Samstag, 27. Januar 2018

Zum Holocaust-Gedenktag... wenn Taten das Gedenken verdrängen...

von Thomas Heck...

Deutschland ist Weltmeister im Gedenken. Und im Verdrängen. Denn das Gedenken in Deutschland verdrängt die Verantwortung Deutschland, soll Absolution erteilen. Denn wie kann es anders verstanden werden, wenn wir zwar mit beeindruckenden Gedenkstätten die Erinnerung an den Holocaust aufrecht halten, gleichzeitig aber den palästinensischen Terror gegen Israel finanzieren, mit dem Iran als Todfeind Israels eng zusammenarbeiten, der Israel ganz offen mit atomarer Vernichtung droht, die Hauptstadt Israels Jerusalem zusammen mit den Feinden Israels nicht anerkennt und mit der illegalen Migration tausendfach arabischen Antisemitismus ins Land holt? Diese Taten konterkarieren das Gedenken und führen es ad absurdum. Da kann Kai Diekmann argumentieren wie er will. Er hat ja recht und irrt sich dennoch gleichzeitig Von der Ritualisierung der Gedenkkultur:



Das riesige, vollkommen unvorstellbare Ausmaß des Holocaust verengt sich im Konzentrationslager Buchenwald auf kleine vierzig Zentimeter. Kaum vier Handbreit Platz im Bretterverschlag hatte Elie Wiesel im KZ. Neben, über und unter ihm lagen mehrere Dutzend andere Männer, gestapelt wie Tiere, viele halb nackt trotz Minusgraden. Ein Jahr Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau hatte Elie Wiesel da schon hinter sich und die Hälfte seiner Familie in Gaskammern verloren. Ein Foto vom Tag der Buchenwald-Befreiung zeigt den späteren Friedensnobelpreisträger ausgezehrt im Todeslager. 

Erst 15 Jahre alt war Elie Wiesel damals, so alt wie heute ein Acht- oder Neuntklässler in einer deutschen Schule. Vielleicht sprach der Holocaustüberlebende deshalb später so oft und so intensiv gerade mit Schülern über diese wenigen Zentimeter Holzpritsche im Konzentrationslager, über sein Erleben und Erleiden dort. Tief bewegende Gespräche über den 15 Jahre alten KZ-Häftling Elie Wiesel waren das, aus denen jeder Schüler emotional erschüttert und verändert herauskam, von da an mit einem anderen Verständnis und Empfinden für die deutsche Verantwortung für den Holocaust. 60 Minuten eines solchen Zeitzeugenberichts machten mehr mit einer Schulklasse, als die unvorstellbare Opferzahl von sechs Millionen Juden jedes Jahr wieder im Geschichtsbuch zu lesen.

Dieselbe erschütternde, persönliche Erinnerung an den Holocaust können jetzt, da die meisten Zeitzeugen wie Elie Wiesel verstorben sind, kommenden Schulklassen nur noch die Leidensorte vermitteln: die früheren Konzentrationslager. Die Überreste von Gaskammern. Einmal die Kälte und Enge von Elie Wiesels Bretterverschlag im KZ Buchenwald selbst unmittelbar empfinden. Nur das selbsterlebte Entsetzen an den authentischen Orten macht die Taten des Holocaust unverwischbar. Deshalb muss für jeden Schüler, der in Deutschland eine Schule besucht, ein Besuch in der Gedenkstätte eines Konzentrationslagers Pflicht werden.


Nicht nur das Gewissen, auch das Herz fordern

Es muss nicht Auschwitz-Birkenau sein: Die Erfahrung, die Orte wie Buchenwald, Dachau oder Bergen-Belsen vermitteln, dass nämlich der Völkermord an den Juden mitten in Deutschland ausgeführt wurde, ist mindestens ebenso eindrücklich. Wichtig ist vor allem, dass gerade wir Deutsche als Tätervolk unbedingt die emotionale, die aufrüttelnde Form der Erinnerung an den Holocaust aufrecht erhalten. Denn sie macht als einzige Menschen aktiv. Sie fordert das Herz, nicht bloß das Gewissen, dazu heraus, eine Haltung zum deutschen Massenmord zu entwickeln. Allein die aufschreckende Erinnerung an den Holocaust bewirkt, dass deutsche Schüler aus einem tiefen Bedürfnis heraus Verantwortung für die Vergangenheit übernehmen und nicht nur, weil es sich halt so gehört. Diese Form der Erinnerung ist die einzige Form, die dem größten Zivilisationsbruch der Geschichte gerecht wird, dem Völkermord an mehr als sechs Millionen Juden, und der deutschen Verantwortung dafür.

Nun werden viele mit den Augen rollen und sagen, dass es unnötig sei, Jugendliche mit Absicht durch einen KZ-Besuch zu traumatisieren. Dass es schließlich in jedem Dorf und jeder Stadt überall sichtbares Holocaust-Gedenken gebe, in Form von Mahnmalen, Stolpersteinen und Gedenktafeln. Dass beinahe jeden Monat in Deutschland mit Reden der Judenverfolgung durch die Nazis gedacht werde, heute zum Beispiel am Holocaustgedenktag, im Mai zum Kriegsende, im November anlässlich der Reichspogromnacht. Einige Lehrer werden vielleicht sogar argumentieren, dass sie ja ohnehin schon jedes Jahr im Geschichtsunterricht den deutschen Völkermord an den Juden zum Thema machen. 

Wer einen Beweis braucht, dass so ein pflichtschuldiges, formalisiertes Gedenken an die Opfer des Holocaust nur sehr wenig in deutschen Jugendlichen auslöst, sollte eine Studie des Forsa-Instituts und der Körber-Stiftung aus dem vergangenen Jahr lesen: 41 Prozent der deutschen Schüler über 14 Jahren, heißt es da, haben keine Ahnung, was Auschwitz einmal war. Fast die Hälfte verbindet mit diesem wichtigsten Schicksalsort der deutschen Geschichte also nichts, nicht einmal Faktenwissen. Trotz Schulunterricht und in Stein gehauener Mahnmale.

Manche werden außerdem argumentieren, dass ein verpflichtender Besuch in einem früheren Konzentrations- oder Vernichtungslager deutschen Schülern die Erinnerung mit unangemessenem Zwang beibringt. Dass ein Blick in die Gaskammern sie absichtlich traumatisiert. Denen sei gesagt, dass in Schulen vieles, das deutlich weniger zentral für die deutsche Identität ist als das Holocaust-Gedenken, mit mehr Zwang in Kinderköpfe gepresst wird. Aktives Holocaust-Gedenken kann gerade in Deutschland kein Wahlfach sein.

Ohne Empathie finden Fakten nicht zum Herzen

Zuletzt kann ein Pflichtbesuch in einem früheren Konzentrationslager auch denen einen Zugang zu unserer Vergangenheit geben, die bisher bei freiwilligen Besuchsfahrten oft fehlen: muslimischen Migranten in zweiter oder dritter Generation und Flüchtlingen, die mutmaßlich ihren Antisemitismus mit nach Deutschland bringen. „KZ-Besuche sollten zum Bestandteil von Integrationskursen werden“, fordert denn auch die Berliner Staatssekretärin für bürgerschaftliches Engagement, Sawsan Chebli (SPD). So will sie Faktenwissen um die Dimension des Grauens erweitern. Viel wichtiger ist aber die emotionale Seite der Besuche, das Entsetzen angesichts des systematischen Völkermords. Denn ohne Empathie mit dem Leid der Opfer finden Fakten nicht zum Herzen.

Rein ritualisiertes, in Reden und Mahnmalen erstarrtes Gedenken, das wir mechanisch herunterbeten, abhaken und vergessen, wird den mehr als sechs Millionen Opfern der systematischen Vernichtung niemals gerecht. Wenn die Geschichten über das Leiden, über die Unmenschlichkeit und die systematische Vernichtung nicht mehr von Zeitzeugen wie Elie Wiesel selbst erzählt werden können, dann können nur die authentischen Orte die richtigen Emotionen ins Herz lassen. Verpflichtende Besuche in früheren Konzentrationslagern machen das „Niemals wieder!“ für Jugendliche zu einem tiefen Bedürfnis in ihrer gesellschaftlichen und individuellen DNA als Deutsche. Diese Art des Nicht-Vergessens schulden wir Täter den Toten. Alles andere raubt ihnen zum zweiten Mal Würde und Menschlichkeit.

2 Kommentare:

  1. Interessant finde ich auch die Meinung des Ober-Rabbiners von Frankreich, Haim Korsia, im Gespräch mit Christoph Heinemann, Deutschlandfunkt 26.01.2018, Hass bekämpft man durch Bildung

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  2. Es ist viel interessanter, den offiziellen Museums-Internetauftritt zur Wannsee-Konferenz aufzusuchen und aus dem eingescannten Originaldokument zu zitieren. Dann wird nämlich das

    Das Reizwort "Holocaust"

    in den richtigen Kontext gesetzt, der sich nicht beim Besuch einer beliebigen anderen Gedenkstätte erschließt. Was sagt der Anblick einer Entlausungsstation schon aus? Viele Deutsche sind auch heute auf Hygiene bedacht und gehen zum Arzt, wenn sie von Parasiten befallen sind.

    Die Wannsee-Konferenz am 20. Januar 1942

    Das Museum "Haus der Wannsee-Konferenz" veröffentlicht Scans von Dokumenten zur Wannsee-Konferenz und zur "Endlösung der Judenfrage". Im Protokoll heißt es auf Seite 3:

    Scan einsehbar auf https://www.dzig.de/ARD-Panorama-Warum-wurde-Ursula-Haverbeck-interviewt

    Das Bemühen um die "Endlösung der Judenfrage" fand ihren Niederschlag im Ha'avara-Abkommen vom 25. August 1933, um die Auswanderung von Juden nach Palästina zu fördern und hierfür finanzielle Anreize zu setzen.

    Alle anderen politischen Organisationen wurden nach dem Reichstagsbrand am 27. Februar 1933 verboten, die Zionisten durften weiterhin in Deutschland wirken. Ist das "Gleichschaltung"? Die rassistischen Nationalsozialisten und die rassistischen Zionisten arbeiteten eng zusammen, weil sie gleiche rassistische Ziele hatten: Juden ausplündern. Tote kann niemand ausplündern, oder? Eine perfekte Sklaverei setzt lebendige Sklaven voraus.

    Zitatende

    Haus der Wannsee-Konferenz
    Gedenk- und Bildungsstätte
    Am Großen Wannsee 56-58
    14109 Berlin

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