Donnerstag, 4. November 2021

FFF geht es nicht ums Klima...

von Thomas Heck...

So wie es der Friedensbewegung nie um Frieden ging, sondern in erster Linie um die Schwächung und Entwaffnung des Westens, so zeigt sich leider, dass Fridays for Future auch nicht das Klima im Sinn hat, sondern in ihrem ideologische Rachefeldzug nicht nur dem Klima, sondern auch der Gesellschaft schadet. Und das ohne jegliche demokratische Legitimation. Greta Thunberg oder ihre deutscher Adlaten Franziska Neugebauer oder Carla Reemtsa, die durch deutsche Talkshows gereicht werden und sich gerieren wie die Retter der Welt.

Doch für das Klima interessieren sich die Aktivisten von Fridays for Future zunehmend für Feminismus, Kolonialismus und «reiche Eliten». Linke schöpfen Hoffnung auf eine späte Rache an den Fabrikschloten – mit freundlicher Unterstützung vom Wettergott. Mit China sind die kleinen Revolutionäre doch auffällig nachsichtig. Erinnert irgendwie an die Mao-Verehrung der linken 68er, die einem millionenfachen Mörder huldigten.


Das Weltklima ist nicht genug: Die Aktivisten von Fridays for Future wollen mittlerweile das ganze System «entwurzeln». So verwies die Bewegung im September in ihrem Aufruf zum internationalen Streik schon in den ersten Sätzen auf andere «sozioökonomische Krisen» wie Rassismus, Sexismus, Behindertenfeindlichkeit und soziale Ungleichheit, die die Klimakrise verstärkten – und forderte neben Reparationszahlungen der «reichsten Eliten» auch einen Schuldenerlass und weltweite Impfgerechtigkeit.

Auch die Aktivisten des Schweizer Klimastreiks sehen in einem sogenannten Neokolonialismus eine direkte Ursache des Klimawandels. Weil der globale Süden aus Profitgier ausgebeutet werde, müsse sich die Klimabewegung mit «indigenen Gruppen und Arbeiter*innen im globalen Süden» solidarisieren und deren Forderungen übernehmen.

Die deutsche Klimaaktivistin Luisa Neubauer hatte im Juli mit Blick auf Armin Laschets unprofessionellen Umgang mit der Flutkatastrophe diagnostiziert, das «fossile Patriarchat» wirke «leicht überfordert».

Die Aktivisten hingegen scheinen vom Klimawandel derzeit leicht unterfordert zu sein. In den vergangenen Monaten haben sie sich die Sprache und die Argumente der sogenannten Intersektionalität angeeignet. Dabei handelt es sich um eine wissenschaftliche Strömung innerhalb der Gender- und Rassismusforschung, die die Wechselwirkungen unterschiedlicher Formen der Diskriminierung untersucht – beispielsweise die Zusammenhänge zwischen sexistischer, rassistischer und religiöser Diskriminierung. Die Aneignung dieser Theorie ermöglicht es, den Kampf gegen den Klimawandel in eine bereits ausformulierte Erzählung einzubetten, in der die Rollen seit Jahrzehnten klar verteilt sind: Junge, möglichst diverse Helden kämpfen gegen alte, weisse, männliche (und bisweilen vermeintlich zionistische) Imperialisten.

Aktivisten im Dilemma ihrer Erzählung

Zwar leben gesellschaftliche Bewegungen seit je von Erzählungen, die spezifische Erfahrungen in politische Forderungen überführen. Doch die Klimaaktivisten stecken dabei in einem Dilemma: Das Beharren auf wissenschaftlicher Exaktheit gehört zu ihrem Wesenskern. Wissenschaftlichkeit wird jedoch durch jede griffige Storyline verwässert. Darum entwickelt sich Fridays for Future von einer Umweltschutz- hin zu einer Gerechtigkeitsbewegung – und bietet ein Einfallstor für alle, die sich auf der Welt sonst noch ungerecht behandelt fühlen.

Begrüsst wird eine solche Interpretation der Klimakrise von linken Akademikern, die sich schon lange darüber ärgerten, dass sich die Arbeiter nicht nach dem marxistischen Fahrplan am Klassenkampf beteiligen wollten. So interessierte sich die bekannte Kapitalismuskritikerin Naomi Klein nach eigener Aussage erst dann für den Klimawandel, als sie darin einen Katalysator für eine «mächtige Massenbewegung» gegen das «zutiefst ungerechte Wirtschaftssystem» ausgemacht hatte.

Ein Übel unter vielen

Dabei ist ein interdisziplinärer Ansatz im ökologischen Kontext durchaus interessant – etwa in Bezug auf Verteilungsgerechtigkeit. Doch gerade weil die Aktivisten stets die enorme Dringlichkeit der Klimakrise herausheben, irritiert es, dass auf einmal genügend Zeit für utopische Bestrebungen da ist: Ausgerechnet jetzt soll sich der Mensch von den Fesseln aller historischen Formen der Unterdrückung lösen und eine moralische Wende einleiten.

Die Intersektionalität lässt den Klimawandel als ein Problem unter vielen erscheinen. Je mehr Übel es zu beseitigen gilt, desto schwerer ist das Ziel zu erreichen: Die gesellschaftlichen Widerstände vervielfachen sich, die Erwartungen der Aktivisten wachsen ins Unermessliche. Allerdings kann man sich mit Pauschalkritik am sogenannten System auch immer leicht aus der Affäre ziehen: Je umfassender eine Kritik ausfällt, desto weniger muss man sich mit konkreten Lösungsansätzen herumschlagen.

Die Klimabewegung kann für sich verbuchen, früh die epochale Relevanz des Klimawandels erkannt zu haben. Damit verfügt sie jedoch nicht zwangsläufig über die Kompetenz, das Problem am besten zu lösen. Wer den Klimawandel instrumentalisiert, um sich historische Genugtuung zu verschaffen, schadet nicht nur dem ökologischen, sondern auch dem gesellschaftlichen Klima: Denn Rache mag manchem persönliche Befriedigung bereiten – gesellschaftliche Befriedung bewirkt sie nicht.



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