Sonntag, 6. September 2015

Von der Gleichschaltung der deutschen Presse

von Dr. Eran Yardeni...

Die freiwillige Gleichschaltung der deutschen Presse in Bezug auf die Flüchtlingssintflut nimmt groteske Formen an. Die skurrile Geschichte um die Sendung „Aktenzeichen XY“ von Ende August war nur ein Symptom. Über die Ursachen und Wurzeln dieser Psychose könnten Dissertationen geschrieben werden. Eins ist aber sicher: Anstatt eine öffentliche Diskussion bezüglich der Flüchtlingskrise zu ermöglichen, wird in der deutschen Presse Ahnungslosigkeit und politische Lähmung als Nächstenliebe zelebriert und gefeiert.

Denn, wenn es um die Zukunft der Umwelt geht, denkt die deutsche Presse gerne mit und versetzt sich selbstbewusst hinein in die Situation der nächsten Generationen. Wenn es aber um die Flüchtlingskrise geht, die unsere Zukunft höchstwahrscheinlich tiefer prägen wird, als der Klimawandel, traut man sich nicht einmal einen kurzen Blick auf die nächste Stunde, geschweige denn eine öffentliche Auseinandersetzung mit der einzigen wichtigen Frage: Welche Perspektive hat das alles? 


Denn diejenigen, deren Ankommen in München in diesen Stunden bejubelt wird, sind nicht die letzten, die nach Deutschland einreisen werden. Ganz im Gegenteil - Die Wellen werden häufiger und immenser. Die Anreize, die Deutschland an diejenigen schickt, die nach Europa wollen, ist nicht zu widerstehen. Nach der 800.000.-Prognose werden wir alle noch Sehnsucht haben. Früher oder später aber - oder wie es jetzt aussieht: Eher später als früher - werden wir alle gezwungen sein, zu einer Frage - der einzigen, die von Bedeutung ist - eine klare Stellung zu nehmen: Wie viele Flüchtlinge kann Deutschland aufnehmen? Um diese Frage zu beantworten, dürfen nicht nur finanzielle Aspekte einkalkuliert werden, sondern vor allem kulturelle Aspekte. Dass die Dankbarkeit der ersten Generation sich rasch in ein Ressentiment der zweiten Generation der Aufnahmegesellschaft gegenüber verwandeln kann: das wissen wir schon gut genug auch ohne das gut bewachte Schwimmbad in Neukölln besuchen zu müssen. Dass bestimmten Gruppen sich der demokratischen Gesellschaft besser und schneller anpassen als andere, dass bestimmte Personengruppen die Demokratie als Chance sehen, während die anderen sie als Bedrohung empfinden, ist auch keine neue Entdeckung. Diese Fragen sollten von der deutschen Presse ernst genommen werden und schon längst den öffentlichen Diskurs prägen. 

Was die deutsche mediale Welt betreibt, ist Politik der Tränen. Herzlose und gefühllose Politik ist zwar gefährlich, viel gefährlicher aber ist eine Politik, die nur von Horrorbildern erweckten Emotionen geführt wird. Die Krux an der Sache ist, dass die Deutschen dabei ihren Sinn für Ironie verloren haben. Wir agieren völlig ahnungslos, werden dafür von der Welt bejubelt, gelobt und gepriesen, weil wir die Kastanien für andere aus dem Feuer holen, und fühlen uns dabei noch geschmeichelt und stolz. Dass „alle nach Deutschland wollen“ ist kein gutes Zeichen, sondern eher eine Warnung.


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