von Mirjam Lübke...
Noch führen die Viromanen letzte Rückzugsgefechte, der "Spiegel" liefert Horrorberichte über Spätfolgen von COVID und Karl Lauterbach klammert sich an seine Pandemie wie ein Ertrinkender an einen Rettungsreifen. Ein Teil der wackeren Impf- und Maskenfront ist derweil schon zum nächsten Thema weitergezogen und drängt nun die Öffentlichkeit ebenso vehement zum Frieren für die Ukraine wie vorher zur Spritze. Von letzteren werden wir kaum eine Entschuldigung zu hören bekommen, wahrscheinlich haben sie längst vergessen, was sie Gegnern der Impfpflicht an den Kopf geworfen haben. Sie sind zu sehr mit ihrer neuen Kampagne beschäftigt, die nach einiger Zeit dann höchstwahrscheinlich durch das nächste Problem ersetzt wird, das nur von Deutschland aus gelöst werden kann.
Jedoch: Während der nicht prominente Mediennutzer seinen Kopf relativ leicht aus der Schlinge ziehen kann ("Was schert mich mein Geschwätz von gestern!"), ist das für Journalisten, Ärzte und verantwortliche Politiker nicht so leicht, auch wenn ihnen das gut gefallen würde. Nach und nach kommt all das Verschwiegene ans Tageslicht, was noch im letzten Jahr als Querdenker-Propaganda gegeißelt wurde: Impfschäden, falsche Zahlen zur Bettenbelegung, unnötige Restriktionen gegen die Bevölkerung und anderes mehr. Wir leben derzeit in einer Art Nachkriegssituation: Noch weiß niemand, ob die Verantwortlichen sich einmal vor Gericht verantworten müssen oder alles einfach im Sande verläuft. "Wir werden einander viel verzeihen müssen", meint Ex-Gesundheitsminister Spahn und deutet damit an, dass er eventuell bereit wäre, sich ein bisschen zu entschuldigen.
Aber wieso eigentlich "einander"? Niemand, der sich für Impfung und Maske aussprach - oder das noch immer tut - musste mit dem Verlust seines Jobs rechnen, wurde von Politikern und Ärzten als Terrorist bezeichnet oder wurde aus dem Restaurant geworfen. Die wenigsten Ungeimpften kündigten geimpften Mitmenschen die Freundschaft auf, sondern wollten lediglich ihre Entscheidung selbst treffen. Nachdem nun seit längerer Zeit erwiesen ist, dass die Impfung weder nennenswerten Eigen- noch Fremdschutz bietet, kann zudem niemand mehr behaupten, Ungeimpfte stellten ein Risiko dar. Was sollte man ihnen also verzeihen? Dass sie die Corona-Lobby in die Lage gebracht haben, sich für ihre Fehlentscheidungen entschuldigen zu müssen? Oder dass sie nicht solidarisch Nebenwirkungen in Kauf genommen haben, die weit über ein wenig Übelkeit hinausgingen?
Die Gegenseite, sofern man von ihr überhaupt eine Entschuldigung erhält, benimmt sich unterdessen wie ein Kind, das man zwingt, sich beim Nachbarn zu entschuldigen, weil es dessen Tochter von der Schaukel geschubst hat. Dieses Kind erkennt einfach nicht, was falsch daran war, weil es doch selbst schaukeln wollte. Es quetscht also eine Entschuldigung heraus, wartet aber schon auf die nächste Gelegenheit, Unfug anzustellen. Vielleicht hat es gelernt, sich nicht mehr erwischen zu lassen. Aber was für ein Pech: Ärzte und Politiker fühlten sich so sicher in ihrer Rolle als "Pandemie-Bekämpfer", dass sie ihre Beschimpfungen offen in den Medien vom Stapel ließen. Das ist gut für die Nachwelt dokumentiert. Man versuchte zunächst, diese Archivierung von abwertenden und radikalen Äußerungen als "Menschenjagd" zu diffamieren, aber wer diese selbst betrieben hat, macht sich mit solchen Vorwürfen unglaubwürdig. Montgomery, Strack-Zimmermann und auch Grünen-Querschläger Boris Palmer hatten dermaßen ausgeteilt, dass ein Heben des moralischen Zeigefingers eher lächerlich wirkte. Palmer ging sogar so weit, Ungeimpften die Rentenansprüche streichen zu wollen.
Verzeihen setzt in der Regel eine gewisse Einsicht auf der Seite des Missetäters voraus. Es geht schließlich nicht nur um die Corona-Maßnahmen, sondern auch um die Frage, ob diese Menschen in einer vergleichbaren Situation wieder so handeln würden. Sind sie in der Lage, ihren Fanatismus zu zügeln, wenn die nächste Krise ansteht oder zeigen sie nur Reue, um mit einem blauen Auge aus der letzten herauszukommen?
Es sind ernsthafte Zweifel angebracht, denn in der Ukraine-Krise zeichnet sich bereits wieder Ähnliches ab: Wer anders denkt, ist ein Feind! So lange in Deutschland nicht wieder eine freie Diskussion zu allen gesellschaftlichen Belangen stattfindet, sind alle scheinheiligen Entschuldigungen nichts wert. Es braucht vielmehr die Erkenntnis, wie schnell man von einem allgemeinen Taumel mitgerissen werden kann und blind für alles Abweichende wird.
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