von Dr. Eran Yardeni
Gestern kritisierte ich an dieser Stelle die Berichterstattung des Berliner Tagesspiegels bezüglich der jüngsten Ausschreitungen in den Vororten von Stockholm, die überwiegend von Migranten aus islamischen Ländern bewohnt sind. Wer trotzdem noch der Meinung ist, dass es hier nur um einen Einzellfall geht und nicht um eine Epidemie, wer darauf besteht, dass wir nicht mit einer bewussten oder unbewussten Gleichschaltung der deutschen Presse zu tun haben, der sollte auch die Berichte und die Kommentare der FAZ und der TAZ lesen.
Ebenso wie der Tagesspiegel benutzten auch diese beiden Tageszeitungen eine sterile und „gewaschene“ Terminologie, um jede kulturelle und religiöse Charakterisierung des gewalttätigen Mobs zu vermeiden. So wird der Mob ständig auf relativ wertfreie Stichworte wie „Jugendliche“ und „Einwanderer“ reduziert.
Die FAZ ist in diesem Sinne ein bisschen mutiger als die TAZ. Sie bewies eine bewundernswerte Zivilcourage, als sie auf die afrikanischen Wurzeln der Einwohner in dem Stadtteil „Husby“ hinwies. Selbstredend könnte man, wenn man nur wollte, die randalierende Bevölkerung auch anders charakterisieren. Die Frage, warum ausgerechnet das Prädikat „afrikanisch“ ausgesucht wurde, muss leider offen bleiben, vor allem, weil in diesem Stadtteil auch viele Türken leben.
Dass in dieser Diskussion der Islam als politischer, kultureller und religiöser Bezugsrahmen und als soziologisch gemeinsamer Nenner im Dunkel geblieben bleibt, zeigt uns ganz genau, wie realitätsfremd die deutsche Presse sein kann, wenn ihre Träume von Pluralismus auf die Realität treffen.
Neben diesem Versuch, das Kind auf gar keinen Fall beim Namen zu nennen, um die halluzinierte Welt nicht zu zerstören, zeigt sich eine andere Tendenz, die genau so gefährlich ist. Dieses mal geht es um die Interpretierung und Ideologisierung der Ausschreitungen im gedanklichen Rahmen des sozialistischen Klassenkampfs. Diese Tendenz fällt vor allem in dem Kommentar von Jonas Fröberg in der Taz auf:
„Man muss also gar nicht nach Griechenland oder nach London schauen, um zu erkennen, dass eine derartige Trennung der Gesellschaft hochexplosiv ist – auch die schwedische Regierung sollte die Alarmglocken allerspätestens jetzt gehört haben. Es ist höchste Zeit, etwas gegen Ausgrenzung zu tun und die jungen Menschen in Lohn und Brot zu setzen.“
Das ist der Klassiker: Der Mob wird als ein ausgegrenztes Opfer verstanden. Er agiert nicht, sondern reagiert. Nach Fröberg liegt der Fehler der Regierung nicht darin, dass sie den Mob überhaupt aufgenommen hat, sondern darin, dass sie nicht genug getan hat, um die „Jugendlichen“ zu integrieren. Höchstwahrscheinlich sind die beiden Schulgebäude, die im Lauf der letzten Krawalle von dem Mob “beschädigt” wurden, ein Beleg für die Motivation und für die Bereitschaft dieser Jugendlichen, sich aktiv in die schwedische Gesellschaft einzubringen.
Vor diesem Hintergrund vergleicht Fröberg in seinem Kommentar die Jugendarbeitslosigkeit in Husby mit der Jugendarbeitslosigkeit in reichen Vorstädten wie z.B. in Lidingö oder Djursholm. Das Ziel dieses Vergleiches ist klar. Fröberg scheint der Meinung zu sein, dass man die alten Kategorien des Klassenkampfs benutzen kann, um die heutigen Ausschreitungen in Schweden zu verstehen. Diese Denkweise ist in linken Kreisen sehr populär. Die Krux daran ist, dass diese Denkweise die wichtigsten gesellschaftlichen Merkmale dieser Bevölkerung, die das Scheitern der Integration ziemlich gut erklären können, außer Acht lässt. Anstatt über Migranten aus islamischen Ländern zu reden, spricht man in diesen politischen Kreisen über das Proletariat.
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