Dienstag, 18. August 2020

Wenn das oberste Gericht Deutschlands einen kapitalen Bock schiesst...

von Thomas Heck...

Das Bundesverfassungsgericht sollte als höchste Instanz der richterlichen Gewalt über jeglichen Zweifel erhaben sein. Problematisch wird es dann, wenn einer der höchsten Posten, die dieser Staat zu vergeben hat, in Hinterzimmern ausgeklüngelt wird und am Ende ein Kandidat des Rennen macht, der als Rechtsanwalt und insbesondere als CDU-Bundestagsabgeordneter eben nicht unabhängig agierte. Wenn dann eben jenes Bundesverfassungsgericht auch die Aufgabe hat, die Verfassungsmäßigkeit der Handlungen der Bundesregierung zu prüfen, ergeben sich an der Rechtsstaatlichkeit doch erhebliche Zweifel.

Wenn dann auch noch dieses Bundesverfassungsgericht selbst im Umgang mit der Presse einen zweifelhaften Ansatz gewählt und dafür vom Deutschen Presserat angezählt wird,  sagt das viel mehr über diesen Staat aus, als einem recht sein kann.



Normalerweise ist es Aufgabe des Deutschen Presserats, ethische Verstöße in den Medien anzuprangern. „Presserat rügt Bild-Zeitung“, heißt es deshalb oft, wenn beispielsweise das Boulevardblatt wieder einmal sensationsheischend über Unfälle oder Gewalttaten berichtet hat.

Diesmal geht die Rüge jedoch an einen ungewohnten Adressaten, das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe. Das Gremium wendet sich in einem Brief an den Gerichtspräsidenten Stephan Harbarth und verlangt, allen Journalistinnen und Journalisten künftig den gleichen Zugang zu gerichtlichen Informationen zu gewähren.

Informationen über Urteile gibt es nur für Vereinsmitglieder

Den Anlass bildet ein Tagesspiegel-Bericht über eine Praxis der Karlsruher Öffentlichkeitsarbeit, die über Jahrzehnte im Verborgenen gehalten wurde. Am Abend vor den oft politisch bedeutsamen Urteilen des Gerichts wird für Mitglieder der „Justizpressekonferenz“, eines Karlsruher Journalistenvereins, ein Briefumschlag mit der aktuellen Pressemitteilung zur jeweiligen Entscheidung hinterlegt. Im Gegenzug verpflichten sich die Mitglieder, eine Sperrfrist einzuhalten. Wenn am folgenden Vormittag „im Namen des Volkes“ das Urteil fällt, sind viele Schlagzeilen und Kommentare schon verfasst. Für die „Justizpressekonferenz“ (JPK), allen voran Vertreter der öffentlich-rechtlichen Rundfunksender einschließlich der Nachrichtenagenturen, ein erheblicher Vorteil. Das Nachsehen haben alle anderen Medien, die über keine Korrespondenten in dem Verein verfügen.

Es werde „ein bestimmter Kreis von Journalistinnen und Journalisten privilegiert“, kritisiert der Sprecher des Presserats Volker Stennei in einer Mitteilung vom Montag. Er fordert Gerichtspräsident Harbarth auf, die Praxis der Vorab-Information zu beenden „oder aber so auszudehnen, dass es nicht zu einer Benachteiligung von anderen Journalistinnen und Journalisten kommt.“ Ähnlich hatte sich zuvor schon der Deutschen Journalisten-Verband geäußert.

Rechte der Presse seien durch das Gericht "gefährdet"

Der Presserat geht nun einen Schritt weiter und hält dem Bundesverfassungsgericht exakt jene Regeln vor, über deren Einhaltung zu wachen sonst die Aufgabe der Karlsruher Richterinnen und Richter ist. Denn das Grundgesetz schütze die Presse- und Informationsfreiheit, mahnt Sprecher Stennei. Diese Rechte würden durch die gerichtliche Praxis „gefährdet“.

Auch Linke, AfD und FDP im Bundestag haben schon Bedenken kundgetan. Neben der Ungleichbehandlung kritisieren sie die Verletzung rechtsstaatlicher Fairness. Es sei schwer erträglich, wenn bestimmte Medien vorab vom Urteil erführen, die Prozessparteien selbst jedoch nicht. Vor Gericht konnte es deshalb zu der kuriosen Situation kommen, dass Medienleute etwa mit Vertretern der Bundesregierung Interviews führten, ohne dass selbst diese wussten, was den Journalisten längst bekannt war. Die Eingeweihten achteten darauf, dass von der Praxis nichts nach außen dringt. So gab es offenbar auch in der „Justizpressekonferenz“ eine Zweiklassengesellschaft von „Vollmitgliedern“, die von den Vorab-Infos profitierten, und „Gastmitgliedern“, die zum Teil nicht einmal wussten, dass es diese Praxis gab.

Interne Richtlinien zeigen, wie man aus der Praxis ein Geheimnis machte

Das aus sämtlichen Richterinnen und Richtern bestehende Plenum des Verfassungsgerichts hat gleichwohl im Juni beschlossen, an seiner Öffentlichkeitsarbeit in dieser Form festzuhalten. Die JPK-Mitglieder böten die Gewähr dafür, dass vor Verkündung keine Nachrichten vom Urteil verbreitet würden. Am Montag übersandte das Gericht erstmals die „Richtlinien“, auf denen die Praxis fußt. Darin wird der Wille erkennbar, die an deutschen Gerichten einmalige Praxis möglichst nicht öffentlich werden zu lassen. Eine „allgemeine Veröffentlichung“ dieser Richtlinien sei „nicht notwendig“, heißt es darin. Die ständig bei den Karlsruher Gerichten tätigen Journalisten seien „weitgehend vollzählig“ in der Justizpressekonferenz vertreten. Das Bundesverfassungsgericht könne „aufgrund der bisherigen Justizberichterstattung aus Karlsruhe davon ausgehen, dass sich in Karlsruhe neu hinzukommende Journalisten um eine Vollmitgliedschaft in der Justizpressekonferenz bemühen werden“. Eine solche „Vollmitgliedschaft“ bleibt jedoch laut JPK-Satzung wiederum nur dem kleinen Kreis vorbehalten, der „ständig“ von den obersten Gerichtshöfen des Bundes berichtet. Die Exklusivität des Clubs und das Geheimnis seines Zusammenwirkens mit Deutschlands höchstem Gericht blieb damit gewahrt.





Samstag, 15. August 2020

Des Palästinensers Angst vor Frieden

von Thomas Heck...

Unter weitestgehendem Desinteresse deutscher Medien und Politik gibt es einen historischen Friedensschluss und Aufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen Israel und den Vereinigten Arabischen Emiraten. Die Palästinenser toben und schäumen vor Wut, weil sie merken, dass sie ein Auslaufmodell sind und die wohlhabende arabische Welt sich nicht mehr für sie interessiert. Sie interessiert sich vor allem nicht mehr für die untauglichen, aber seit Jahrzehnten angewandten Methoden des Terrors gegen Israel, der außer Leid nichts gebracht hat, schon gar nicht den eigenen Staat.


Auch in Deutschland wenig lobende Worte über diesen Schritt, der hinter den Annexionsplänen Israels zu verschwinden scheint. Es fehlt bis heute eine historisch korrekte Darstellung, wie es zu den "besetzten" Gebieten kam, wie die rechtliche Agenda aussieht, denn so einfach, wie ARD und ZDF es sehen und in ihrer israelfeindlichen Propaganda verbreiten, ist es nämlich nicht.

Deutschland mag auch nicht die Protagonisten dieser neuen Ära der Zusammenarbeit: Israel Premier Benjamin Netanjahu und US-Präsident Donald Trump. Beides für die öffentlich-rechtlichen Medien, vermutlich auf Weisung der Politik, Hardliner und ultrarechte Falken, an denen kein gutes Haar zu lassen ist. Beide nach Darstellung der Nachrichten immer unter Druck stehend (es wird eng für Trump), denen Erfolge wurden bislang immer verschwiegen.

Dabei ist es gerade Trump, der mit seiner knallharten Linie gegen die Palästinenser sehr erfolgreich agiert hat und durch die Verlegung der US-Botschaft nach Jerusalem, der Anerkennung Jerusalems als Hauptstadt Israels und dem Stopp der Zahlung von Hilfsgeldern an die Palästinenser Bewegung in den Nahen Osten gebracht hat. Letztlich hat er bislang mehr erreciht, als alle Amtsvorgänger vor ihm. Schade, dass die Palästinenser nicht auf diesen Zug aufspringen, der ihnen den gleichen Wohlstand bescheren könnte, wie Israel oder gar den reichen Golfstaaten.

Für Palästinenserführung sind die Friedensvereinbarung  „abscheulicher Verrat“. Es darf kein Frieden mit Israel geben. Während die Palästinenserführung tobt, kommen aus Golfstaaten positive Reaktionen auf den Frieden zwischen Israel und den VAE.




Donnerstag, 13. August 2020

SPD streitet um die besten Plätze an den Fleischtöpfen...

von Thomas Heck...

Wenn es ums Geld geht, fallen auch beim SPD-Politiker die letzten Hemmungen. Umso mehr gilt die alte SPD-Weisheit der Steigerungsform Freund, Feind, Parteifreund. Denn wenn am Ende die Musik ausgeht, soll auch für den letzten Parteigenossen noch ein Pöstchen im Bundestag möglich sein. Und keiner will verzichten. Schon gar nicht Sawsan "Raffzahn" Chebli...

Chebli will in den Bundestag. Doch in der Berliner SPD machen ihr mehrere prominente Kandidaten den sicher geglaubten Wahlkreis streitig. Grund ist ein Dominoeffekt, den Kevin Kühnert ausgelöst hat. Von „asozialem“ Verhalten ist die Rede. 

In der SPD werden die Weichen für den Bundestagswahlkampf im kommenden Jahr gestellt. Nach der Bekanntgabe, dass Vizekanzler Olaf Scholz die Spitzenkandidatur übernehmen soll, rückt nun vor allem die Auswahl der Direktkandidaten der Berliner Landespartei in den Fokus.

Denn im Wahlkreis Charlottenburg-Wilmersdorf droht ein regelrechter Kampf um den Posten. Am Montag hatte der Regierende Bürgermeister Michael Müller angekündigt, dass er für den Wahlkreis kandidieren will. Klar ist schon länger, dass Müller die Führung der Berliner SPD abgibt. Am 31. Oktober wollen sich Bundesfamilienministerin Franziska Giffey und der Berliner SPD-Fraktionschef Raed Saleh als neue Doppelspitze wählen lassen. Darauf hatte sich ein enger Zirkel der Parteispitze mit Müller im Januar geeinigt.

Das Problem: Für die Kandidatur in Charlottenburg-Wilmersdorf hatte sich intern bereits Sawsan Chebli in Position gebracht. Der Kreis ist der Heimatbezirk der Berliner Staatssekretärin für Bürgerschaftliches Engagement. Chebli machte nach Müllers Klarstellung deutlich, dass sie sich eine Bundestagskandidatur weiter offenhält und darüber nach weiteren Gesprächen „sehr bald“ entscheiden wolle. Eine Kandidatur gegen Müller ist also nicht ausgeschlossen. Es scheint: Chebli hat wenig Interesse daran, von ihren Ambitionen abzurücken.


Zumal Müller wohl eigentlich für einen anderen Wahlkreis vorgesehen war: Tempelhof-Schöneberg. Hier jedoch fuhr ihm Juso-Chef Kevin Kühnert in die Parade. Der 31-Jährige erklärte vor einer Woche via Berliner „Tagesspiegel“ seine Kandidatur in dem Wahlkreis, aus dem Kühnert stammt. Mit Kühnert und ihm sei eine „kuriose Situation“ eingetreten, sagte Müller RTL/n-tv mit Blick auf die Lage im Wahlkreis Tempelhof-Schöneberg. „Und irgendwie muss man sich dann eben auch einigen.“ Ein hochrangiger SPD-Politiker nannte das Vorgehen Kühnerts gegenüber der Nachrichtenagentur dpa „asozial“.

Neben Chebli und Müller hat auch der Intendant der Brüder-Grimm-Festspiele, Frank-Lorenz Engel, Interesse an einer Kandidatur in Charlottenburg-Wilmersdorf bekundet. Möglichkeiten, auf andere Bezirke auszuweichen, sind für die Beteiligten rar. In Mitte bringt sich Juso-Landesvorsitzende Annika Klose in Stellung, andere Kreise lassen „keine externen Kandidaten“ zu, berichtet der „Tagesspiegel“.

Am Dienstagabend schlug die Abteilung SPD Ku’damm Chebli als Kandidatin vor. Doch ob sie gegen Müller gewinnen kann, ist fraglich. Eine Lösung ist derzeit nicht in Sicht – auch, weil die Plätze auf der Landesliste zuerst den Direktkandidaten vorbehalten sind. Es droht die Konfrontation. Am Donnerstagabend werden Chebli, Müller und Engel auf der Sitzung des SPD-Kreisvorstands erwartet.




Von dem Maas bis zu der Merkel... die USA sind der neue Feind.

von Thomas Heck...

Auch wenn es uns nicht gefällt und mir durchaus zum Heulen zumute ist, die unverbrüchliche Freundschaft mit den USA ist vorbei. Besonders ärgerlich ist die widerliche Häme, mit der sich Linke, Grüne, SPD und CDU, also der sozialistischen Einheitsfront, wohlwollend selbst auf die Schulter klopfen und mit letzter Energie das vollenden wollen, was schon vor langer Zeit mit der 68er-Bewegung begann und nicht erst mit der Präsidentschaft Donald Trumps. Es bleibt zu hoffen, dass der amerikafeindliche Kurs von Maas und Merkel letztlich nicht allzu hart auf uns zurückschlagen wird. Doch angesichts der zu erwartenden Probleme bin ich da ziemlich pessimistisch. Das Vertrauen in die Bundesregierung besteht schon lange nicht mehr. Und es wäre in der Geschichte nicht das erste Mal, dass es sich eine deutsche Regierung mit dem Rest der Welt anlegt und sich mit falschen Freunden verbündet. Deutschland hat aus zwei Weltkriegen nichts gelernt.


Heikos Liebesgrüße aus Moskau...

Wenn ein deutscher Außenminister ausgerechnet von Moskau aus – Seit‘ an Seit‘ mit dem russischen Außenminister – die USA angreift, dann hat das schon eine besondere Qualität. „Kein Staat hat das Recht, der EU ihre Energiepolitik zu diktieren. Und das wird auch nicht gelingen“, sagte Heiko Maas am Dienstag in Moskau nach einem Treffen mit seinem russischen Kollegen Sergej Lawrow. 

Wenn ein amerikanischer Außenminister zur gleichen Zeit alle Staaten um Deutschland herum besucht, aber nicht in Berlin vorbeischaut, hat das ebenfalls eine besondere Qualität. US-Außenminister Mike Pompeo begann am Dienstag mit einem Besuch in Tschechien eine mehrtägige Reise durch Mitteleuropa. Weitere Stationen sind Slowenien, Österreich und Polen. Deutschland ist demonstrativ nicht dabei. In zahlreichen deutschen Truppenstandorten herrscht derweil schon Heulen und Zähneklappern, weil die USA 12.000 Soldaten abziehen.

Neben der Tatsache, dass Deutschland seinen für die Verteidigung zugesagten Versprechungen nicht nachkommt, geht es aktuell (eigentlich aber schon seit Obama) um das Pipeline-Projekt „North-Stream 2.“ Der Ton erinnert an den kalten Krieg, nur mit umgekehrten Vorzeichen. Damals waren es eher Ulbricht und Breschnew die sich von Moskau aus Diktate der USA verbaten.

Hinzu kommt die arrogante und belehrende Tonalität gegenüber Präsident Donald Trump, die bis hinauf zu Bundeskanzlerin und Bundespräsident reicht. Als der chinesische Ministerpräsident Li bei einem Berlin-Besuch eine Spitze nach der anderen gegen Donald Trump setzte, konnte Angela Merkel, so wurde berichtet, „ihre Genugtuung kaum verhehlen“. Der Anti-Amerikanismus ist der Sekundenkleber einer Nation, die dringend Schuldige für ihren hausgemachten Niedergang sucht. 

Das Drehbuch von Gerhard Schröder

Es klingt derzeit so und es fühlt sich so an, als betrachte man die USA in Berlin bereits als ehemaligen Verbündeten. Anders ist der diplomatische Affront, von Moskau aus Depeschen im Breschnew-Stil an die USA zu senden, nicht zu erklären. Allenfalls noch durch Dummheit, denn es steht außer Frage, wer in dieser Auseinandersetzung am längeren Hebel sitzt.

Der Hintergrund der Pipeline-Auseinandersetzung: Rund ein Viertel der in Deutschland verbrauchten Energie wird durch Gasverbrennung erzeugt. Aus Russland kommen 40 Prozent davon, dieser Anteil soll durch die Pipeline, die bis auf ein Reststück von etwas mehr als 100 Kilometern fertiggestellt ist, noch weiter steigen. Durch den Atomausstieg und den mittlerweile auch geplanten Ausstieg aus der Kohle braucht Deutschland einen Backup für den ohne Not verordneten Zappelstrom aus Wind und Sonne. Nordstream 2 soll die deutsche Energiewende retten, die so gründlich ins Schleudern geraten ist wie weiland der VW-Käfer bei amerikanischen Sicherheitstests (unsafe at any speed).

Der Vorgang entspricht dem Drehbuch, das Gerhard Schröder und die Seinen mit dem „Konsens für einen Ausstieg aus der Atomkraft“ geschrieben haben. „Den Konsens, aus der Atomenergie auszusteigen und in die erneuerbaren Energien massiv einzusteigen, betrachte ich als einen der größten Erfolge meines politischen Lebens“, sagt Schröder. Das kann man durchaus doppeldeutig interpretieren, denn kurze Zeit nach dem Ende seiner Kanzlerschaft heuerte Schröder beim russischen Energieriesen Gazprom an.

Während hierzulande die sichersten Atomkraftwerke der Welt in die Luft gejagt werden, macht man sich gleichzeitig vom „lupenreinen Demokraten“ Wladimir Putin abhängig, dem man andernorts finstere Einmischungen in die inneren Angelegenheiten souveräner Staaten vorwirft. Glaubt jemand im Ernst, Putin macht für Deutschland und Gazprom-Gerhard eine Ausnahme, weil wir so nett sind und Gerhard so blaue Augen hat? 

Auf der Zivilisationsstufe des Hambacher Forstes

Die Amerikaner haben, klar doch, eigene wirtschaftliche Interessen (Flüssiggasexport), halten es aber ansonsten mit dem Media-Markt: „Wir sind doch nicht blöd“. Sie mögen nicht, dass Deutschland sowohl politisch als auch wirtschaftlich immer abhängiger von Russland wird – und dies gilt nicht nur für Trump, sondern auch für US-Demokraten. Im Streitfall könnte Russland damit drohen, den Gashahn zuzudrehen. Und dann befindet sich dieses Land innerhalb von zwei Tagen auf der Zivilisationsstufe des Hambacher Forstes. Kein Land hält einen Blackout durch.

Hinzu kommt: Russland erwirtschaftet durch den Verkauf des Gases jene Milliarden, die es fürs Militär ausgeben kann, um in Europa oder andernorts Frieden zu stiften, siehe Syrien und Ukraine. Deutschland gibt also in den Augen der Amerikaner nicht nur zu wenig für die NATO aus, sondern finanziert auch noch den Erzrivalen Russland. Und deshalb drohen die USA mit massiven Sanktionen gegen alle, die sich an der Fertigstellung der Pipeline beteiligen.

In Wirtschaftskreisen, etwa beim Energiekonzern Uniper, wird ein Scheitern der Pipeline nicht mehr ausgeschlossen. Durch die Sanktionsandrohungen habe „sich die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass es zu Verzögerungen im Bau der Gasleitung oder überhaupt nicht zu einer Fertigstellung kommt“, schreibt Uniper in einem Zwischenbericht für das erste Halbjahr 2020.

Steingarts Morning-Briefing schätzt derweil: „Die von Amerika nach wie vor abhängige Exportnation Deutschland – ökonomisch abhängig, militärisch abhängig und politisch letztlich auch – braucht einen Plan B. Auch ein demokratischer Präsident im Weißen Haus wird die deutsche Energiepolitik nicht retten“. Auch innerhalb der EU hält sich die Begeisterung für den deutschen Nordstream 2-Alleingang arg in Grenzen, Deutschland brachte viele EU-Länder gegen sich auf, darunter die Osteuropäer, allesamt gebrannte Kinder russischer Skrupellosigkeit. Frankreich wurde mit einem der üblichen EU-Kompromisse abgefunden. Ilya Zaslavskiy, Energieexperte der kreml-kritischen Nicht-Regierungsorganisation Free Russia Foundation, analysiert: „Die Pipeline könnte Deutschland zum Status eines Gas-Hub-Landes verhelfen, das aber auf Kosten der anderen Europäer. Das ist weit entfernt vom Prinzip der europäischen Solidarität, das Berlin selbst so lange propagiert hat“. 

Das ideologische Nirvana namens Energiewende stellt mit seinen vorhersehbaren aber nach wie vor ungelösten Problemen nicht nur eine wirtschaftliche Zeitbombe dar. So etwas kommt heraus, wenn man die Lösung komplexer technischer und politischer Fragen an Ethikkommissionen deligiert. Eine Folgenabschätzung fand – wie hierzulande mittlerweile üblich – nicht statt. Und jetzt wird Friede, Freude, Eierkuchen zum sicherheits- und außenpolitischen Molotow-Cocktail.

Deutschland wirft ohne Not eine der ehemals zuverlässigsten Energie-Infrastrukturen auf den Schrott, ohne einen adäquaten Ersatz bereit zu haben. 

Deutschland begibt sich stattdessen in Abhängigkeit von Moskau und flirtet mit China, das gerade in Hongkong zeigt, wie rücksichtslos es Vereinbarungen bricht, wenn es machtpolitisch dazu in der Lage ist.

Deutschland – eine Nation ohne nennenswerte Armee – verprellt durch sein egomanisches Vorgehen nicht nur viele europäische Nachbarn, sondern auch seinen wichtigsten (Noch-)Verbündeten USA. Auch dies ohne Not. 

Anstatt nun zu versuchen, unter Gesichtswahrung wieder aus diesem Loch herauszukommen, gräbt man eifrig weiter, allen voran die SPD. Bevor diese Partei im Orkus verschwindet, scheinen die handelnden Personen noch entschlossen, dem Land maximalen Schaden zuzufügen: „Wir stehen weiter ganz klar hinter dem Bau der Ostseepipeline. Sie ist wichtig für die Energieversorgung in Deutschland“, meint die Ministerpräsidentin von Mecklenburg-Vorpommern, Manuela Schwesig (SPD). Das sagte sie nach einem Treffen Anfang der Woche mit dem Geschäftsführer der „Projektgesellschaft Nordstream 2“, Matthias Warnig. 

Wikipedia beschreibt Warnig in schnörkelloser Sachlichkeit wie folgt: „Artur Matthias Warnig ist ein deutscher Manager, der durch seine vormalige Tätigkeit im Ministerium für Staatssicherheit der DDR und seine Kontakte in Russland eine bedeutende Rolle in den deutsch-russischen Wirtschaftsbeziehungen spielt“. Dass der amerikanische Außenminister um diese Art von besten Freunden einen großen Bogen macht, ist irgendwie nachvollziehbar.





Endlich: Ursache für Übergriffe auf Mädchen und Frauen gefunden...

von Thomas Heck...

Deutsche Journalisten zeichnen sich mittlerweile darin aus, Fakten zu verschleiern und Ross und Reiter nicht zu benennen, was zugegeben allerdings auch eine Leistung ist. Manchmal sind es auch dreiste Lügen oder Unterschlagungen von Infromationen. So will uns die FAZ in einem Artikel erzählen, dass Ursache für Übergriffe auf Mädchen und Frauen "traditionelle Rollenbilder" sind. 

„Genauso wichtig ist es aber, dass wir Geschlechterrollenbilder verändern, die vielen Jungen und Männern immer noch suggerieren, dass es völlig in Ordnung ist, Frauen zu belästigen“. Stereotype und Diskriminierung seien die tiefer liegenden Gründe dafür, dass Mädchen und Frauen sich nicht sicher fühlen können.

Klar. Wer kennt das nicht als Mann, wenn der eigene Vater im Erziehungsgespräch beim abendlichen Bier sagte, dass man ruhig übergriffig auf Frauen sein könne. Vermutlich unter dem nickenden Zustimmen der Mutter. Wenn alte weiße Männer ihre Frauenverachtung an junge weiße Männer weitergeben.

Nun bezieht sich die FAZ auf Aussagen von Maike Röttger, Chefin des Kinderhilfswerks Plan mit einem jährlichen Spendenaufkommen von fast 900 Mio. Euro, die weltweit verausgabt werden. Dass die sich nicht klar zu Übergriffen von Migranten positioniert, erscheint schon fast berufsbedingt. 

Genauso berufsbedingt, dass von der Journaille keiner die Tätergruppen benennt, dass es wieder Blogger von Schlage eines Heck Tickers und andere sein müssen, die Tacheles reden und sich dafür wieder als Nazis beschimpfen lassen müssen und angegriffen werden. Danke dafür. Hier eine Meinung auf Tichys Einblick.
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Viele Mädchen und Frauen fühlen sich in deutschen Großstädten unsicher


Mädchen und Frauen fühlen sich auch in Deutschland nicht sicher, wenn sie im öffentlichen Raum unterwegs sind. Das geht aus einer Online-Befragung des Kinderhilfswerks Plan hervor. Ursache sind auch traditionelle Rollenbilder.

Aufdringliche Sprüche beim Joggen im Park, Verfolgungen auf schlecht beleuchteten Straßen oder unsittliche Berührungen in der U-Bahn: Mädchen und Frauen fühlen sich einer digitalen Umfrage zufolge in Berlin, Hamburg, Köln und München nicht immer sicher. Das geht aus einem Bericht hervor, den das Kinderhilfswerk Plan am Mittwoch in Hamburg vorgestellt hat.

„Unsere Befragung hat deutlich gemacht, dass Mädchen und junge Frauen auch in deutschen Großstädten täglich sexuell belästigt, verfolgt, bedroht und beleidigt werden“, sagte Plan-Chefin Maike Röttger (Maike Röttger auf Twitter). Dadurch werde ihnen ihr Recht verwehrt, sich sicher und frei in ihrer Stadt zu bewegen – um zur Arbeit oder zur Schule zu kommen, sich mit Freundinnen zu treffen oder auszugehen.

Insgesamt haben knapp 1000 Mädchen und Frauen im Alter von 16 bis 71 Jahren von Januar bis März 2020 an der Umfrage teilgenommen. Auf einer interaktiven Karte setzten sie sogenannte Pins an Orte, die sie als sicher oder unsicher erlebt haben.

Demnach ist bereits jede fünfte Teilnehmerin schon einmal Opfer von Gewalt, Verfolgung oder Bedrohung geworden. Die am häufigsten genannten Gründe für ein unsicheres Gefühl sind dabei Begegnungen mit Personengruppen, die Alkohol oder Drogen konsumieren, zudem schlecht beleuchtete Wege und Parks sowie einsame Gegenden, in denen Hilfe im Notfall fehlen würde.

Mit Abstand am unsichersten fühlen sich Mädchen und Frauen „auf der Straße“. Darauf folgen in allen Städten die Ortskategorien „öffentliche Verkehrsmittel“ und „Grünanlagen“. In Hamburg fühlen sich die Mädchen und Frauen vor allem am Hauptbahnhof und auf der Reeperbahn unsicher, in Köln wurde die Mehrheit der negativen Pins eher in der Innenstadt wie zum Beispiel am Neumarkt gesetzt. Auf der Berliner Stadtkarte gibt es dagegen keine einzige Markierung am Hauptbahnhof, dafür häufen sich negative Pins an touristischen Punkten wie dem Alexanderplatz oder in Friedrichshain. In München wurden häufig Parks wie der Englische Garten als unsicher bewertet.

„Müssen Geschlechterrollenbilder verändern“

„Die Umfrage hat gezeigt, dass der Handlungsbedarf groß ist“, sagte Röttger. Jedes Mädchen und jede Frau habe das Recht, sich in der Stadt frei und ohne Angst zu bewegen. Städtebauliche Maßnahmen wie mehr oder bessere Beleuchtung oder das Abschaffen von schwer einsehbaren, düsteren Ecken in Parks wären zum Beispiel ein guter erster Schritt.

„Genauso wichtig ist es aber, dass wir Geschlechterrollenbilder verändern, die vielen Jungen und Männern immer noch suggerieren, dass es völlig in Ordnung ist, Frauen zu belästigen“, sagte Röttger. Stereotype und Diskriminierung seien die tiefer liegenden Gründe dafür, dass Mädchen und Frauen sich nicht sicher fühlen können.

Frauen in deutschen Großstädten fühlen sich nicht sicherer als die in Uganda, Indien oder Peru

Das Kinderhilfswerk hatte die Umfrage 2018 bereits in internationalen Metropolen wie Kampala, Delhi und Lima gestartet. „Vergleicht man die Zahlen, muss man erkennen: Mädchen und Frauen aus den deutschen Großstädten fühlen sich nicht sicherer als die in den Hauptstädten von Uganda, Indien und Peru“, meinte Röttger.

„Viele Mädchen und Frauen zeigen oft aus Scham solche Taten nicht an“, sagte Mirko Streiber, Leiter des Landeskriminalamtes Hamburg. Zwar habe sich das Anzeigeverhalten seit der Metoo-Debatte etwas gebessert, aber es könne noch besser werden.

Tatsächlich ist die Zahl der Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung im Vergleich zum Vorjahr in allen Städten außer München gestiegen (Köln: +5 Prozent, Hamburg: +6,9 Prozent, Berlin: +15 Prozent, München: -11,5 Prozent). Zumindest in Hamburg gehe das aber auf mehr Anzeigen im Bereich der Kinderpornografie zurück, sagte Streiber.









 

Sonntag, 9. August 2020

Der Irrsinn der Gegenwart zusammengefasst von Dr. Curio...





Erdogan... der "Sultan"

von Thomas Heck...

In der Türkei beginnt der Stern des Sultans langsam aber sicher zu sinken. Erdogans Maßnahmen der letzten Monate lassen darauf schließen. Nur in Deutschland hat er noch die Anhänger, die ihm nachhecheln, aus Gründen, die hier in Deutschland sowieso keiner versteht. Es zeigt nur, dass die Integration der Türken der 3. und 4. Generation krachend gescheitert ist, bei denen die Polizei ohne verstärkende Hunderschaften nicht mal ein Parkverbot ungestraft ahnden kann. Dabei sollten gerade die hier sozialisierten Türken froh sein, hier leben zu dürfen. Der FOCIS berichtet über die Zustände in der Türkei unter Erdogan.


Die Corona-Krise treibt die Türkei in den wirtschaftlichen Abgrund. Präsident Recep Tayyip Erdogan greift zu immer radikaleren Mitteln, um die Landsleute dennoch bei Laune zu halten. Seine Methoden könnten auf die komplette Abschaffung der modernen Türkei hinauslaufen.

Als der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan Ende Juli die legendäre Hagia Sophia in Istanbul wieder zur Moschee umwidmete und 350.000 Türken vor dem 15 Jahrhunderte alten Gebäude zum Gebet niederknieten, kam es zum Moment, in dem sich die Türkei von der Moderne verabschiedete. Ali Erbas, Chef des türkischen Religionsamtes Diyanet, schritt die Kanzel der Hagia Sophia empor. Mit einem Schwert in der Hand, dem langen Gewand und dem schleppenden Gang erinnerte er fast an den Chef der Terrormiliz Islamischer Staat, Abu Bakr al-Baghdadi, als dieser in Mossul 2014 das Kalifat ausrief.

Erbas bediente sich sogar des Tonfalls fanatischer Islamisten, als er in seiner Predigt dunkle Drohungen gegen den türkischen Staatsgründer Mustafa Kemal Atatürk ausstieß. Dieser hatte das Land 1923 in die säkulare Moderne geführt und die Hagia Sophia von einer Moschee in ein Museum umgewandelt. Bereits zuvor hatte Präsident Erdogan die Zeremonie zum Triumph des Islam und zum nationalen Sieg über den Westen erklärt.

Zur gleichen Zeit herrschte Gefechtsalarm in der Ägäis. Von Kampfjets begleitet, ließ Erdogan bis zu 18 Kriegsschiffe auslaufen, um nahe der griechischen Insel Kastellorizo nach Erdgas suchen zu lassen. Griechenland antwortete mit der Mobilisierung seiner Flotte. Es fehlte nicht viel, und die Nato-Länder hätten aufeinander geschossen. Bundeskanzlerin Angela Merkel vermittelte. Doch erst als die US Navy einen Flugzeugträger ins östliche Mittelmeer schickte, zog Erdogan seine Schiffe zurück.

Kampf gegen den eigenen Machtverlust

Beide Ereignisse haben den Blick der Welt auf die Türkei gelenkt - und die Kritik an Ankara im Westen massiv verstärkt. Doch solchen Aufruhr im Ausland zu provozieren, sei dem Autokraten hochwillkommen, weil er sie „als Feindseligkeit gegenüber dem türkischen Volk darstellen” und damit die öffentliche Meinung hinter sich einen könne, meint der Chefredakteur des exiltürkischen Nachrichtenportals Ahvalnews, Yavuz Baydar. „Erdogan ist zurzeit klar in der Defensive, aber in äußerst aggressiver Weise. Alles dreht sich darum, seine bröckelnde Macht zu stabilisieren.”

Eigentlich ist der Staatschef dafür bekannt, sich gegen alle denkbaren Bedrohungen zu wappnen. Vor drei Jahren ließ er per Referendum ein Präsidialsystem einführen, weil ihm sein Machterhalt in einer parlamentarischen Demokratie nicht mehr sicher genug erschien. Nur einen Gegner konnte er damals natürlich nicht erahnen: das Coronavirus, das die ohnehin taumelnde türkische Wirtschaft an den Rand des Abgrunds brachte. Die Lage ist ernst.

Corona stürzt die AKP in die Krise

Die Pandemie traf die Türkei hart, auch weil Erdogan lange zögerte, bis er Ausgangssperren verhängte. Die Krise hatte für den Autokraten, seine seit 18 Jahren regierende AKP und deren rechtsextremen Bündnispartner MHP einen beispiellosen Verlust der Wählergunst zur Folge. Laut seriösen Umfragen würde die AKP derzeit kaum 30 Prozent der Stimmen bekommen - ein Absturz von mehr als zehn Prozentpunkten im Vergleich zur Parlamentswahl vor zwei Jahren.

Zwar gilt Erdogan noch immer als der populärste Politiker im Land, aber auch seine Werte verschlechtern sich kontinuierlich. Im direkten Vergleich liegen die möglichen Herausforderer von der oppositionellen sozialdemokratischen CHP, die Bürgermeister Ekrem Imamoglu aus Istanbul und Mansur Yavas aus Ankara, fast gleichauf oder sogar vor ihm.

Wie volatil die Lage ist, hatte Erdogan Ende Juni erfahren müssen. Da brach sein Medienteam eine Livedebatte mit ausgewählten Jugendlichen auf YouTube abrupt ab, nachdem junge Zuschauer den „Gefällt mir- nicht”-Knopf hunderttausendfach angeklickt hatten. Tatsächlich zeigen Meinungsumfragen, dass der Staatschef bei der jungen, internetaffinen Generation Z dramatisch an Zustimmung verliert, weil er für ihre Probleme wie die hohe Jugendarbeitslosigkeit keine Antworten hat.

Auch wenn Erdogans smarter Schwiegersohn und Finanzminister Berat Albayrak ständig vor die Kameras tritt und positives Wirtschaftswachstum verspricht, beweisen die Fakten das exakte Gegenteil: Die Industrieproduktion ist um 31 Prozent eingebrochen. Die Lira fiel zu Wochenbeginn auf den historisch tiefsten Stand gegenüber dem Euro. Der lebenswichtige Tourismus liegt am Boden.

"Heimtückisches" Ausland ist Schuld am Wirtschaftstief

Die Arbeitslosigkeit betrug im April 12,8 Prozent und betraf 3,8 Millionen Menschen - offiziell. Der Gewerkschaftsverbund Disk schätzt die tatsächliche Zahl auf 17,7 Millionen. Manche Ökonomen glauben gar, dass die Türkei kurz vorm Staatsbankrott steht.

In der Not startet der Populist wie stets, wenn er unter Druck steht, multiple Ablenkungsmanöver. Seine Regierung steigert die öffentlichen Ausgaben und macht das „heimtückische” Ausland für den Lira-Absturz verantwortlich.

Die Hagia-Sophia-Inszenierung ist sein bisher massivster Befreiungsschlag. Er soll die religiös-nationalistische Wählerschaft der AKP mobilisieren. Aber es geht um noch mehr. Bewusst hatte Erdogan die Umwandlungsshow auf den Jahrestag des Lausanner Friedensvertrags von 1923 terminiert, mit dem Staatsgründer Atatürk die Grenzen des Landes nach dem Untergang des Osmanischen Reiches sicherte. Erdogan möchte das von den Ultranationalisten als „Zwangsjacke” bezeichnete Abkommen revidieren. Vor einer Expansion nach außen, soll das wohl bedeuten, macht das türkische Regime keinen Halt mehr.

Antiwestliche Kriegsrhetorik

In den nächsten Monaten breche eine Debatte über den Lausanner Vertrag aus, die den Nationalismus ankurbeln und die gesellschaftliche Polarisierung verschärfen werde, prognostiziert der Journalist Baydar. „Die Infragestellung dieses Vertrages und antiwestliche Kriegsrhetorik sollten die Welt alarmieren. Das ist ein radikaler Paradigmenwechsel des politischen Koordinatensystems der Türkei”, sagt er. Doch bisher haben sich weder die EU noch die USA strategisch auf die Gefahr eingestellt.

Erdogans Propagandamaschine läuft seit dem Hagia-Sophia-Event heiß. Wie zur Bestätigung der IS-Analogie forderte das regierungsnahe Magazin „Gercek Hayat” einen Tag nach dem nationalistischen Hochamt auf seiner Titelseite die Rückkehr des Kalifats. Regierungsnahe Kommentatoren verlangen die Wiedereinführung des islamischen Kalenders und des Scharia-Rechtssystems sowie die Verlegung der Hauptstadt zurück nach Istanbul. Vertreter ethnischer und religiöser Minderheiten wie Kurden, Armenier oder Aleviten befürchten bereits eine Welle von Gewalt.

"Freiwillig wird Erdogan nicht gehen" 

In einer Blut-und-Boden-Rede erklärte Erdogan, die Türkei werde von der „gesamten Welt attackiert”. Die Wiedereröffnung der Hagia Sophia als Moschee sei nur der Anfang der Gefechte, „mit der Hilfe Gottes” werde die „mächtige Türkei alle Herausforderungen bewältigen”. Er versprach, „den Job zu Ende zu bringen”.

Gleichzeitig verschärft der Autokrat die Unterdrückung von Medien und Opposition. Seit einigen Wochen verhaften die Sicherheitskräfte wieder deutlich mehr Menschen, vor allem Politiker, Journalisten und Militärs. Um die Verbreitung unabhängiger Informationen zu verhindern, drangsalierte Erdogan am Mittwoch auch die sozialen Medien: Facebook, Twitter und Co. werden zensiert und sollen bei Unbotmäßigkeit mit massiven Geldstrafen belegt werden. Türkische Kommentatoren betrachten die Maßnahmen als Vorbereitungen für vorgezogene Neuwahlen.

Was aber, wenn all das nicht wirkt? Der Krisen-Tsunami macht nun selbst dem erfahrenen Konfliktmanager Erdogan zu schaffen. Offenbar bereitet er sich zu Hause auf neue Unruhen vor. Die Regierungsmehrheit im Parlament beschloss Mitte Juni, bis zu 30 000 Hilfspolizisten mit Schusswaffen auszurüsten. Von einer „paramilitärischen Privatmiliz” spricht die Opposition. „Freiwillig wird Erdogan nicht gehen”, meint der Essener Türkei-Experte Burak Copur. „Falls ihm doch das Heft aus der Hand gleitet, wird dieser Meister der Krisengenerierung das Land weiter polarisieren und destabilisieren, damit ihn die Menschen wiederwählen.”

Und wenn das nicht funktioniert, gibt es immer noch Plan C. Die CHP-Opposition enthüllte jüngst, dass der Clan des Staatschefs offenbar öffentliche Vermögenswerte an die ihm nahestehende Turken-Stiftung in den USA verschiebt. Mehr als 90 Millionen US-Dollar sollen bereits geflossen sein, um einen Wolkenkratzer in New Yorkzu finanzieren und ein Grundstück der Boxlegende Muhammad Ali zu kaufen. „Sie haben Muhammad Alis Farm in Michigan gekauft, weil sie wissen, dass sie in die USA gehen werden, falls sich die Zeiten ändern”, sagte Oppositionsführer Kemal Kilicdaroglu. „Dort konzentrieren sie ihr Vermögen."

Samstag, 8. August 2020

Wasserstoff. Der Heilsbringer? Vermutlich nicht...

von Thomas Heck...

Es klingt wie aus einem Traum. Umweltfreundliche Energie in unbegrenzter Menge erzeugen zu können. Die Idee klingt simpel. Diesem Thema widmete ich bereits in meiner Diplomarbeit in Volkswirtschaft im Jahre 1994 ein ganzes Kapitel. Es hätte so schön sein können. Einfach mit überschüssigem Strom Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff spalten. Den Wasserstoff in flüssiger Form in den Tank von Auto, Bahn oder Flugzeug füllen, durch Verbrennung Strom erzeugen oder über eine Brennstoffzelle direkt Strom erzeugen (so wurden bereits die Apollo-Mondmissionen möglich gemacht, so fahren die modernsten deutschen U-Boote absolut geräuschlos). Das Geniale: Aus dem Auspuff kommt... Wasser. Und, juchhu, wir haben einen Energiekreislauf... so weit so theoretisch. Der Wunschtraum Wasserstoff – aber hierzulande nicht machbar. Ich habe mich damals geirrt.


Die Energiewende kommt nicht voran – im Gegenteil: Die weltweit höchsten Strompreise zahlt der deutsche Kunde. Letztlich wertloser, weil zur Unzeit produzierter grüner Strom wird verramscht oder verschenkt. Das Speicherproblem bleibt ungelöst. Und der Unmut über die rücksichtslose Zerstörung von Landschaft, über die Verwandlung naturnaher Regionen in Industrielandschaften wächst. Zudem droht das Ende der einzigen verlässlichen Quellen der Stromerzeugung: die verbliebenen Kernkraftwerke gehen in den kommenden zwei Jahre vom Netz; den Kohlekraftwerken droht das Aus bis 2038.

Nun will die Bundesregierung mit der im Juni aufgelegten Nationalen Wasserstoffstrategie die grüne Wende wiederbeleben. Mit der ebenfalls im Juni veröffentlichen Studie Zukunft des Wasserstoffs liefert die Internationale Energieagentur (IEA) Schützenhilfe. Wasserstoff, so Umweltministerin Svenja Schulze, sei die „Energie der Zukunft“. Ihre Kollegin, Forschungsministerin Anja Karliczek, hat große Pläne. Man wolle auf dem Gebiet des „grünen Wasserstoffs“ Weltmeister werden, Technologien entwickeln, die weltweit Standards setzen und das Potenzial für neue Exportschlager „Made in Germany“ hätten.

Und langfristig wird Wasserstoff alles richten, jedenfalls, wenn man dem Forschungsstaatssekretär Thomas Rachel folgt. „So soll Wasserstoff die fossilen Brennstoffe großflächig ersetzen“, sagte er anlässlich einer Veranstaltung zum Thema „grüner“ Wasserstoff made in Afrika im Forschungszentrum Jülich, „als Speicher für erneuerbare Energien dienen, Mobilität ermöglichen und die verschiedenen Energiesektoren miteinander koppeln – und das alles effizient und kostengünstig“.

Und all das bis zur Jahrhundertmitte.
Guter Stoff, aber …

Nun hat Wasserstoff, das häufigste chemische Element im Universum, durchaus positive Seiten. Verbrennt man ihn, so rußt er nicht. Auch wird kein Kohlendioxid frei, was die Gegner des Klimawandels freut. In der Brennstoffzelle, der „fuel cell“, liefert er Strom und Wärme und als Abfallprodukt Wasser. In der Sonne ist er Brennstoff der Kernfusion. Sterne bestehen weitgehend aus Wasserstoff, auch unsere Gasplaneten Jupiter und Saturn.


Freier Wasserstoff findet sich in riesigen Wolken außerhalb von Sternensystemen. Leider nicht auf der Erde. Hier ist das H-Atom nahezu immer gebunden. Es steckt im Wasser. Es ist eng mit dem Kohlenstoff verbandelt und findet sich in nahezu allen organischen Verbindungen. Aber Wasserstoffvorkommen, die man, wie Erdgas, anzapfen könnte, fehlen. Wasserstoff ist kein Primärenergieträger wie Kohle, Erdgas oder Uran. Er ist ein Sekundärenergieträger, den man großtechnisch – mittels Strom oder Wärme – erzeugen muss.

Wie man das macht, weiß man schon lange. Die Elektrolyse, die Zerlegung von Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff durch Gleichstrom, entdeckte ein deutscher Chemiker schon vor über 200 Jahren; ein paar Jahrzehnte später realisierte ein englischer Forscher die erste Brennstoffzelle. Ob und wie diese Technologien wirtschaftlich funktionieren, haben Ingenieure und Techniker noch nicht herausgefunden. Das ist der Grund, warum Wasserstoff in der technischen Energiewelt kaum eine Rolle spielt, trotz Weiterentwicklung und Verbesserung der Technologie. In den großen Mengen, die die heutige und die zukünftige Energiewelt benötigt, lässt sich Wasserstoff wirtschaftlich nicht erzeugen, insbesondere dann nicht, wenn dieser auch noch grün, also „klimaneutral“, sein soll.

Ein Nischendasein

Ein paar Zahlen: Weltweit werden derzeit rund siebzig Millionen Tonnen Wasserstoff pro Jahr erzeugt; etwa zwei Millionen Tonnen sind es in Deutschland. Die chemische Industrie verarbeitet davon den größten Teil. Ausgangsprodukt sind sowohl Erdgas und Kohle als auch Wasser. Viel Wärme oder viel Strom sind erforderlich, um den Wasserstoff aus diesen Bindungen zu befreien. Die Natur gibt nichts umsonst.

Aus Erdgas stammen etwa drei Viertel der weltweiten Erzeugung. Mittels Hochtemperaturwärme wird aus Erdgas und Wasserdampf in zwei Schritten molekularer Wasserstoff, das H2-Molekül, extrahiert. Den Weg über die Kohlevergasung nehmen vor allem die Chinesen, die über große Kohlevorkommen verfügen. Die Elektrolyse, das wohl bekannteste Verfahren, liefert nur weniger als ein Prozent des weltweiten Bedarfs. Der Grund ist einfach: Die Elektrolyse ist zu teuer. Ein Kilogramm H2 aus Erdgas kostet weniger als zwei Euro; für Wasserstoff aus der Elektrolyse muss man mehr als das Dreifache zahlen.

Nun hat die Wasserstoffstrategie der Bundesregierung nicht das Ziel, Wasserstoff wirtschaftlich zu erzeugen. In diesem Fall würde man auf Erdgas setzen, das, insbesondere dank Fracking, reichlich vorhanden ist. Wegen der Politik zwanghafter Kohlendioxidvermeidung kommt diese Option nicht infrage: Außer H2 erzeugen die mit Erdgas befütterten Dampfreformer auch das vermaledeite CO2. Man könnte es wohl abtrennen, aber die Wind- und Solarlobby zieht die teure Elektrolyse vor, natürlich nicht mit dem Strom, der derzeit aus der Steckdose kommt und zu großen Teilen aus Kohlekraftwerken stammt.

Mehr als die jährliche Stromerzeugung der Europäischen Union

Deshalb läuft alles auf „grünen Wasserstoff“ hinaus, Wasserstoff, der ausschließlich durch Strom aus Wind und Sonne erzeugt wird. Was man sich damit einbrockt, macht eine einfache Rechnung klar: Die aktuelle, jährlich erzeugte Menge an Wasserstoff entspricht etwa einem Prozent des weltweiten Primärenergiebedarfs. Nicht besonders viel, oder? Wollte man diese Menge allerdings per Elektrolyse erzeugen, so benötigte man laut IEA dafür 3.600 Terawattstunden (TWh) pro Jahr. Das ist mehr als die jährliche Stromerzeugung der Europäischen Union!

Etwa 400.000 Windräder (von je vier Megawatt (MW) und mit Lastfaktor 25 Prozent) müssten den erforderlichen grünen Strom liefern. Zum Vergleich: Mit modernen Kernkraftwerken vom Typ EPR käme man mit weniger als 300 Anlagen aus.

Der Mythos vom überschüssigen Strom

Zurück zur deutschen Energiewende. Vor ein paar Jahren meinte man, den Königsweg gefunden zu haben, um das Speicherproblem der Energiewende zu lösen. Mit Windstrom erzeuge man Wasserstoff, wandele diesen in Methangas um, speichere es im vorhandenen Gasnetz und verstrome es wieder in Gaskraftwerken. Das Verfahren hieß zunächst bieder Windgas, später brezelte man es zu Power-to-Gas (PtG) auf. Geholfen hat es nicht; die Umwandlungskette Windstrom – Windgas – Gasstrom ist hoffnungslos unwirtschaftlich: Bei jedem Schritt geht Nutzenergie verloren; am Ende bleiben nur etwa dreißig Prozent der Ausgangsenergie übrig!

Macht nichts, meinten Wendebefürworter. Wehe der Wind zu stark und scheine die Sonne zu kräftig, dann habe man „Überschussstrom“. Praktisch umsonst. Auch aktuell wird mit dem Mythos vom Stromüberschuss die Unwirtschaftlichkeit des grünen Wasserstoffs heruntergespielt. Aber überschüssiger Windstrom ist natürlich nicht umsonst, wie schon die Praxis zeigt: Ist zu viel Windstrom da, legt der Netzbetreiber Anlagen vorübergehend still. Sie werden „abgeregelt“. Dafür gibt es großzügige Ausgleichszahlungen (710 Millionen Euro im letzten Jahr), die letztlich der Stromkunde trägt.

2019 wurde diese „Ausfallarbeit“, so die offizielle Bezeichnung, mit 11 Cent/kWh vergütet. Die Umwandlungskette Windstrom – Windgas – Gasstrom führt damit locker zu Stromgestehungskosten von über 30 Ct/kWh. Hinzu kommt: Grob geschätzt, tritt die „Ausfallarbeit“ während ein paar hundert Stunden im Jahr auf. Aufgrund der hohen Investitionskosten lassen sich Elektrolyseure allerdings nur wirtschaftlich betreiben, wenn sie jährlich mindestens 4.000 Stunden laufen. Mit wechselhaft auftretenden Stromüberschüssen geht das nicht. Es sei denn, die Bundesregierung griffe zu der für die Energiewende typischen Finanzierung – der Subventionsbazooka.

Was ist geplant?

Neun Milliarden will die Bundesregierung in den kommenden Jahren in die Entwicklung von H2-Technologien investieren. Die EU legt in ihrem Beritt ein Mehrfaches dazu. Gefördert werden soll zunächst der Einsatz von Wasserstoff in der Industrie und im Verkehr. Dafür sollen in Deutschland in den kommenden zehn Jahren Elektrolyseure mit einer Gesamtleistung von fünf Gigawatt entstehen; bis 2035, so der Plan, kommen noch einmal fünf Gigawatt hinzu.

Nun sind fünf Gigawatt an Elektrolyseleistung kein Pappenstiel. Die weltweit größte H2-Elektrolyse-Anlage geht noch in diesem Jahr bei der Raffinerie Rheinland in Wesseling in Betrieb. Bei Investitionskosten von 16 Millionen Euro und einer Kapazität von zehn Megawatt wird die Versuchsanlage pro Jahr 1.300 Tonnen Wasserstoff liefern. Für die Raffinerie ist das ein Klacks. Sie benötigt jährlich rund 180.000 Tonnen Wasserstoff, der vor allem durch Dampfreformierung aus Erdgas gewonnen wird.

Der Strom für die Wesselinger Elektrolyseanlage kommt aus dem Netz und stammt vor allem aus Kohle- und Kernkraftwerken. Nun soll nach Willen von Politik und „Zivilgesellschaft“ in naher Zukunft deutsche Elektrizität ausschließlich aus kohlendioxidfreien Quellen stammen. Keine Kohle mehr, kein Uran. Nur Grünstrom, vorzugsweise aus zigtausend Turbinen, angetrieben von mäßig bewegter Luft.

Theoretisch billig, praktisch hoch subventioniert

Was hieße das für den Wasserstoff? Er wird teuer. Die grüne Lobby betont zwar gerne, dass Strom aus Wind und Sonne schon jetzt beziehungsweise bald konkurrenzlos billig sei beziehungsweise sein werde. „Theoretisch ist es ein Pferd, aber praktisch fällt es einfach um“, würde der Bauer sagen. Theoretisch billig, praktisch hoch subventioniert. Tatsache ist: Aufgrund der schlechten Umwandlungskette wird die H2-Nutzenergie ein Mehrfaches des zu Beginn genutzten, ohnehin schon teuren Grünstroms kosten.

Hohe Betriebskosten der Elektrolyse beklagte schon der Vorstandschef von Sunfire, einem der führenden Hersteller von Elektrolyseanlagen, auf dem BDEW-Kongress 2019. Der hohe Strompreis führe hierzulande dazu, dass sein Unternehmen Projekte derzeit vor allem im Ausland umsetze. Diesen Fehler müsse die Politik beheben, forderte er. Aber wie sollte die Politik das machen? Aufgrund der geringen Leistungsdichte „erneuerbarer Energiequellen“ sind hohe Kosten bei der Energiewende alternativlos. Da helfen nur staatliche Eingriffe und Subventionen, schön formuliert im Strategiepapier:

„Eine faire, an den Klimazielen und den Zielen der Energiewende … ausgerichtete Ausgestaltung der staatlich induzierten Preisbestandteile von Energieträgern stärken die Möglichkeiten zur Erzeugung von grünem Wasserstoff.“ Als „zentrales Leitinstrument“ soll die Einführung einer CO2-Bepreisung für fossile Kraft- beziehungsweise Brennstoffe in den Bereichen Verkehr und Wärme dienen. Man erwäge auch (sicherlich aus Gründen der Fairness), den „zur Herstellung von grünem Wasserstoff verwendeten Strom weitgehend von Steuern, Abgaben und Umlagen“ zu befreien.

Einfach ausgedrückt: Grüner Wasserstoff funktioniert nur mit kräftigen Subventionen und bei Ausschaltung der fossilen Konkurrenz. Irgendjemand bezahlt das natürlich. Aber in Zeiten, wo die EU mit über einer Billion Euro jongliert, wird man um ein paar Milliarden nicht streiten.

Windräder ohne Ende

Ingenieur Ulf Bossel, vormals Gründer des European Fuel Cell Forums, rechnet mit 100 kWh Strombedarf pro erzeugtem Kilogramm H2. Das beinhaltet Elektrolyse, Verflüssigung, Transport, Lagerung und Verteilung. Mit diesem Wert lässt sich grob abschätzen, mit wie vielen Windrädern man in Zukunft bei der grünen H2-Revolution zu rechnen hat. Für die neue Elektrolyseanlage bei der Rheinraffinerie müssten sich das ganze Jahr über etwa zwanzig Windräder drehen. Über zweitausend Windturbinen wären erforderlich, um den gesamten H2-Bedarf der Raffinerie Rheinland zu erzeugen. Und zehnmal mehr Windräder müssten liefern, um die zwei Millionen Tonnen Wasserstoff zu erzeugen, die die deutsche Industrie pro Jahr braucht.

Etwa 20.000 Windräder, um grünen Strom für die derzeitige heimische Jahresproduktion an H2 zu produzieren – die Zahl zeigt, wo es hingeht. Immerhin, trotz vollmundigen Tamtams um die großartige H2-Zukunft lässt die Bundesregierung es langsam angehen. Sie sieht bis 2030 einen H2-Bedarf von circa 90 bis 110 TWh vor. Dieser Wert entspräche annähernd dem aktuellen Verbrauch. Davon sollen vierzehn TWh grüner Wasserstoff sein, erzeugt von Elektrolyseuren mit fünf GW Gesamtleistung und der „erforderlichen Offshore- und Onshore-Energiegewinnung“.

2030 hätte man also einen grünen Anteil an der H2-Produktion von etwa 15 Prozent. Dafür reichen ein paar tausend Windräder aus. Danach sieht es schon anders aus. Sollten bis 2050 (dem angestrebten Null-Emission-Gipfel) die heimischen Stahlwerke und Raffinerien „treibhausgasneutral“, also nur mit grünem Wasserstoff, produzieren, wären wir allein für diese Branchen bei 15 bis 20 Tausend Windrädern angekommen.

Wird die Industrie das überhaupt mitmachen? Wasserstoff aus Erdgas kostet laut IEA-Statistik ein bis drei, aus erneuerbarer Energie drei bis sieben Dollar pro Kilogramm. Energieintensive Unternehmen werden lieber dort produzieren, wo Energie preiswert ist.

Immer noch nicht genug?

20.000 Windräder für den heutigen Wasserstoffbedarf – das klingt schon hinreichend bedrohlich, wenn man sich um heimische Wälder, Küsten und Mittelgebirge sorgt. Das Ausmaß an Hässlichkeit wäre aber nur ein Bruchteil dessen, was tatsächlich auf uns zukäme. Denn was die Industrie heute an H2 verbraucht, macht nur ein paar Prozent des gesamten Verbrauchs an Primärenergie aus.

Der heilige Gral der Klimawandelgegner, die Null-Emissions-Gesellschaft, erfordert, dass der Riesenbatzen an Primärenergie, den heute vor allem fossile Brennstoffe liefern, erneuerbar erzeugt wird. Nehmen wir den Verkehrssektor als Beispiel, wo auch Wasserstoff künftig für Mobilität sorgen soll. Damit befassen sich die globalen Auto-Unternehmen seit einigen Jahrzehnten; etliche mit Brennstoffzellen betriebene PKWs sind weltweit auch schon unterwegs. Spitzenreiter Toyota hat bis Ende letzten Jahres rund 10.000 davon verkauft – Stückpreis etwa 70.000 Dollar.

Toyota, BMW und Hyundai setzen weiter auf H2-PKWs; Honda hat die Entwicklung zunächst einmal gestoppt, VW hat sich ganz davon verabschiedet, und Mercedes will sich, nach dreißig Jahren F&E, auf Wasserstoffantriebe für LKWs beschränken. Die „Fuel Cell“ („fool’s cell“, so soll Elon Musk gelästert haben) im Transport einzusetzen, ist offenbar kein Selbstläufer. Sehen wir einmal von technischen Schwierigkeiten ab und betrachten nur die energetische Seite.

Selbst in der Ökowelt wäre der H2-Antrieb nicht massentauglich

Pro Jahr verbraucht der deutsche Verkehrssektor etwa 770 TWh an Energie. Rund dreimal so viel Energie müsste man aufwenden, um den grünen Wasserstoff zu produzieren und zu verteilen, der PKWs, LKWs oder Busse zum Laufen bringt, nicht zu vergessen Schiffe und Flugzeuge. Das wären über 2.200 TWh pro Jahr, viermal mehr als die deutsche Stromerzeugung. Da braucht man etwa eine Viertel Million Windräder, die für etliche tausend Elektrolyseure grünen Strom liefern müssten. Von Sylt im Norden bis zu den Schwarzwaldhöhen im Süden wäre Deutschland mit Windturbinen vollgestellt.

Selbst in der Ökowelt wäre der H2-Antrieb nicht massentauglich. Bei Fahrzeugen mit Brennstoffzelle kommen nicht mehr als 25 bis 35 Prozent der ursprünglich eingesetzten Ökoenergie an den Autorädern an. Bei Fahrzeugen mit Elektrobatterie sind es dagegen 70 bis 90 Prozent.

Nicht nur das billige Erdgas, sondern auch die (recht teuren) Lithiumbatterien verhindern sinnvolle Anwendungen für grünen Wasserstoff.

Fazit – in Deutschland nicht machbar

Kommt sie, die heimische grüne Wasserstoffwirtschaft? Wenn überhaupt, dann wird es noch lange dauern. Wasserstoff muss erzeugt werden, und zwar mit viel Energie. Am teuersten ist die Elektrolyse, selbst mit konventionellem Strom. Noch teurer wird das Verfahren, wenn man leistungsschwache Quellen wie Wind und Sonne nimmt. Landschaftszerstörung, Flächen-, Material- und Subventionsbedarf wäre enorm und in Deutschland nicht machbar. Deshalb liebäugeln Politiker und Forschungseinrichtungen damit, langfristig grünen Wasserstoff aus Regionen zu beziehen, in denen sich grüner Strom billiger erzeugen lässt. In Betracht kommen Länder wie Island (Wasserkraft), Marokko und weitere nordafrikanische Staaten (Wind und Solar).

Es ist eine Art Neuauflage des Projekts „Desertec“ aus dem Jahr 2009. Riesige Solarkraftwerke in den nordafrikanischen Wüstengebieten sollten Europa mit grünem Strom versorgen. Tausend Terawattstunden pro Jahr waren geplant. Der damalige Siemens-Chef Peter Löscher sprach vom „Apollo-Projekt des 21. Jahrhunderts“. 2014 löste sich die Initiative auf, an der auch Unternehmen wie Siemens, Eon, Bosch oder die Deutsche Bank beteiligt waren.

Übriggeblieben sind lokale Projekte – Solarkraftwerke in Marokko, Ägypten und anderen Ländern. Sie liefern jeweils einige hundert Gigawattstunden pro Jahr, weit entfernt von dem, was die „H2-Revolution“ einmal benötigen wird. Eine zukünftige umfassende Wasserstoffwirtschaft ist genauso illusionär wie die zu 100 Prozent erneuerbare Energiewelt.





Freitag, 7. August 2020

Deutschlandfunk nennt kriminelle Clans künftig Unternehmerfamilien...

von Thomas Heck...

Immer wenn man denkt, es kann nicht schlimmer kommen, kommt der Deutschlandfunk. Diesmal mit einer Geschichte, die man eher beim 1. April verorten könnte. Da werden ab sofort kriminelle Clans "Unternehmerfamilien" genannt, weil "Clan" zu gefährlich klingt. Weil nicht sein kann, was nicht sein darf...

Herkunft spielt in den Medien und bei der Polizei eine große Rolle. Dabei ist es manchmal schwer zu unterscheiden, wer einem kriminellen Clan angehört – und wer einer ehrbaren Unternehmerfamilie, meint die Journalistin Sheila Mysorekar.

Familie lässt niemanden kalt. Man liebt sie, man hasst sie – egal, man hat sie. Wir sind Produkte unserer Familie und unserer Vorfahren, mit allem, was damit einhergeht. 

Nicht für alle jedoch ist die Familie etwas Privates. Ich meine nicht das englische Königshaus, sondern die Bedeutung, die verschiedenen Familien in der Öffentlichkeit zugeschrieben wird. Denn Abstammung ist in Deutschland was ganz, ganz Wichtiges.

Unternehmerfamilie klingt nach Disziplin und Arbeit

Zum Beispiel: Hat deine Familie viel Geld und eine Firma, dann wirst du in eine sogenannte „Unternehmerfamilie“ hineingeboren. In der Übersetzung: Ein Chefsessel wartet auf dich, sofern du ein Sohn bist und dich nicht allzu dämlich anstellst.

Gerade Politiker sagen das Wort „Unternehmerfamilie“ mit einer Mischung aus Ehrfurcht und Unterwürfigkeit. „Unternehmerfamilie“, da schwingt preußische Disziplin und harte Arbeit mit. Nicht zu vergessen: der treue Sohnemann, der den Chefposten von seinem Vater erbt und dabei depressiv wird. Aber das ist halt ein Kollateralschaden bei der Vermögensbildung.

Clan klingt nach Bedrohung

„Unternehmerfamilie“ sagt man aber nur, wenn die betreffende Familie weiß und deutsch ist. Wenn eine libanesische Familie Geschäfte macht und Geld hat, dann nennt man sie „Clan“.

Bei diesem Wort schwingt eine ominöse Bedrohung mit; nix Anstand und Sparsamkeit, sondern illegale Geschäfte. Man muss gar nicht mehr hinzufügen, dass die Familie arabischstämmig ist: Bei dem Wort „Clan“ denken wir an dunkelhaarige Männer mit Goldkettchen und schnellen Autos, die obendrein in der zweiten Reihe parken.

Dies ist das Ergebnis medialen Framings und fragwürdiger Polizeistatistiken. Wie der Journalist Mohamed Amjahid kürzlich für die „Zeit“ recherchierte, sind die rechtlichen Grundlagen für die Erfassung sogenannter krimineller Großfamilien äußerst dünn. In Niedersachsen etwa werden Menschen mit demselben türkischen oder arabischen Nachnamen zu einem „Clan“ zusammengefasst, selbst wenn sie nicht verwandt sind. Auch ein Schulschwänzer, der den gleichen Nachnamen trägt, taucht so in der Statistik über Clankriminalität auf.

Verzerrte Berichterstattung über Kriminalität

Viele Medien tragen zu dieser Wahrnehmung bei. Eine Studie des Mediendienst Integration ergab, dass die Berichterstattung das Thema Ausländerkriminalität extrem verzerrt: Ausländische Tatverdächtige wurden in Fernsehberichten 19 Mal so häufig erwähnt, wie es ihrem statistischen Anteil entspricht, in Zeitungsberichten sogar 32 Mal so häufig.

Hier nimmt ein fataler Kreislauf seinen Gang: Die verzerrte Berichterstattung führt zu dem Eindruck, dass weiße Deutsche weniger kriminell seien – und deswegen wird sogar bei Bagatelldelikten nach dem Stammbaumnachweis gerufen. Besonders laut von rechten Gruppen.

Weiße deutsche Clans

So sieht das auch die Stuttgarter Polizei, ganz weit vorne bei der Ethnisierung von Kriminalität. Sie will von jugendlichen Straftätern – von deutschen Jugendlichen! – den Migrationshintergrund der Eltern ermitteln. Erkenntniswert für die Strafverfolgung: gleich null. Stigmatisierung von Menschen aus Einwandererfamilien: 100 Prozent.

Warum reden wir nicht über die Abstammung weißer deutscher Clans – sorry, Unternehmerfamilien –, etwa bei denen, die Teile ihres Vermögens nachweislich illegal erworben haben? Zum Beispiel, weil sie während der Nazi-Zeit Zwangsarbeiter beschäftigt haben, wie zum Beispiel Familie Quandt aus der Dynastie derer von BMW. Oder bei der massive Steuerhinterziehung eines Klaus Zumwinkel, dessen Vater wiederum ein Geschäft von enteigneten Juden übernahm: Da könnte man doch auch Clan sagen. Und anständige syrische Ehepaare mit einer Bäckerei in Berlin, die nennen wir in Zukunft: Unternehmerfamilie.

Wer hat es geschrieben? Sheila Mysorekar ist Vorsitzende des Vereins „Neue deutsche Medienmacher*innen“, einer Organisation von Journalistinnen, Journalisten, Medienmacherinnen und Medienmachern mit und ohne Migrationsgeschichte. Sie ist indodeutsche Rheinländerin und lebt in Köln. Ihr Studium absolvierte sie in Köln und London und arbeitete als Journalistin (Politik/Wirtschaft), unter anderem in Jamaika, Indien, den USA und vielen Ländern Lateinamerikas, darunter elf Jahre als freie Korrespondentin für die ARD in Argentinien.