von Dr. Eran Yardeni
Bevor er auf dem Ledersessel des Finanzministers landete, hatte Yair Lapid in seiner vielseitigen Karriere viel geschafft. Neben seinem Job als Autor, Journalist und TV-Moderator war er auch ein Hobbyboxer und hat sogar einen schwarzen Gürtel in Karate.
Das kann vielleicht erklären, warum Lapid mit seinem neuen Wirtschaftsplan das Genick des israelischen Mittelstands brechen will und damit auch die Wirbelsäule der israelischen Gesellschaft, die schon an akuter Skoliose und Postural-Kyphose leidet.
Seinen politischen Erfolg hat Lapid vor allem den produktiven Elementen der israelischen Gesellschaft zu verdanken, d.h. den berufstätigen Männern und Frauen, dank deren Steuern die zionistische Idee weiter leben kann. Aus zwei Gründen sollte Lapid diesen Teil der Bevölkerung entlasten. Zuerst weil die Mittelschicht der wirtschaftliche Motor der Gesellschaft ist - nicht nur weil sie Steuer zahlt, sondern vor allem, weil sie Produkte verbraucht, was wiederum neue Arbeitsplätze schafft.
Um verbrauchen zu können braucht man aber Geld. Deshalb ist es kein Wunder, dass die Mittelschicht nach Entlastungspolitik und Steuersenkung schreit.
In diesem Sinne kritisierte auch Prof. Yaron Zalicha die Wirtschaftspolitik von Lapid. Der so genannte private Konsum, behauptet Zalicha, ist der wichtigste und effektivste Wachstumsmotor. Aber genau dieses Wachstumsmotor wird durch ständige Steuererhöhungen abgewürgt Um ein Beispiel zu nennen: Wer heute bis (nicht ab!) 10,000 Shekel monatlich verdient (ca. 2000 Euro), muss bald 1% mehr Einkommensteuer bezahlen. Und das trotz der gigantischen Proteste der Mittelschicht im letzten Sommer.
Neulich wurde auch die Mehrwertsteuer erhöht - auf 18%. Dazu gehen auch die Benzinpreise in die Höhe. Und wenn die Benzinpreise steigen, steigen auch die Preise für den öffentlichen Verkehr und für viele andere Produkte, denn jedes Produkt muss irgendwann transportiert werden. Am Ende des Monats bleibt „den arbeitenden Menschen“, wie Lapid die Mittelschicht nennt, wenig übrig. Andere Einmahnquelle, wie Kindergeld, hat Lapin auch schon im Visier, weil er die Orthodoxen auf den Arbeitsmarkt zwingen will.
Dass Problem liegt darin, dass auch die immer ärmer werdende Mittelschicht auf das Kindergeld angewiesen ist und nicht nur die Orthodoxen. Übrigens pro Kind bekommt eine israelische Familie umgerechnet ca. 40 EUR monatlich – in Deutschland sind es 184 Euro.
Auf den zweiten Grund hat Lapid selbst hingewiesen, als er vor einer massenhaften Auswanderung von jungen begabten Leuten warnte. Vor dem Hintergrund der hohen Mieten und der katastrophalen Preise auf dem Immobilienmarkt bezeichnete Lapid die heutige Situation als Notlage und verglich sie mit den Zuständen Anfang der 90er Jahre, als Israel in kurzer Zeit ca. Million Einwanderer aufnahm.
In der israelischen Mittelschicht erzählt man sich heutzutage den folgenden Witz: Die israelische Gesellschaft besteht aus drei Teilen. Ein Drittel arbeitet, ein Drittel dient in der Armee und ein Drittel zahlt Steuern.
Das Problem ist, dass es immer um dasselbe Drittel geht. Genau gegen diese ungleiche Verteilung der Lasten müsste Lapid etwas unternehmen. Aber der Hobbyboxer und Karate-Spezialist will ausgerechnet das einzige produktive Drittel k.o. schlagen.
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