Donnerstag, 17. Februar 2022

Nachdem Moses Baerbocks Tweet gelesen hatte, musste er sich erst einmal hinsetzen...

von Mirjam Lübke...

Seitdem Annalena Baerbock in Regierungsverantwortung steht, ist mir klar, warum die Grünen sich so vehement für die Einführung der Papiertüte eingesetzt haben. Die Idee muss ein späterer Aussteiger gehabt haben – der verständlicherweise anonym bleiben will – ein Realo, der bereits treffsicher erahnte, was uns dereinst mit der bezaubernden Annalena als Außenministerin blühen würde: Die Notwendigkeit, sich zumindest in den Grenzgebieten Deutschlands bei akutem Bedarf rasch etwas im Supermarkt kaufen zu können, das man sich zur Tarnung über den Kopf ziehen kann. Dann wird man zwar immer noch als deutscher Staatsbürger erkannt, kann aber zumindest nicht persönlich identifiziert werden. Denn jetzt löst die patente Grüne mit dem mädchenhaften Charme einer frischgebackenen Erzieherin auch noch den Nahostkonflikt. Da wird Hans-Dietrich Genscher auf seiner Wolke vor Neid so gelb wie sein Lieblingspulli: Diese Frau ist bei ihrer Mission, die Welt mit sanfter Strenge mit Frieden zu überziehen, einfach nicht zu stoppen. 


Nur, warum muss es ausgerechnet Israel sein, das Opfer ihres Eifers wird? Hat das Volk der Juden denn noch nicht genug gelitten? Da möchte man sich als Israeli fast ins Nachbarland Ägypten retten, um freiwillig bei der Renovierung der Pyramiden zu helfen, weil einem Pharao so schlimm dann plötzlich gar nicht mehr vorkommt. Die Grünen und Israel, das ist zwar kein so angespanntes Verhältnis mehr wie vor dreißig Jahren, als Christian Ströbele in einem Telefonat bekundete, für den „Frieden in Nahost gerne eine Million Juden zu opfern“ – aber auch Annalena Baerbock ist nicht ohne. Da sie immerhin „vom Völkerrecht herkommt“, weiß sie ganz genau, was in Israel rechtens ist und was nicht. Einmal abgesehen davon, dass die Israelis Dinge tun, welche den Grünen in Deutschland absolut zuwider sind – etwa ihre Identität zu bewahren oder ihr Land, ihre Fahne und ihre Sprache zu lieben – haben sie auch, ohne Frau Baerbock um ihre Expertise zu bitten, einfach in einer Region ihre Häuser gebaut, über deren Zugehörigkeit man sich bei den Vereinten Nationen nicht einig ist. Aber zum Glück hat unsere Völkerrechtsexpertin diese Entscheidung jetzt getroffen: Siedlungsbau ist doof, wir sind hier nicht bei den Sims, Schluss mit lustig.

Das ZDF jubelt, es sei ein kritisches Gespräch wie unter Freunden gewesen, bei denen Meinungsverschiedenheiten eben einmal vorkämen. Baerbock hätte endlich klare Worte gefunden, anders als ihr Vorgänger Heiko Maas, der bei der Erziehung der Israelis offensichtlich viel zu lasch vorging. Es reicht eben nicht, wenn sich Deutschland bei fast jeder UN-Abstimmung gegen Israel stellt und seine Feinde mit dem Nötigen zum Bau einer Atombombe auszustatten, man muss auch noch zusätzlich den Zeigefinger heben. Der öffentlich-rechtliche Ableger von al-Jazira lässt es sich auch nicht nehmen, noch einmal den U-Boot-Deal auf den Tisch zu legen, freilich ohne zu erwähnen, dass Israel diese zum Großteil selbst bezahlte und die beteiligte deutsche Werft mit High-Tech-Patenten versorgt wurde. Aber die Ukraine hat nix gekriegt – wie gemein! – das findet das ZDF nicht in Ordnung. Bei Twitter wird Annalena Baerbock bereits von in Deutschland lebenden Palästinensern als Heilige verehrt, diese scheinen nicht mitbekommen zu haben, dass unser Land sich als mit dem jüdischen Staat befreundet betrachtet. Schade, dass es internationalen Diplomatieverkehr keinen „Entfreunden-Button“ gibt – da hätte ich als Naftali Bennett schon mehrmals kräftig draufgehauen. 

Auch wenn es Tradition hat, Staatsgäste Israels zur Gedenkstätte Yad Vashem zu bringen, würde ich mir das an israelischer Stelle bei derart gestrickten Freunden ersparen. Es ist vergebene Liebesmüh, einem Heiko Maas oder Annalena Baerbock vermitteln zu wollen, dass gerade die Erfahrung der Shoah Israel so handeln lässt, wie es handelt. Trotz des immer wieder hervorgekramten U-Boot-Deals kann sich der jüdische Staat gerade auf Deutschland nicht verlassen, wenn es von außen angegriffen wird. Ich kann mich noch gut daran erinnern, dass selbst in der Planungsphase des Iron Dome, der Zivilisten vor palästinensischen Raketenattacken schützt, die damalige Bundesregierung kniff, obwohl es sich um ein reines Verteidigungssystem handelt. Aber auch in zivilen Belangen können Israelis nicht auf Verständnis durch deutsche Linke und Grüne hoffen. Diesen ist der Gedanke, stolz auf die eigene Leistung, etwas aus dem Nichts aufgebaut zu haben, einfach fremd. Sie sehen darin höchstens eine Verpflichtung, alle Nachbarregionen Israels mit Wohltaten zu versorgen, auch wenn diese Tag und Nacht von der Auslöschung des jüdischen Staates träumen. Warum müssen deutsche Gutmenschen ihre „Erkenntnisse“ aus dem Nationalsozialismus ständig den Israelis überstülpen? Es wäre doch ganz interessant, einmal den Verantwortlichen in Damaskus, Ramallah und im nicht ganz so benachbarten Teheran etwas über deutsche Gedenkkultur zu vermitteln: Zum Beispiel über Antisemitismus, aggressive Eroberungspolitik oder Menschenrechte. Allerdings steht zu befürchten, dass dies nach hinten losgehen könnte, betrachtet man die Liebe der „guten Deutschen“ zu toten Juden. Es nützt Israel nichts, wenn Annalena Baerbock in Yad Vashem Krokodilstränen vergießt, dann aber von der israelischen Regierung Schritte verlangt, die Israels Existenz gefährden. 

Sichtlich wohl hat sie sich ohnehin nur in Ramallah gefühlt. Wo sie so freundlich empfangen wurde. Es ist so schön, sich endlich mal kennenzulernen, zum gemütlichen Plauderstündchen mit Präsident Abbas, der seinem Volk seit Jahren freie Wahlen verweigert. Selbstverständlich gibt es hier keinen pädagogisch erhobenen Zeigefinger. Keine Aufforderung, endlich Verantwortung für die Menschen in Gaza zu übernehmen, die nicht im Geringsten von den großzügigen Zahlungen aus Europa profitieren. Oder aber die Hamas zur Raison zu bringen, welche dieses Geld für Raketenangriffe nutzt, anstatt in Gaza eine Infrastruktur aufzubauen. Ein für beide Seiten bequemes Arrangement: Die Bundesregierung folgt weiter der Vorgabe von Abbas, der behauptet, Israel hätte Gaza nie geräumt und verscherzt es sich in Deutschland selbst nicht mit der arabisch-stämmigen Wählerschaft. Abbas hingegen kann weiterhin jedes anstehende Problem von der schlechten Trinkwasserversorgung bis hin zu fehlenden Schulen bequem den Israelis in die Schuhe schieben. Wieder beeinflusst links-grünes Denken die Einteilung in Opfer und Täter, zudem schiebt es der scheinbar stärkeren Seite jede Verantwortung für das Schicksal der angeblich „Schwächeren“ zu. Eigenverantwortung? Fehlanzeige, aber das zieht sich wie ein roter Faden durch die links-grüne Politik. Die Golfstaaten, die inzwischen mit Israel gute diplomatische Beziehungen aufbauen, haben das begriffen. Es wäre wirklich ein Treppenwitz der Geschichte, wenn sich ausgerechnet mit ihnen eine stabile Partnerschaft aufbaut, während Deutschland sich weiterhin in der Rolle des Erziehers Israels sieht. Das kann man auch nicht mit einer umweltfreundlichen Papiertüte tarnen. 

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