräfte abgeschoben wurde, weil er kurz davor stand, sich als terroristischer Kämpfer einen Namen zu machen? Wir werden es nie erfahren, nur Murat Kurnaz kennt die wahre Geschichte. Dennoch bleibt bei mir ein sehr fader Beigeschmack, wenn eine arbeitsloser Deutsch-Türke kurz nach 911 beschließt, ein Koranstudium in Pakistan zu beginnen... wir erkennen hier die Grenzen rechtsstaatlichen Handelns. Hätte man die Ausreise Murat Kurnaz verhindern können? Nein, es fehlte jegliche Rechtsgrundlage. Hätte man ihn wieder einreisen lassen? Natürlich.

Hinzu kommt, dass unsere weitestgehend offenen Grenzen dazu führen, dass die Exekutive gar nicht mehr mitbekommt, wenn ein Bürger ein- oder ausreist. Denn bei aller Kritik an den angeblichen Überwachungspraktiken des deutschen Staates. Wir sind eben kein Überwachungsstaat, wie es die DDR war. Es fehlt an rechtlichen Grundlagen, es fehlt am politischen Willen und es fehlt letztlich an den finanziellen, technischen und personellen Ressourcen. Oder kurz formuliert, wir sind dazu kaum in der Lage. Das Dilemma einer Demokratie. 

Dabei wäre es die Aufgabe des Staates und seiner Sicherheitsorgane für Sicherheit zu sorgen, ohne die persönliche Freiheit einzuschränken. Doch wir haben ja die USA, die für eine weitestgehenden Überwachung die entsprechenden Ressourcen und Fähigkeiten haben und das ist auch gut so. Dass dabei auch mal das Handy der Bundeskanzlerin dran glauben muss, ist halt so. Hätte der BND die Möglichkeit, dass Handy von Obama zu knacken, wir wären dabei. Und warum auch nicht. Die USA versorgen Deutschland als Verbündeten mit wertvollen Geheimdienstinformationen, die sicher auch schon zu Festnahmen und zum Verhindern von Anschlägen in Deutschland geführt haben. Den Beweis hierzu zu führen, ist natürlich schwierig, denn wir reden ja von Geheimdienstinformationen. Dieses Wort an sich impliziert ja den Ausschluss der Öffentlichkeit. Auch wenn ein Christian Ströbele gerne alles offenlegen möchte, gut, dass das nicht getan wird. Aus dem Grunde kann ich auch das Handeln eines Edward Snowden nicht gutheißen. Er ist ein Verräter, der interne geheime Informationen an die Öffentlichkeit weitergegeben hat und dadurch auch für den Tod von Soldaten in Afghanistan und von Informanten zu verantworten hat. Nebenbei hat er die Sicherheit von uns allen gefährdet. In welchem Umfang, ist schwer abzuschätzen, weil auch nicht ganz klar ist, was er wirklich weiß. Unabhängig davon gehört er in Deutschland nicht vor einen Untersuchungsausschuss, sondern festgenommen und an die USA ausgeliefert. Geheimdienste hören ab, dass ist ihre Aufgabe. Punkt.

Wenn der Leser sich jetzt fragt, was dann die Lösung ist, um der Terrorgefahr zu begegnen, so muss ich leider enttäuschen. Ich weiß es auch nicht. Die Tatsache, dass es in Deutschland noch keinen größeren Anschlag im Stile 911, London, Madrid oder Mumbay gegeben hat, zeigt mir, dass entweder unsere Sicherheitsbehörden exzellent arbeiten (was ich glaube) und dass die überwiegende Mehrheit der hier lebenden Muslime eben keine Terroristen sind (was ich ebenfalls glaube). Beides stimmt mich optimistisch.


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