von Thomas Heck...
Wenn es ums Geld geht, fallen auch beim SPD-Politiker die letzten Hemmungen. Umso mehr gilt die alte SPD-Weisheit der Steigerungsform Freund, Feind, Parteifreund. Denn wenn am Ende die Musik ausgeht, soll auch für den letzten Parteigenossen noch ein Pöstchen im Bundestag möglich sein. Und keiner will verzichten. Schon gar nicht Sawsan "Raffzahn" Chebli...
Chebli will in den Bundestag. Doch in der Berliner SPD machen ihr mehrere prominente Kandidaten den sicher geglaubten Wahlkreis streitig. Grund ist ein Dominoeffekt, den Kevin Kühnert ausgelöst hat. Von „asozialem“ Verhalten ist die Rede.
In der SPD werden die Weichen für den Bundestagswahlkampf im kommenden Jahr gestellt. Nach der Bekanntgabe, dass Vizekanzler Olaf Scholz die Spitzenkandidatur übernehmen soll, rückt nun vor allem die Auswahl der Direktkandidaten der Berliner Landespartei in den Fokus.
Denn im Wahlkreis Charlottenburg-Wilmersdorf droht ein regelrechter Kampf um den Posten. Am Montag hatte der Regierende Bürgermeister Michael Müller angekündigt, dass er für den Wahlkreis kandidieren will. Klar ist schon länger, dass Müller die Führung der Berliner SPD abgibt. Am 31. Oktober wollen sich Bundesfamilienministerin Franziska Giffey und der Berliner SPD-Fraktionschef Raed Saleh als neue Doppelspitze wählen lassen. Darauf hatte sich ein enger Zirkel der Parteispitze mit Müller im Januar geeinigt.
Das Problem: Für die Kandidatur in Charlottenburg-Wilmersdorf hatte sich intern bereits Sawsan Chebli in Position gebracht. Der Kreis ist der Heimatbezirk der Berliner Staatssekretärin für Bürgerschaftliches Engagement. Chebli machte nach Müllers Klarstellung deutlich, dass sie sich eine Bundestagskandidatur weiter offenhält und darüber nach weiteren Gesprächen „sehr bald“ entscheiden wolle. Eine Kandidatur gegen Müller ist also nicht ausgeschlossen. Es scheint: Chebli hat wenig Interesse daran, von ihren Ambitionen abzurücken.
Zumal Müller wohl eigentlich für einen anderen Wahlkreis vorgesehen war: Tempelhof-Schöneberg. Hier jedoch fuhr ihm Juso-Chef Kevin Kühnert in die Parade. Der 31-Jährige erklärte vor einer Woche via Berliner „Tagesspiegel“ seine Kandidatur in dem Wahlkreis, aus dem Kühnert stammt. Mit Kühnert und ihm sei eine „kuriose Situation“ eingetreten, sagte Müller RTL/n-tv mit Blick auf die Lage im Wahlkreis Tempelhof-Schöneberg. „Und irgendwie muss man sich dann eben auch einigen.“ Ein hochrangiger SPD-Politiker nannte das Vorgehen Kühnerts gegenüber der Nachrichtenagentur dpa „asozial“.
Neben Chebli und Müller hat auch der Intendant der Brüder-Grimm-Festspiele, Frank-Lorenz Engel, Interesse an einer Kandidatur in Charlottenburg-Wilmersdorf bekundet. Möglichkeiten, auf andere Bezirke auszuweichen, sind für die Beteiligten rar. In Mitte bringt sich Juso-Landesvorsitzende Annika Klose in Stellung, andere Kreise lassen „keine externen Kandidaten“ zu, berichtet der „Tagesspiegel“.
Am Dienstagabend schlug die Abteilung SPD Ku’damm Chebli als Kandidatin vor. Doch ob sie gegen Müller gewinnen kann, ist fraglich. Eine Lösung ist derzeit nicht in Sicht – auch, weil die Plätze auf der Landesliste zuerst den Direktkandidaten vorbehalten sind. Es droht die Konfrontation. Am Donnerstagabend werden Chebli, Müller und Engel auf der Sitzung des SPD-Kreisvorstands erwartet.
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