Donnerstag, 24. November 2016

EU und Türkei - ein kompliziertes Verhältnis

von Thomas Heck...

Die Beziehungen zwischen der EU und der Türkei kommen mir vor, wie die eines Mannes mit einer hässlichen Frau mit schlechten Zähnen und Mundgeruch, die man zwar nett findet, aber für die man niemals mehr als Freundschaft empfinden könnte. Die eigene Höflichkeit verbietet es, der Dame offen zu sagen, was man von ihr hält. Man ist ja Gentleman und will niemanden kränken. Doch wie grausam wäre es, ihr ständig zu sagen, dass man sie zwar liebt, die Hochzeit aber dieses Jahr nicht mehr stattfinden könne, während man sich ob ihrer Hässlichkeit für sie schämt. Aufgabe der EU wäre daher eine klare Ansage, ein Abbruch aller Beitrittsgespräche und eine Rückkehr auf normal zwischenstaatliche Beziehungen, gerne freundschaftlich, aber ohne Sex. Man hilft gerne beim Zahnarztbesuch, um die schlechten Zähne und den üblen Mundgeruch zu heilen, mehr aber auch nicht.



Das Europaparlament hat mit breiter Mehrheit ein Einfrieren der Beitrittsgespräche mit der Türkei gefordert. Die Mitgliedstaaten und die EU-Kommission sind daran nicht gebunden, die Aufforderung hat aber eine hohe Symbolkraft - Präsident Erdogan misst ihr jedoch keine Bedeutung zu. 

Mit großer Mehrheit hat das Europäische Parlament für einen Stopp der EU-Beitrittsgespräche mit der Türkei gestimmt. Von 623 Parlamentariern stimmten 479 in Straßburg dafür, nicht weiter mit der Regierung Ankara über offene Verhandlungskapitel zu sprechen und keine neuen Kapitel zu eröffnen.

Die Resolution ist für EU-Kommission und EU-Staaten nicht bindend, ihr kommt aber eine hohe Symbolkraft zu. Das Parlament reagierte damit auf das Vorgehen der türkischen Führung gegen Staatsbedienstete, Medien und Oppositionelle nach dem Putschversuch im Juli.

Über 36.000 Menschen sollen in Untersuchungshaft genommen worden sein. Mehr als 75.000 zivile Staatsbedienstete und Angehörige der Sicherheitskräfte wurden entlassen, Tausende weitere suspendiert. Die türkische Regierung wirft ihnen Verbindungen zur Bewegung des in den USA lebenden Predigers Fethullah Gülen vor, die sie für den Putschversuch verantwortlich macht.
Temporäre Forderung

Wichtig war den Europapolitikern, dass es sich um eine temporäre Forderung handelte. Sie wollen ihre Position überprüfen, sobald die Türkei den Ausnahmezustand aufgehoben hat. Entscheidend soll dann sein, inwieweit die Türkei zu rechtsstaatlichen Verhältnissen und einer Achtung der Menschenrechte zurückgekehrt ist.

Die EU-Abgeordneten forderten zudem, dass eine Wiedereinführung der Todesstrafe automatisch eine formale Suspendierung der Beitrittsverhandlungen zur Folge haben solle. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hat mehrfach die Wiedereinführung der Todesstrafe ins Spiel gebracht.

Erdogan ließ die Abstimmung im Europaparlament bislang scheinbar unberührt. Bereits am Mittwoch hatte er angekündigt, dass die Abstimmung für Ankara keinen Wert habe.

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