Mittwoch, 1. September 2021

135 Millionen für ein... Segelschiffchen...

von Thomas Heck...

Unter Ursula von der Leyen nahm das Unheil seinen Lauf.  Die Bundesmarine wollte ihr Segelschulschiff "Gorch Fock" wieder im neuen Glanz erstrahlen lassen. Was leicht daherkam, entpuppte sich schnell als Rohrkrepierer. Die Kosten liefen dermaßen aus dem Ruder, dass man sich angesichts maroder Staatsfinanzen nur an den Kopf fassen konnte. Man musste schon froh sein, dass die Gorch Fock an der "Evakuierung" in Afghanistan mangels Wasser nicht teilnehmen konnte.


Die jahrelange Sanierung der "Gorch Fock" halten Kritiker für ein Symbol des leichtfertigen Umgangs mit Steuergeld. Wäre ein kompletter Neubau des Segelschulschiffs die schnellere und günstigere Lösung gewesen? 


Es war ein vergleichsweise kleines technisches Problem, das die "Gorch Fock" kurz nach Beginn ihrer ersten Probefahrt nach sechs Jahren Sanierung zu bewältigen hatte. Ein Ventil im Motor war defekt - und das Schulschiff der deutschen Marine musste auf der Weser in Schlepp genommen werden, bevor sie die Fahrt Richtung Helgoland fortsetzen konnte. 

Am Donnerstag wird das Schiff für letzte Arbeiten in Wilhelmshaven erwartet. Ende des Monats soll es schließlich an die Marine übergeben werden - nach einer Serie von Pannen, Bauverzögerungen und Kostensteigerungen, die Kritiker für einen besonders schwerwiegenden Fall von Missmanagement bei öffentlichen Projekten halten.

Zu viel Rost am Rumpf

Rückblick: Als die "Gorch Fock" im November 2015 der Elsflether Werft übergeben wird, sind eigentlich nur kleinere Reparatur- und Instandsetzungsarbeiten geplant. Auf zehn Millionen Euro werden damals die Kosten der nötigen Arbeiten taxiert - also deutlich weniger, als ein Neubau eines vergleichbaren Schiffs kosten würde. 

Doch schon bald stellt sich damals heraus: Diese Summe wird nicht reichen. Immer größere Schäden am Rumpf, an Trägern und Schottwänden stellen die Spezialisten der Werft fest. Mehrfach werden die geschätzten Reparaturkosten hochgesetzt: Erst auf mehr als 12 Millionen, dann auf gut 22 Millionen, schließlich ist von 64 Millionen Euro die Rede. Ein erster Baustopp wird verhängt. 

Schwere Rüge vom Rechnungshof

Als die Sanierung Anfang 2017 bereits bis zu 75 Millionen Euro kosten soll, entscheidet Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen trotzdem, dass die "dass die 'Gorch Fock' weitersegeln soll". Überlegungen der Projektleitung, das Schiff außer Dienst zu stellen, hat ihr Ministerium verworfen - obwohl längst klar ist, dass bis auf den Kiel "fast alles ersetzt werden" muss, wie von der Leyen damals sagt. 

Im Frühjahr 2018 sind die geschätzten Kosten der Instandsetzung auf 135 Millionen Euro hochgeschnellt. Erneut ruhen die Werftarbeiten. Trotzdem bleibt das Verteidigungsministerium bei seinem Beschluss, das Segelschulschiff wieder flottzumachen - statt etwa einen Neubau in Auftrag zu geben. 

Wenig später beginnt der Bundesrechnungshof, den Fall zu untersuchen. In einem Bericht von Anfang 2019 kommt er zu einem verheerenden Urteil - und erhebt schwere Vorwürfe gegen die Verantwortlichen, die das Verteidigungsministerium später im Wesentlichen einräumt. So war vor Beginn der Arbeiten an der "Gorch Fock" weder der Zustand des Schiffs genau untersucht worden, noch hatte das Ministerium geprüft, ob eine Reparatur überhaupt noch wirtschaftlich war.

Ermittlungen der Staatsanwaltschaft

Im Februar 2019 dann der nächste schwere Rückschlag für die Sanierung der "Gorch Fock": Die Elsflether Werft meldet Insolvenz an. Die beiden Vorstände waren zuvor entlassen worden. Das Verteidigungsministerium wirft der Firmenleitung vor, mehrere Millionen Euro nicht an Unterauftragnehmer weitergeleitet zu haben. Die Staatsanwalt Osnabrück nimmt Ermittlungen auf wegen des Verdachts auf Korruption, Betrug und Untreue im Umfeld der Werft. 

Auch wenn aus der Opposition im Bundestag Forderungen laut werden, die Arbeiten am Schiff sofort einzustellen: Die Arbeiten an der "Gorch Fock" sollen weitergehen. Möglich wird das im Herbst 2019, als die Bremer Lürssen-Werft die insolvente Elsflether Werft übernimmt. Das Unternehmen ist spezialisiert auf den Bau von Marineschiffen und Megayachten. Schon mehr als 70 Millionen Euro sind zu diesem Zeitpunkt in die Sanierung des Segelschulschiffs der deutschen Marine geflossen.

Auch bei Lürssen ist kommt es noch zu Verzögerungen des Projekts: Ursprünglich hatte die Werft in Aussicht gestellt, die "Gorch Fock" bereits Mitte 2020 hochseetauglich der Marine zu übergeben. 

Zumindest beim "Kostenrahmen" von 135 Millionen Euro ist es zuletzt geblieben. Allerdings gelten die jahrelangen Arbeiten an dem 1958 in Dienst gestellten Schiff inzwischen als Sanierung, die einem Neubau gleichkommt. So wurde die die Außenhaut zu 80 Prozent ausgetauscht.





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