von Thomas Heck...
Am Wochenende eskalierte (mal wieder) eine Querdenker-Demo, diesmal in Kassel. Doch war dem wirklich so oder unterliegen wir schlichtweg dem Framing der öffentlich-rechtlichen Medien, dem wir argumentativ mittlerweile nahezu reflexartig folgen? Dem scheint so zu sein. Jedenfalls verwundert es schon, dass Teilnehmern an Demonstrationen gegen die Corona-Maßnahmen der Bundesregierung übel aufstösst, was sie abends in der Tagesschau zu sehen bekommt. Hierzu ein interessanter Bericht des Journalisten Boris Reitschuster.
Friedlich und ohne größere Zwischenfälle, Menschen aus der Mitte der Gesellschaft – das war mein Eindruck heute nach mehr als siebeneinhalb Stunden auf den Kundgebungen gegen die Corona-Maßnahmen in Kassel. Ich habe mehrere Livestreams gemacht (eine Zusammenfassung mit meinen Kommentaren finden Sie hier). Umso erstaunter war ich, als ich die Zusammenstellung der Berichte in den großen Medien las, die mir Ekaterina Quehl erstellt hatte. Die gleichen Blätter, die regelmäßig gewalttätige Mobs in Innenstädten als „Party- oder Eventszene“ schönschreiben, sprechen nun von einem „Randale-Mob“ wie etwa die Bild-Zeitung. Das ist eine bewusste Irreführung der Leser. So kann man auch den Tenor in vielen anderen Medien bezeichnen – die zwar korrekt einzelne Fakten wiedergeben, aber durch deren Gewichtung das Geschehen des Tages, so wie ich es erlebt habe, geradezu pervertiert wird.
Selbstverständlich kann ich an einem solchen Tag als Einzelner nur einen Bruchteil des Gesamtgeschehens erfassen. Nach allem, was ich mitbekam, waren aber die geschilderten Gewaltszenen Einzelmomente. Genau wie es einige brutale Festnahmen durch die Polizei gab. Oder einen Angriff auf mich von Antifa-Gegendemonstranten, die mir mein Telefon aus der Hand schlugen, mit dem ich filmte. Man könnte nun, so wie es viele große Medien machen, einen langen Bericht schreiben, mit dem großen Tenor: Massive Polizeigewalt gegen Demonstranten, Übergriff auf kritischen Journalisten. Und nur die entsprechenden Szenen zeigen bzw. alles an diesen fest machen. Doch das wäre genauso irreführend wie die Berichte vieler großer Medien in den Beispielen unten. Die Polizei hat sich etwa im Vergleich mit Berlin sehr deeskalierend verhalten.
Auf großen Demonstrationen wird es leider immer Einzelne geben, die sich daneben verhalten. Wenn man nur lange genug sucht, wird man auch immer unschöne Szenen finden. Diese zu zeigen, ist legitim. Aber sie zum Leitmotiv zu machen, wenn sie nur leise Nebentöne waren, ist Manipulation. Etwa, wenn die öffentlich-rechtliche „Hessenschau“ ein Extra macht mit dem Titel: „Querdenker-Demo – Gewalt eskaliert“. Viele, viele Tausend friedliche Demonstranten mal eben mit einem Sprach-Trick in der Überschrift als „Randale-Mob“ zu diffamieren, ist unseriös. Begriffe wie „selbsternannte Querdenker“ entlarven Dummheit beim Framing-Versuch: „Querdenker“ ist nichts, wozu man sich ernennen kann.
Mein Fazit, als ich gegen 19.30 Uhr nach insgesamt siebeneinhalb Stunden die Demo verließ: Gott sei Dank gab es diesmal kaum gewaltbereiten Störer, die Interesse an einer Eskalation hatten, Gott sei Dank blieb bis auf wenige Momente alles ruhig, die Polizei hat Augenmaß bewiesen; die Demonstranten haben zwar gegen die Auflagen verstoßen und auch die Hygieneregeln weitgehend ignoriert, aber bis auf einzelne Szenen mit hitzigen Provokationen blieb alles sehr friedlich. Umso erstaunter war ich, als ich dann das Gegenteil las in der Presserundschau. Ich schließe nicht aus, dass ich mich völlig irre, dass ich die wesentlichen Momente der Demonstration verpasst habe, und die Berichte der Augenzeugen irreführend gewesen sein können. Aber ich denke, für ein Gesamtbild für alle, die nicht selbst vor Ort waren, ist es wichtig, neben den Berichten der großen Medien auch alternative zu lesen und anzusehen. Um sich dann selbst eine Meinung zu bilden.
Hier der Presseüberblick von Ekaterina Quehl
Polizei stoppt Randale-Mob in Kassel, Tausende „Querdenker“ ohne Masken und Mindestabstand unterwegs, Bild, 15:03, 20.03.2021
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„Kassel – Sie wollen es einfach nicht begreifen! In der Kasseler Innenstadt haben sich am Samstag 10.000 Demonstranten gegen die Corona-Maßnahmen versammelt – wieder mal ohne Masken und ohne Mindestabstand. Die Polizei musste eingreifen.
Bei der Demonstration der selbst ernannten ‚Querdenker‘ kam es zudem zu massiven Auseinandersetzungen zwischen einem randalierenden Mob und der Polizei.
Es kam zu Festnahmen und dem Einsatz von Pfefferspray und Schlagstöcken, als Teilnehmer der Demo versuchten, eine Polizeikette zu durchbrechen. Mehrfach trafen die Demonstranten auch auf Gegenprotestler, es kam vereinzelt zu gewalttätigen Auseinandersetzungen.“
Massive Auseinandersetzungen in Kassel, Tagesschau.de, 20.03.2021 14:54 Uhr
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„Tausende Menschen aus dem Lager der Querdenker demonstrieren in Kassel gegen die Corona-Maßnahmen. Dabei kam es zu Zusammenstößen mit der Polizei. Bei rechtsextremen Kundgebungen in Berlin war die Lage dagegen entspannter als erwartet.
Laut Polizeiangaben waren mehrere Tausend Menschen in der Innenstadt zusammengekommen. Sie missachteten bei einem nicht angemeldeten Demonstrationszug die Anweisungen der Behörden. Nach Angaben der Polizei sind Einsatzkräfte mehrfach angegriffen worden. ‚Solche Angriffe tolerieren wir nicht. Friedlicher Protest sieht anders aus‘, schrieb die Polizei auf Twitter. Es kam zu Festnahmen und dem Einsatz von Pfefferspray und Schlagstöcken, als die sogenannten Querdenker versuchten, eine Polizeikette zu durchbrechen. Es kam auch zu Rangeleien mit Gegendemonstranten. Journalisten wurden angegangen und beschimpft.“
Massive Ausschreitungen bei „Querdenken“-Demo in Kassel, Focus, 20.03.2021, 15:02
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„Bei einer Massen-Demonstration gegen die Corona-Maßnahmen ist es am Samstag in Kassel zu gewalttätigen Auseinandersetzungen mit Polizei und Gegendemonstranten gekommen. Entgegen den gerichtlich bestätigten Auflagen der Stadt versammelten sich Tausende in der Innenstadt und formierten sich zu einem ebenfalls verbotenen Demonstrationszug. Die meisten hielten sich nicht an die Auflage, Mund- und Nasenschutz zu tragen.“
Bis zu 20.000 Corona-Demonstranten in Kassel – Polizei setzt Wasserwerfer ein, welt.de,20.03.2021, 17:31
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„Tausende ‚Querdenker‘ protestieren in Kassel gegen die Corona-Maßnahmen. Auflagen werden missachtet, Videos zeigen massive Auseinandersetzungen mit der Polizei. Die Beamten setzten Pfefferspray und einen Wasserwerfer ein.
Auf einer Großdemonstration gegen die Corona-Eindämmungsmaßnahmen in Kassel hat es am Samstag mehrere gewalttätige Auseinandersetzungen zwischen Protestierenden verschiedener Lager und der Polizei gegeben. Entgegen den gerichtlich bestätigten Auflagen der Stadt versammelten sich Tausende in der Innenstadt und formierten sich zu einem ebenfalls verbotenen Demonstrationszug. Die meisten hielten sich nicht an die Auflage, Mund- und Nasenschutz zu tragen.(…)
Die Polizei berichtete von ‚mehreren Angriffen‘ durch Demonstranten auf Einsatzkräfte. ‚Solche Angriffe tolerieren wir nicht. Friedlicher Protest sieht anders aus‘, schrieb die Polizei auf Twitter. Ein Reporter der Nachrichtenagentur AFP berichtete vor Ort über Rangeleien zwischen Polizisten und Demonstranten. (…)
Am Kasseler Altmarkt hätten Demonstranten die Polizei mit Flaschen beworfen und versucht, eine Absperrung zu durchbrechen, teilte die Polizei mit. Einsatzkräfte hätten daraufhin einen Wasserwerfer eingesetzt.“
Protest in Kassel: +++ Polizei setzt Wasserwerfer ein +++ Mehr als 10.000 „Querdenker“ in der Stadt +++ Straßenbahnverkehr in der Innenstadt lahmgelegt +++,hessenschau.de, 20.03.21 um 15:02 Uhr
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„In Kassel demonstrieren zur Stunde tausende Menschen aus dem Lager der Querdenker gegen die Corona-Maßnahmen. Die Polizei ist mit einem Großaufgebot vor Ort.
Polizei setzt Wasserwerfer ein
An der Kreuzung am Altmarkt musste die Polizei eigenen Angaben zufolge einen Wasserwerfer gegen Teilnehmer der ‚Querdenken‘-Demonstration einsetzen. Zuvor hätten diese versucht, Polizeiabsperrungen zu durchbrechen. Auch sei es zu Flaschenwürfen auf die Beamten gekommen.“
10.000 „Querdenker“ unterwegs – Polizei setzt Wasserwerfer ein, tagesspiegel.de, 20.03.2021, 14:53
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„In Kassel kommt es zu massiven Auseinandersetzungen zwischen Polizei und Demonstranten. Zudem soll ein Fotograf durch einen Faustschlag verletzt worden sein.
Laut Polizei sind inzwischen mindestens 10.000 Demonstranten unterwegs. Die Anweisungen der Behörden würden missachtet. Auch sollen das Tragen von Mund-Nasen-Schutz und Abstandhalten nicht eingehalten werden.
Die Stimmung sei unglaublich aggressiv, berichtet Tagesspiegel-Reporter Julius Geiler. Wie auf Videos zu sehen ist, versuchten ‚Querdenker‘ immer wieder Polizeiketten zu durchbrechen. Die Polizisten setzen Pfefferspray und Schlagstöcke ein. Es gibt auch Festnahmen.“
Corona in Hessen: Gewalt bei Demo in Kassel – Polizei setzt Wasserwerfer, Pfefferspray und Schlagstöcke ein, Fuldaer Zeitung, 20.03.2021, 15:50
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„Die Corona-Lage in Hessen spitzt sich weiter zu. Die Inzidenz stieg. Bei einer Demonstration gegen Corona-Maßnahmen in Kassel kam es am Samstag zu massiven Auseinandersetzungen zwischen den Demonstranten und der Polizei. (…)
Corona in Hessen: Massive Auseinandersetzungen bei Demonstration in Kassel – 10.000 Teilnehmer
Die Polizei in Kassel (beziehungsweise die Versammlungsbehörde) bewertete nach eigenen Angaben die Ansammlung von mehreren tausend Personen am Friedrichsplatz als verbotene Versammlung. Über Lautsprecherdurchsagen erfolgte die Auflösungsverfügung. An der Kreuzung am Altmarkt setzte die Polizei Wasserwerfer ein. ‚Dort kam es zu Flaschenwürfen und es wurde versucht, Absperrungen zu durchbrechen‘, berichtete die Polizei.“
Corona-Demo in Kassel: Teilnehmer attackiert Journalistin – Politiker hinterfragt Zahl der Polizisten, hna.de, 16:50
„16.42 Uhr: Die Situation scheint wieder hässlicher zu werden. Während einer Journalistin soeben der Mund-Nasen-Schutz vom Gesicht gerissen wurde, laufen die Corona-Demonstranten jetzt kreuz und quer über die Fünf-Fenster-Straße. (…)
Völlig unakzeptabel sei, dass die Querdenker die Auflagen offensichtlich nicht einhielten. Der SPD-Politiker stellt infrage, ob genügend Einsatzkräfte vor Ort waren: ‚Ich unterscheide immer zwischen der Arbeit der Polizist*innen und im Einsatz vor Ort und der politischen Verantwortung von Polizeipräsident und Innenminister. Da stellt sich schon die Frage, warum offensichtlich zu wenig Kräfte vor Ort sind.‘
16.27 Uhr: Im übervollem Königstor demonstrieren die Anwohner auf ihre Weise. Die Corona-Demonstranten winken zu ihnen hoch und brüllen ‚Maske runter‘ und ‚Macht das Fenster zu‘. Wieder andere Anwohner jubeln den ‚Querdenkern‘ zu und bekommen dafür Applaus.'“
Erschienen auf Reitschuster.de ...
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