von Dr. Eran Yardeni...
Geht man mit ideologischen Manifesten und heiligen Schriften selektiv genug um, kann man dann problemlos aus dem kommunistischen Manifest ein Loblied auf den Kapitalismus herauszaubern und genau so gut die hebräische Bibel als das Ur-Format von EMMA taufen. Je nach Belieben kann man zitieren, wenn es passt, umformulieren, wenn es fast passt, und völlig verdrängen, wenn es überhaupt nicht passt.
Genau diesen Weg marschiert seit Jahren Jürgen Todenhöfer.
Um uns und vor allem um sich selbst zu überzeugen, dass der Islam eine friedensstiftende Religion ist, sucht Todenhöfer ständig nach Quellen im Koran, die seine abgebröckelte Hypothese bestätigen könnten. Solche ausfindig zu machen ist tatsächlich nicht schwer, vor allem nicht, wenn man andere Koran-Quellen, die genau das Gegenteil beweisen, völlig und systematisch ignoriert.
In seinem letzten Beitrag auf seiner Facebook-Seite vom 26.6.2015 fand Todenhöfer klare Worte gegen die jüngste Terrorwelle. Um seine Leser zu überzeugen, dass diese Attentate gegen die Grundhaltung des Islams verstoßen, zitiert der Apostel aus dem Koran - Sure 5, 32: "Wenn jemand einen unschuldigen Menschen tötet, so ist es, als habe er die gesamte Menschheit getötet" . Jetzt abgesehen davon, dass es alles anderes als klar und selbstverständlich ist, was man unter „unschuldigen Menschen“ verstehen soll, sollte Todenhöfer nur ein paar Zeilen weiter lesen, um zu erfahren, was mit denjenigen passiert, die Krieg gegen Allah und seinen Gesandten führen (Sure 5, 33): „Der Lohn derer, die Krieg führen gegen Allah und Seinen Gesandten und Unordnung im Lande zu erregen trachten, wäre der, dass sie getötet oder gekreuzigt werden sollten oder dass ihnen Hände und Füße abgeschlagen werden sollten für den Ungehorsam oder dass sie aus dem Lande vertrieben würden. Das würde eine Schmach für sie sein in dieser Welt; und im Jenseits wird ihnen schwere Strafe“.
Das Problem mit solchen Zitaten – und in diesem Sinne unterscheidet sich der Koran nicht von den heiligen Schriften der anderen beiden monotheistischen Religionen – ist, dass sie aus zu vielen verschwommenen Begriffen bestehen. Das sollte Todenhöfer schon längst wissen. Was man zum Kämpfer gegen „Allah und seinen Gesandten“ macht, ist genau so Zeit, Ort und kulturell bedingt wie die Frage, wo die Grenzen des Unschuld laufen, in dessen Rahmen die Tötung als Verbrecher verstanden wird. Wer das nicht versteht, kann auch die religiöse Basis politischer Phänomene nicht verstehen.
Todenhöfer macht sich das Leben leicht wenn er auf deiner Facebook-Seite solche Parole veröffentlicht wie: „Islam und IS sind wie Himmel und Hölle“ oder „Terror kennt keine Religion. Terror kennt keinen Gott. Terror ist Mord“. Wer solche plakative Parolen produziert, der will die Realität nicht verstehen, sondern schaffen.
Erschienen auf Das Loch
Erschienen auf Das Loch
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