von Thomas Heck...
Es klingt wie aus einem Drehbuch eines B-Movies aus Hollywood, mit einer derart abstrusen Geschichte, dass man kopfschüttelnd aus dem Kino kommen würde. Das Leipziger Allerlei des Terrorismus, sozusagen.
Nach der Festnahme in Leipzig bleibt die Frage, warum der verdächtige Syrer zunächst entkommen konnte. Ebenso unklar ist, wie genau seine 40 Stunden dauernde Flucht ablief. Der Mann, der laut Anwaltschaft einen Anschlag konkret vorbereitet, konnte fast zwei Tage lang unerkannt untertauchen.
Das Pulver explodierte schließlich in einem eilig ausgehobenen Erdloch im Chemnitzer Plattenbauviertel. Viele Hundert Meter weit soll der Knall zu gehören gewesen sein. „Kontrollierte Sprengung“ nennt man so etwas. Aber kann man ansonsten von Kontrolle sprechen?
Nur langsam fügt sich ein Bild von dem zusammen, was am Wochenende in Sachsen geschehen ist. Und viele Merkwürdigkeiten bleiben. Zwei Eckpunkte stehen fest: In der Nacht zu Montag nimmt die Polizei den Terrorverdächtigen Dschaber al-Bakr in Leipzig-Paunsdorf fest. Dorthin hatte er sich aufgemacht, nachdem er den Beamten am Samstag entwischt war.
Aber was geschah in der Zwischenzeit? Woher kamen überhaupt die Hinweise auf den Mann, 170 bis 175 Zentimeter groß, schlank, mit einem laut offizieller Beschreibung „schlurfigen“ Gang? Wie konnte er trotz eines Warnschusses, der beim ersten Festnahmeversuch am Samstag fiel, entkommen? Wie gelangte er nach Leipzig? Und wie vollbrachten andere Migranten, was die in Alarmbereitschaft versetzte Polizei nicht schaffte – nämlich den Verdächtigen zu fesseln und damit einen Schlusspunkt unter seine Flucht zu setzen?
Die Geschichte des mutmaßlich 22-jährigen Syrers Dschaber al-Bakr in Deutschland begannt nicht erst vor ein paar Monaten, sondern bereits im Februar 2015. Die Bundespolizei griff ihn als Flüchtling im bayerischen Rosenheim auf, die erste Nacht verbrachte er in München, dann kam er nach Sachsen.
Al-Bakr fiel durch Aktivitäten im Internet auf
Als damals hierzulande über das Thema Migranten diskutiert wurde, ging es vor allem um jene Menschen, die vom Westbalkan einreisten. Erst ein paar Monate später schoss die Zahl der syrischen Flüchtlinge, die über die Ägäis nach Europa kam, nach oben. Das Asylsystem in Deutschland war dennoch bereits zu dieser Zeit überlastet. Weil die Anträge von Syrern fast alle genehmigt wurden, hatte man Ende 2014 also die Einzelfallprüfung ausgesetzt, um sich ein bisschen Luft bei der Bearbeitung zu verschaffen.
In den Fokus der Sicherheitsbehörden gelangte der Verdächtige aber laut Landeskriminalamt erst Mitte September dieses Jahres. Welche Hinweise es genau gab und woher diese kamen, das ist noch nicht bekannt. Al-Bakr fiel angeblich durch seine Aktivitäten im Internet auf. Erste Informationen über ihn kamen wohl vom Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV), im Gemeinsamen Terrorismusabwehrzentrum (GTAZ) in Berlin-Treptow besprachen die Sicherheitsbehörden aus Bund und Ländern den Fall immer wieder.
Die Informationen zum Terrorverdacht wurden als „sehr gravierend“ und „wertig“ eingestuft: Al-Bakr recherchierte zur Herstellung von Sprengstoff. Die Ermittler gingen sogar davon aus, dass er bereits entsprechende Substanzen gekauft hatte. Weil der Generalbundesanwalt die Sache aber noch zu vage fand, blieb der Fall nicht beim Bundeskriminalamt (BKA), sondern wurde am vergangenen Freitag der Polizei in Sachsen übergeben, die zugreifen sollte. Der Verdacht: Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat, Paragraf 89a Strafgesetzbuch.
Der Fall in Sachsen reiht sich ein in eine längere Liste von islamistischen Anschlägen und Polizeifestnahmen in diesem Jahr. Viermal bereits schritten Islamisten hierzulande zur Tat: in Hannover, Essen, Würzburg und Ansbach. Dazu kommen die Festnahmen wegen möglicher Anschlagsplanungen in Düsseldorf und Zugriffe zuletzt in Schleswig-Holstein.
IS-Terrorismus ist in Deutschland angekommen
In mehreren Fällen in diesem Jahr haben die Täter oder Verdächtigen Kontakt zur Terrormiliz Islamischer Staat (IS) gehabt, teilweise wurden sie sogar angeleitet. Und auch jetzt gehen die Behörden von einem Kontakt zum IS aus, darauf würden jedenfalls das Vorgehen und das Verhalten des Verdächtigen hindeuten, hieß es bei den Ermittlern.
Der IS-Terrorismus ist in Deutschland angekommen. Islamisten haben sich zum Teil unter die Flüchtlinge gemischt – und setzen damit auch darauf, Asylsuchende generell zu diskreditieren sowie Muslime und Christen gegeneinander aufzuhetzen. Es gibt bislang Hunderte Hinweise auf mutmaßliche IS-Anhänger unter den Flüchtlingen. Die meisten lösen sich zwar in Luft auf. Dieses Mal aber könnte es anders sein.
Am Samstag gegen sieben Uhr wollte die Polizei den Verdächtigen in dem Chemnitzer Plattenbauviertel festnehmen. Die Ermittler gingen davon aus, dass al-Bakr gerade dabei war, in der Wohnung seines Bekannten, des Syrers Khalil A. (33), einen Bombenanschlag vorzubereiten. Dann ging jedoch etwas schief – was genau, ist noch unklar.
Man ging vorsichtig vor. In welcher Wohnung genau der Verdächtige sein sollte, das wusste man noch nicht. Daher bestand die Gefahr, dass er den Sprengstoff zünden könnte, sobald er die Beamten bemerkt. Das Haus war noch nicht evakuiert, da erkannten Polizisten - so schildert es später das Landeskriminalamt - in einiger Entfernung einen Mann, offenbar den Gesuchten. Die Beamten forderten ihn auf, zu stoppen. Der Verdächtige aber rannte los. Dann gaben die Polizisten einen Warnschuss ab, doch der Mann entkam.
In der leeren Wohnung, deren Eingangstür aufgesprengt worden war, fand die Polizei schließlich gut versteckt Zünder, Muttern und Schrauben sowie TATP – eine Substanz also, die auch bei den Anschlägen in Paris und Brüssel genutzt wurde. Nach diesem Fund übernahm dann auch der Generalbundesanwalt die Ermittlungen. Auch wenn Richter später entscheiden werden, dass Schrauben und Muttern im Sprengsatz kein Terror ist. Am Montag wird sie bestätigen, dass al-Bakr einen Anschlag „konkret vorbereitet“ habe und in der von ihm genutzten Wohnung „rund 1,5 Kilogramm extrem gefährlicher Sprengstoff“ gefunden wurde „sowie weitere Materialien, die unter anderem zur Herstellung einer Sprengstoffweste geeignet sind“.
Wie genau al-Bakr flüchten konnte, ist noch unklar
Bereits am Samstag festgenommen wurde der Hauptmieter der Chemnitzer Wohnung, Khalil A. Die Generalstaatsanwaltschaft wirft dem 33-jährigen Syrer Mittäterschaft vor. Er soll al-Bakr seine Wohnung zur Verfügung gestellt und für diesen im Internet Materialien für die Anschlagsplanungen bestellt haben. Der Mann sitzt in Untersuchungshaft.
Al-Bakr jedenfalls konnte die Stadt verlassen - wie er das genau bewerkstelligte, ist noch unklar. Von einer „Panne“ will das Landeskriminalamt im Freistaat jedenfalls nichts wissen.
Eigentlich sind die Behörden auf einen solchen Fall gut vorbereitet. Sicherheitsbehörden von Bund und Ländern haben für solche Lagen einen dicken Katalog mit möglichen Maßnahmen ausgearbeitet: Gefährliche Islamisten werden noch genauer beobachtet als sonst, auch die Grenzen werden strenger überwacht, die Sicherheitsvorkehrungen an Bahnhöfen und Flughäfen hochgefahren. Doch al-Bakr ging nicht ins Netz. Für mehr als 40 Stunden lang war er der meistgesuchte Mann im ganzen Land.
„Wir sind geschafft, aber überglücklich“
Eineinhalb Tage lang gab es offenbar keine konkreten Hinweise auf den Flüchtigen. Schließlich tauchte al-Bakr jedoch am Leipziger Hauptbahnhof auf. Dort fragte er einen anderen Syrer, ob er bei ihm schlafe könne. Dieser erklärte sich bereit – er wusste wohl zu diesem Zeitpunkt noch nicht, wer vor ihm steht. Dann aber hat al-Bakrs Gastgeber offbar von der Fahndung erfahren – womöglich aus dem Internet, wo sich auch die syrische Community über den Gesuchten austauschte und mehrere Fahndungsaufrufe auf Arabisch kursierten.
Am Montag berichtete die Polizei, gegen Mitternacht sei ein Syrer auf einem Polizeirevier in Leipzig erschienen und habe mitgeteilt, dass er al-Bakr erkannt habe. Seine beiden Mitbewohner hätten den Gesuchten in ihrer gemeinsamen Wohnung überwältigt und gefesselt. Als die Sicherheitskräfte die Wohnung gegen 0.40 Uhr erreichten, bestätigte sich dies.
Nach seiner Überwältigung durch andere syrische Flüchtlinge in Leipzig soll der mutmaßliche IS-Terrorist Dschaber al-Bakr versucht haben, sich freizukaufen. „Er hat versucht, uns mit Geld zu bestechen“, sagte Mohammed A. am Montag dem Sender RTL. „Wir haben ihm gesagt, du kannst uns so viel Geld geben wie du willst, wir lassen dich nicht frei“, sagte Mohammed A. „Dann haben wir ein Stromkabel geholt und ihn gefesselt.“
Die sächsische Polizei meldet später auf Twitter und Facebook, al-Bakr sei sicher identifiziert, die bundesweite und internationale Fahndung aufgehoben worden: „Wir sind geschafft, aber überglücklich.“ Die Männer aus der Wohnung würden nun als Zeugen vernommen, sagte Sachsens LKA-Präsident Jörg Michaelis am Montag.
Merkel dankt dem helfenden Syrer
Mit Rücksicht auf eine mögliche Gefährdung der Hinweisgeber gibt es von den Sicherheitsbehörden zunächst keine weiteren Angaben zu den Männern. In einer Zeit, in der Syrer vielen Deutschen grundsätzlich als Terrorverdächtige erscheinen, geht von diesem Fall ein wichtiges Signal aus.
Bundeskanzlerin Angela Merkel bedankte sich daher nicht nur bei den Sicherheitsbehörden, sondern zumindest auch bei dem Syrer aus dem Plattenbau in Leipzig-Paunsdorf, der den Hinweis gab. Die stellvertretende Regierungssprecherin sagte, der Mann habe maßgeblich dazu beigetragen, dass der Verdächtige festgenommen werden konnte.
Nach der Festnahme fuhr die Bundespolizei die Sicherheitsvorkehrungen bundesweit zurück. Sie seien wieder auf dem normal hohen Maß.
Zurück zur Realität. Es kann alles so geschehen sein und wird vermutlich auch so geschehen sein. Aber allein die Tatsache, wie der Bürger mit Fragen zurückbleibt, zeigt, wie sich dieses Land verändert und der Bürger kein Vertrauen mehr in seinen Staat, seine Regierung und seine Sicherheitskräfte hat. Viel Vertrauen wird mühsam wieder aufzubauen sein.
Für mich ist das Ganze ein Fake, ein Filmdrehbuch. Es ist mir auch unerklärlich, wie es sein kann, dass die sogenannten anderen syrischen "Flüchtlinge" einfach irgendjemand aufnehmen. Wie kommt er in deren Wohnung? Kannten sie ihn schon? Und wenn sie ihn nicht kannten, woher hatte dieser Terrorist (?) die Telefon-Nr. der syrischen Gutmenschen? Wie es heißt, haben die Supersyrer odyseehaft versucht, die Polizei zu alarmieren. Per Telefon ging es nicht, weil es sprachliche Probleme gegeben haben soll. Dann sind sie losgelaufen und haben eine Polizeistation gesucht. Ich wohne in einem anderen Plattenbauviertel, das recht groß ist. Da gibt es 1 Polizeistation. Ich denke in Paunsdorf ist es als Fremder ebenso schwer eine Polizeistation zu finden, es sei denn, man hatte schon mehrfach das Vergnügen, dort zu landen. Aber die Syrer sind unermüdlich dabei, ihren Landsmannn der Polizei zu übergeben. Der gutmenschliche Syrer, der deutsche Gesetze verinnerlicht hat und - trotz Sprachschwierigkeiten - deutsche Fahndungsaufrufe verfolgt. Das ist einfach zu schön, um wahr zu sein. Erst finden syrische Flüchtlinge am laufenden Band Geldbörsen und in Schränken verstecktes Geld und jetzt sind sie sogar Freunde der deutschen Polizei und nehmen einen Terroristen fest. Und was ich besonders lustig finde. Das Einsatzkommando in Chemnitz konnte wegen der Schwere seiner "Verpackung" nicht rennen. Na, wenn das nicht der Witz des Tages ist. Haben wir nun Weicheier als Einsatzkommandos oder nur Nichtwoller. Sind Polizisten schon so unsportlich geworden? Dann haben sie augenscheinlich nichts in Einsatzkommandos verloren, falls es so gewesen wäre. Alles passt beim näheren Hinsehen einfach nicht zusammen. Frau Merkel brauchte wohl mal wieder irgendwelche Bessersyrer, um ihnen die Hand zu schütteln, um nachzuweisen, dass ihre Politik sowas von richtig war und das diejenigen, die sagen, dass die "Flüchtlinge" Kriminalität nach Deutschland bringen sowas von Nazi sind. Wahlpropaganda, vielleicht ein bisschen zu früh.
AntwortenLöschenDas Vertrauen wird nicht mehr aufgebaut. In Holland sagt man: Vertrauen verschwindet mit de Flugzeug und kommt mit demm Fahrrad zurück.
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