von Dr. Eran Yardeni
Wenn Ihnen der Name Rafael Eitan gar nichts sagt, ist es überhaupt nicht so schlimm. Schließlich lebte und agierte der am 23. November 1926 geborene Mossad-Mitarbeiter vor allem hinter den Kulissen, in der mysteriösen Schattenwelt der Geheimdienste. Berühmt wurde er später dank seiner zentralen Rolle bei der Entführung und Verhaftung des Nazi-Verbrechers Adolf Eichmann. Aber nicht nur deswegen.
Während literarische Helden mit der Detektiv-Lupe in der Hand sterben oder mit dem Messer zwischen den Zähnen in die Rente gehen – ohne sich gezwungen zu sehen, an eine zweite Karriere zu denken – hatte unser echter und realer Held andere Pläne: 2006, mit achtzig Jahren Lebenserfahrung, wollte er in die israelische Politik einsteigen und zwar als der Vorsitzende der Rentner Partei. Ja, es ist kein Irrtum.
Eitan war nicht der erste, der auf die Idee kam, dass die Rentner ihre eigene Partei brauchen. Schon 10 Jahre bevor versuchte diese bizarre Fraktion ins Parlament einzuziehen, damals ohne Eitan. Sie ist an der niedrigen Zwei-Prozent-Hürde gescheitert, dafür aber haben 11 andere Parteien den Weg ins Parlament gefunden, was das Regieren fast unmöglich machte. Und tatsächlich, nach drei Jahren hatten die Beteiligten die Nase voll, das Parlament löste sich auf.
Als Eitan 2006 seine Rentner-Partei ins Parlament führte, bestand die Knesset aus nicht weniger als 12 Parteien! Nicht einmal die Araber konnten sich einigen, was dazu führte, dass sie mit drei verschiedenen kleinen Parteien im Parlament repräsentiert waren. Das gilt auch für die Orthodoxen in Israel, die genau so gespaltet waren und sind wie ihre Rabbiner.
Deswegen ist es kein Wunder, dass in der israelischen Politik die frühzeitige Auflösung des Parlaments sowie die gigantische Anzahl der Ministerien eher die Regel ist als die Ausnahme sind. In der jetzigen Wahlperiode gibt es 28 Ministerien, was natürlich eine enorme Geldverschwendung bedeutet. Diese Anzahl steht in keinem vernünftigen Verhältnis zu der Anzahl der israelischen Bürger von etwa acht Millionen. Das erklärt auch, warum Israel in den letzten 65 Jahren nicht weniger als 33 Regierungen hatte!
Wer jetzt die Fünf-Prozent-Hürde in Deutschland im Namen der Demokratie kritisiert, der sollte mal das israelische Parlament besuchen, wenn dort über die Planung des Jahresbudgets diskutiert wird. Die Mehrheit der Israelis ist genau so empört wie machtlos. Denn aus diesem politischen Teufelskreis kommt man einfach nicht raus. Wenn im Parlament die kleinen Parteien mitreden können, kann man die Hürde nicht herauf setzen: Die winzigen Parteien, die in einer solchen Situation eine überproportionale politische Macht besitzen, drohen ständig mit Meuterei.
Demokratie bedeutet nicht, dass jede Interessengruppe, die Hundebesitzer wie die Veganer, Repräsentanten im Parlament haben müssen. Schließlich können sich kleine Nischen-Parteien in die Großparteien integrieren. Die Alternative ist ein kunterbuntes Parlament, welches die Demokratie zur Farce macht.
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