Sonntag, 29. April 2018

Rechtsstaat absurd oder einfach nur dämlich?

von Thomas Heck...

Es gibt Augenblicke, da zweifel ich am Sinn des Rechtsstaats und überlege mir ernsthaft, warum sich der Staat überhaupt noch so etwas kostspieliges wie die Polizei leistet. Denn wenn regelmäßig die Rechte von Straftätern höher bewertet werden, als die von Opfern, darf man sich diese Frage stellen, sollte man sich diese Frage stellen, muss man sich diese Frage stellen.

Seit Mitte 2016 hat ein Täter in Chemnitz die Reifen an mehr als 500 Autos zerstochen, dabei einen Schaden von mehr als 70.000 Euro angerichtet. Jetzt hat die Chemnitzer Polizei ein Foto des Täters. Aufgenommen von einer Überwachungskamera. Doch obwohl das Gericht die Öffentlichkeitsfahndung erlaubte, warten die Ermittler in Chemnitz lieber ab. Willkommen im Land der Bekloppten.

Das Sächseln bitte hinzudenken: „Der Beschluss des Amtsgerichtes ist uneingeschränkt und erlaubt somit, die Veröffentlichung des Materials in Printmedien, im Internet, in sozialen Netzwerken, im Fernsehen sowie bei programmbegleitenden Angeboten von Radiosendern“, teilte die Polizei Freitag noch selbst mit. Doch veröffentlichen wollen sie das Fahndungsfoto noch nicht.



Polizeisprecherin Jana Kindt (52) zu BILD: „Wir müssen an den Schutz des Täters denken. Da auch die Persönlichkeitsrechte des gefilmten Mannes nach dem Grundgesetz ein hohes, schützenswertes Gut sind, räumen die Ermittler ihm die Möglichkeit ein“, sich bis Donnerstag bei der Polizei zu melden. Erst wenn er das nicht tut, will sie die Aufnahmen veröffentlichen. Und das trotz Beschlusses des Amtsgerichts.

„Eine sehr kulante Lösung für den Täter“, kommentiert Cathleen Martin (43), Sachsen-Chefin der Polizeigewerkschaft DPolG. Und auch das Innenministerium rügt: „Ein sehr ungewöhnliches Vorgehen“, so Alexander Bertram (41), Sprecher der Behörde und selber Polizist. Rechtsstaat absurd.

Doch die Chemnitzer Ermittler geben dem Kriminellen einen Bonus. „Wenn wir Bilder von ihm veröffentlichen und er in seinem Umfeld erkannt wird, besteht für ihn eine gewisse Gefahr“, so Sprecherin Jana Kindt. Mag sein, denn wenn ich denjenigen, der meine Autoreifen zerstochen und mir so einen finanziellen Schaden verursacht hat, erwischen würde, würde ich dem eine klatschen. Und zwar keinen Beifall.

Konsequenzen wird der seltsame Verbrecher-Bonus für die Verantwortlichen wohl keine nach sich ziehen. Sprecherin Kindt verlässt im Sommer die Pressestelle und Polizeipräsident Uwe Reißmann (62) geht – gegen seinen Willen – in den Ruhestand. Und wir dürfen uns weiter wundern, warum Straftäter sich ganz offen ins Fäustchen lachen.

Die Krönung wäre ja noch, dass der Umstand, dass er sich bis Donnerstag bei der Polizei gestellt haben wird, dazu führen würde, das strafmildernde Umstände zu berücksichtigen wären. Denn bei Körperverletzungen und versuchten Tötungsdelikten in den Berliner U-Bahnen war es ja regelmäßig so, dass sich die Straftäter alleine aufgrund des Fahndungsdrucks in Begleitungen eines Anwaltes "freiwillig" der Polizei stellten, die Urteile: harmlos bis lächerlich.

Vielleicht handelt es sich aber auch um eine bewusste Falschmeldung, um den Täter aus der Reserve zu locken... dann wären die Chemnitzer Bullen ja schlauer als die Polizei erlaubt. Warten wir mal bis Donnerstag ab...

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