Dienstag, 4. Juli 2017

Maas hat gerade erst angefangen...

von Thomas Heck...

Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) warnt vor den gesellschaftlichen Auswirkungen der Macht von Algorithmen und fordert ein neues Antidiskriminierungsgesetz für den digitalen Lebensbereich. In Anlehnung an das zehn Jahre alte Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) spricht sich Maas für ein "digitales AGG, ein Antidiskriminierungsgesetz für Algorithmen gegen digitale Diskriminierung und für vorurteilsfreies Programmieren" aus.

Das muss man erstmal übersetzen, was das kleine Männlein eigentlich plant. Mit dem Netzwerkdurchsetzunggesetz beherrscht er nun die Sozialen Medien wie Facebook und Twitter und bedroht diese mit horrenden Geldbußen, wenn diese nicht unliebsame Kommentare umgehend entfernen. Ein klarer Angriff auf die Demokratie und auf die freie Meinungsäußerung. Facebook und Twitter sind auf Regierungskurs gebracht, nun ist Google an der Reihe. Denn er plant nichts anderes als die regierungsfreundliche Filterung des Netzes, so dass bei Googel-Anfragen künftig die Bundesregierung festlegt, welches Suchergebnisse dem Bürger präsentiert werden.



Maas will seine Pläne auf einer Konferenz seines Ministeriums am Montag vorstellen. In einer Grundsatzrede, deren Manuskript dem SPIEGEL vorliegt, fordert er "eine behördliche Kontrolle, um die Funktionsweise, Grundlagen und Folgen von Algorithmen überprüfen zu können". Die Aufgabe könne etwa eine von der Bundesregierung zu gründende Digitalagentur übernehmen (siehe hierzu das Update am Ende dieses Artikels).

Algorithmen bestimmen als heute oft selbstlernende Computerprogramme etwa die Inhalte, die Nutzer von sozialen Netzwerken oder Suchmaschinen zu sehen bekommen, oder entscheiden für Firmen darüber, welche Angebote sie Verbrauchern machen. Transparenz bei den Algorithmen, so Maas, "ist der Garant dafür, um Diskriminierungen zu verhindern und Selbstbestimmung zu sichern".

Der SPD-Politiker warnt etwa vor der Filterfunktion der Programme in sozialen Netzwerken, wo sie Echokammern entstehen ließen. "Indem Algorithmen menschliches Verhalten auf vorbestimmte Bahnen lenken, können sie die Selbstbestimmung und Handlungsfreiheit des Einzelnen massiv einschränken." Auch für die Gesellschaft sei diese Entwicklung "äußerst gefährlich". "Wenn unter dem Mantel der technischen Neutralität und Objektivität Trefferlisten und die Anzeige von Nachrichten und Postings politisch manipuliert werden, dann bleibt die demokratische Selbstbestimmung auf der Strecke." 

Die Pläne würden eine neue Regulierung der Internet-Konzerne darstellen, betroffen von einer Überprüfung der Algorithmen wären etwa Plattformen wie Facebook und Google. Gerade erst hatte der Justizminister den großen sozialen Netzwerken Vorgaben zum Umgang mit rechtswidrigen Nutzerbeiträgen gemacht. Die wegen ihrer möglichen Auswirkungen auf die Meinungsfreiheit hochumstrittenen Pläne wurden am vergangenen Freitag vom Bundestag beschlossen.

Die potenziell diskriminierende Wirkung von Algorithmen rückt derzeit in den Fokus der wissenschaftlichen Erforschung der boomenden künstlichen Intelligenz. Auch die Politik hat das Thema in den Blick genommen. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte im vergangenen Herbst von den Internet-Konzernen gefordert, ihre Algorithmen offenzulegen. Firmen wie Google und Facebook erteilen zwar allgemeine Informationen über Faktoren, die in ihre Algorithmen einfließen, hüten die Details aber als Betriebsgeheimnisse.

+++ Update, 3. Juli 2017, 15:21 Uhr +++: In seiner Grundsatzrede am Montagvormittag ließ Heiko Maas einen zentralen Satz aus dem Manuskript, der im Artikel auch zitiert worden war, weg: Der Justizminister sprach nicht mehr von "einer behördlichen Kontrolle, um die Funktionsweise, Grundlagen und Folgen von Algorithmen überprüfen zu können", sondern davon, dass es bei den Algorithmen auch eine "Kontrolle von Transparenz" geben müsse. Nachdem die SPIEGEL-Meldung Maas' Pläne bekannt gemacht hatte, gab es viel Kritik am Vorhaben, Algorithmen zu überprüfen. So wandten sich etwa die Digitalverbände Bitkom und eco dagegen, letzterer bezeichnete die Pläne als "überflüssig und innovationsfeindlich".

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