von Dr. Eran Yardeni...
Sollte die Linkspartei einen 100-stöckigen Wolkenkratzer errichten, würde sie höchstwahrscheinlich zuerst mit dem Dach beginnen, um erst zum Schluss das Fundament zu legen. Dementsprechend betreibt sie auch ihre Energiepolitik, vor allem bezüglich der rasant steigenden Strompreise.
Neulich hat die FAZ berichtet, dass im Jahre 2012 nicht weniger als 321.539 Menschen wegen Zahlungsrückständen ohne Strom zurechtkommen mussten. Es ist kein Zufall, sondern eher eine Tendenz: 2011 waren es 3% weniger. Jetzt kommt die Frage, warum fällt es immer mehr Leuten schwer, ihre Stromrechnungen zu begleichen und was getan werden kann und muss, um ihnen dabei zu helfen.
An der deutschen Wirtschaft liegt das Problem nicht. Im Januar 2012 gab es in Deutschland 2,341 Mio. Arbeitslose. Ein Jahr danach, im Januar 2013, waren es ca. 45.000 weniger, nämlich 2,297 Mio. Prozentual sieht es genau so gut aus: 5,6% im Januar 2012, 5.4% im Januar 2013. Die Inflationsrate in Deutschland lag 2012 bei 2% und ein Jahr bevor, während dessen weniger Menschen von Stromsperren betroffen waren, lag sie bei 2,1%.
Nach The World Bank lag 2012 das deutsche Bruttonationaleinkommen pro Kopf bei 43.720 $, höher als 2011 (40.620 $). Mit anderen Worten, sollte sich die deutsche Wirtschaft in der relevanten Zeit ändern, war diese Änderung vor allem positiv.
Eins habe ich natürlich vergessen: Den Strompreis. Er ist hochgeklettert, wie damals Reinhold Messner auf die Yerupaja-Ostwand. Und warum wissen wir auch: Während in 2010 dieErneuerbare-Energien-Gesetz-Umlage (EEG) bei 2,047 Cent pro kWh lag, liegt sie 2014 schon bei 6,240 Cent pro kWh. Gut für die Umwelt, schlecht für die Armen.
Und was macht die Linkspartei, die nicht nur umweltfreundlich sein soll, sondern auch sozial agieren will? Anstatt gegen die EEG-Umlage in ihrer heutigen Form zu kämpfen, will sie das Stromsperren per Gesetz verbieten. Kannst du nicht zahlen? Zahl einfach nicht!
Kreativer geht es kaum? Nicht wirklich. Denn dazu kommt auf der Internetseite der Partei noch eine Initiative: „Damit der Anstieg der Erneuerbare-Energien-Umlage nicht zu einer weiteren Strompreiserhöhung führt, soll die Stromsteuer für private Verbraucherinnen und Verbraucher um 1,5 Cent je Kilowattstunde abgesenkt werden. Dies würde den Strompreisanstieg kompensieren, den Privathaushalte wegen des Anstiegs der EEG-Umlage im Jahr 2013 zahlen“. Mit anderen Worten – Steuersenkung.
Ein Haken gibt es hier aber trotzdem: Der Stromsteuer wurde 1999 im Rahmen des "Gesetz zum Einstieg in die ökologische Steuerreform" eingeführt und dementsprechend auch Ökosteuer genannt. Diese Steuer macht nur 7,13% des Gesamtpreises aus und liegt seit 2003 unverändert bei 2,05 Cent per kWh. Nach Wikipedia „fließen ca. 90% der Einnahmen aus der Stromsteuer in die Rentenkasse“. Was nichts anderes bedeutet, als die Senkung der Beiträge sowohl des Arbeitnehmers als auch des Arbeitgebers zur Rentenversicherung. Das will jetzt die Linkspartei de facto streichen.
Das ist aber nicht alles. Weil die Stromsteuer nur 2,05 Cent per kWh beträgt, kann man diesen Zaubertrick nur ein Mal anwenden. Die EEG-Umlage wird höchstwahrscheinlich auch weiter galoppieren. Deswegen ist es kein Wunder, dass die Linkspartei die Industrie im Visier hat. Diese genießt bestimmte Privilegien, vor allem um ihre Wettbewerbsfähigkeit zu sichern. Denn Wettbewerbsfähigkeit bedeutet Arbeitsplätze. Arbeitsplätze bedeuteten hingegen Steuereinnahmen, dank denen das Sozialsystem weiter existieren kann.
Sozial agieren, haben wir schon gesagt?
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