Donnerstag, 13. Oktober 2022

Kann man dem fußballvernarrten Kind verbieten, Schwarz-Rot-Gold zu tragen?

von Thomas Heck...

Wenn Sie mal nicht weiter wissen, dann fragen Sie doch die Süddeutsche Zeitung. Neben dem Drucken antisemitischer Bilder hat sie es sich auch zur Aufgabe gemacht, Menschen in allen Lebenslagen zu helfen. Wenn es Sie also bewegt oder beunruhigt, warum Ihr Kind ein Armband mit den deutschen Nationalfarben tragen will, Sie aber nicht gleich reflexartig auf den kleinen Nazi einprügeln wollen, dann fragen sie die SZ... die hilft:

Von Johanna Adorján

Jenseits von Sportereignissen ist es in Deutschland nicht üblich, sich mit der Nationalflagge zu zeigen. Der siebenjährige Sohn eines Lesers trägt jedoch stolz ein Armband – bis es für den Vater zu einer unangenehmen Situation kommt.

»Mein siebenjähriger Sohn ist großer Fußballfan und liebt seit der EM sein schwarz-rot-goldenes Armband. Als ich ihn neulich zum Training brachte, fiel es von uns unbemerkt auf den Boden. Eine dunkelhäutige Frau hob es auf und machte uns darauf aufmerksam. Ich bedankte mich und lächelte sie freundlich an, doch sie lächelte nicht zurück, im Gegenteil, sie schaute mich indigniert, fast wütend an. Ich kann es mir nicht anders erklären, als dass sie mich wegen des Armbands für ausländerfeindlich hielt. Soll ich meinem Sohn das Armband wegnehmen?« Frank H., München

Gedankenexperiment: Stellen Sie sich vor, diese Frau wäre weiß gewesen. Sie hätte netterweise das Armband aufgehoben und Ihnen gegeben: Hätten Sie sich anschließend auch nur einen einzigen Gedanken darüber gemacht, warum sie nicht auch noch gelächelt hat? Warum sollte sie auch noch lächeln? Sie hat sich doch bereits sehr freundlich verhalten. Es gibt genug Leute, denen es völlig gleichgültig ist, wenn jemand was verliert. Die sich nicht den Stress machen, sich da zu engagieren. Diese Frau jedoch war hilfsbereit. Da sagt man normalerweise Danke, und die Sache hat sich. Sie aber machen sich noch Tage später Gedanken darüber, was der Blick, mit dem diese Unbekannte Sie ansah, bedeutet haben mag. Das legt die Vermutung nahe, dass Sie von ihr angelächelt werden wollten, damit Ihnen dadurch das Gefühl genommen wird, womöglich für jemanden gehalten zu werden, der ausländerfeindlich ist. Was wiederum dafür spricht, dass Sie selbst das Tragen der Deutschlandfarben ums Handgelenk für etwas, na ja, zweifelhaft halten. Klar, Ihr Sohn ist erst sieben, aber Sie sind es ja nicht. Außerhalb der paar Wochen, in denen ein internationales Fußballturnier tobt, ist das individuelle Zurschaustellen der Nationalfarben ja doch ziemlich absurd. Insofern täten Sie Ihrem Sohn bestimmt keinen schlechten Dienst, wenn Sie ihm sein Armband ausreden. Vorübergehend. Ab 20. November ist ja schon wieder WM.

Aber noch mal zurück zu Ihnen und dieser Frau. Vielleicht hatte die einfach einen schlechten Tag. Oder vielleicht waren Sie ihr unsympathisch. Oder sie hat an etwas ganz anderes gedacht. Man kann sich mühelos 100 Gründe vorstellen, warum diese Frau nicht zurückgelächelt hat – und nur einen einzigen, warum Sie so dringend von ihr angelächelt werden wollten. Es ist an Ihnen, an dieser Asymmetrie etwas zu ändern.

Welches Problem treibt Sie um? Schreiben Sie an gutefrage@sz-magazin.de

Meine Frage: Wo findet man solche Journalisten? Hat was von Relotius, weil so einen Müll kann man sich eigentlich gar nicht ausdenken...




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