Mittwoch, 9. Mai 2018

Claudia Roth - die Irre mit dem Kopftuch und ihr Dialog mit Judenhassern

Warum man mit dem Iran reden muss

Woran es im Westen krankt kann man an diesem Beitrag Claudia Roths in der Zeit im Januar 2015 erkennen. Appeasement gegenüber einem terroristischen Regime. Gefahren für Israel werden einfach beiseite gewischt.

von Claudia Roth...

Man spürt es vor Ort regelrecht körperlich: Im Iran findet aktuell ein Kampf um die künftige Ausrichtung des Landes und dessen Rolle in der Region statt. Dabei geht es um die Frage, ob sich der Iran weiter international isolieren oder ob er bei den Atomverhandlungen eine konstruktive Rolle spielen soll und damit künftig einen Weg in Richtung Öffnung einschlagen kann. Konservative und reformorientierte Kräfte ringen im Vorder- wie im Hintergrund unerbittlich um diese zentralen Fragen, und das spiegelt sich auch im gesellschaftlichen Klima des Landes wider.

Der Iran ist hinter China das Land, das die meisten Menschen weltweit hinrichtet, in dem politische Aktivisten und Journalisten verfolgt werden, wo es keine freien und fairen Wahlen gibt, in dem Frauen sich immer noch einem Kleiderzwang beugen müssen oder ihnen der Besuch eines Fußballstadions verboten ist.


Aber es gibt nicht den Iran, den iranischen Staat oder die iranische Politik. Auch wenn wir uns in Europa bzw. "im Westen" das Bild vom Iran gerne so einfach machen. Es gibt unterschiedliche Lager und Interessengruppen innerhalb jedes Ministeriums, im Parlament, zwischen den zahlreichen Sicherheitsapparaten, ja sogar innerhalb des Klerus. Diese Lager beäugen sich gegenseitig misstrauisch und sind immer auf dem Sprung, der Gegenseite eine Niederlage zuzufügen.

Der iranische Machtapparat dreht sich um sich selbst, ist selbstreferenziell und durch die sich widersprechenden Interessen der verschiedenen Machtblöcke gelähmt. Verfolgung von Oppositionellen, die gesteigerte Zahl von Todesurteilen nach der Wahl des reformorientierten Präsidenten Ruhani oder rhetorische Kampfansagen gegen "den Westen" sind immer auch Waffen der reaktionären Kräfte zur Schwächung und Blamage der Moderaten.

Sanktionsgewinnler wollen Öffnung verhindern

Die von der internationalen Staatengemeinschaft verhängten Sanktionen gegen das Land sind derzeit das alles überschattende innenpolitische Thema. Die Sanktionen schrumpfen nicht nur die Wirtschaft, sondern sie erschweren auch den akademischen oder kulturellen Austausch, der für die Reformorientierten so wichtig ist. Aber es gibt im Iran auch eine große Gruppe von Sanktionsgewinn(l)ern in einer gut organisierten Schattenwirtschaft, die alles dafür tun, dass sich daran nichts ändert.

Was sie am allermeisten zu verhindern suchen, ist deswegen eine Einigung bei den Atomverhandlungen im Sommer. Sie fürchten, dass eine reformerische Öffnungspolitik sich bei den Wahlen im März nächsten Jahres auch in eine parlamentarische Mehrheit übersetzen könnte.

Die reformorientierten Kräfte und die breiten und weltoffenen Schichten in der iranischen Gesellschaft dagegen setzen große Hoffnungen in die halbwegs rational und moderat handelnde Regierung unter Präsident Ruhani und Außenminister Zarif.

Auch im Westen wollen manche eine Lösung verhindern

Denn nach dem überraschenden Wahlsieg Ruhanis 2013 gibt es eine kleine Chance, dass sich die Lage im Iran innen- und außenpolitisch entspannt. Es gibt optimistische Stimmen, wonach es im Sommer zu dem langersehnten Abschluss der Atomverhandlungen kommen kann, und damit zu einem Ende der Sanktionen, die jeden im Iran massiv betreffen. Käme es zu einer Öffnung nach außen, könnte das für die Moderaten innenpolitische Spielräume erweitern. Außenpolitisch könnte es helfen, die Lage in Syrien und im Irak zu verbessern, und für Israel würde dies wohl eher mehr als weniger Sicherheit bedeuten.

Wir müssen uns jedoch nichts vormachen, auch im "Westen" gibt es ideologische Lager, zum Beispiel im US-Kongress, die verhindern wollen, dass der Iran aus seine Rolle als Paria herauskommt. Sie versuchen, jeden Schritt in Richtung von mehr Einbeziehung und Verpflichtung des Landes zu verhindern. Nach meiner letzten Reise in den Iran wurde auch ich von solchen Gruppen als jemand beschimpft, die mit "Judenhassern" redet. Wir erleben also sowohl innerhalb des Irans als auch im sogenannten Westen derzeit einen Kampf um den Erhalt des Status quo versus einen kleinen Hoffnungsschimmer am krisenerfüllten Horizont der Weltpolitik.

Atomkraft ist kein Tabu

Ich bin aber überzeugt davon, dass wir uns mit allen uns zur Verfügung stehenden Kontakten für einen erfolgreichen Abschluss der Atomverhandlungen einsetzen sollten. Die Bundesregierung, die USA und die weiteren Mächte des Sicherheitsrates sind auf dem richtigen Weg, wenn sie mit dem Iran über eine zivile Nutzung der Atomkraft verhandeln.

Als jemand, die 30 Jahre gegen die Atomkraft gekämpft hat, unterstütze ich diesen Kurs von Bundesaußenminister Steinmeier nicht leichtfertig. Aber wenn der Frieden nicht nur im Nahen Osten, sondern darüber hinaus wieder eine Chance bekommen soll, dann muss man jetzt dahin gehen, wo keine einfachen Lösungen zu erwarten und wo schwierige Gespräche zu führen sind. Nur durch Kritik und Austausch, nur im Dialog kann es zur Bewältigung der Krisen in der Region und zu Veränderungen kommen.

Gerade die fast hysterischen Reaktionen einiger Konservativer in den iranischen Medien auf meinen Besuch zeigen, dass auf diesem Weg auch im Iran Debatten über die wichtigen Themen angestoßen werden können. Die neu entbrannte Debatte, warum Frauen im Iran nicht in Fußballstadien gehen dürfen oder im Familien- und Sozialrecht benachteiligt werden, gehört dazu. Das zeigt: Reden bringt mehr als Ignorieren.

Anmerkung der Redaktion: Die ursprüngliche Überschrift 'Warum man mit "Judenhassern" reden muss' wurde von der Autorin als missverständlich empfunden. Wir haben sie deswegen geändert.

erschienen in der Zeit Anfang 2015

Frage der Heck Ticker-Redaktion an Claudia Roth: 

"Frau Roth, wir stellen angesichts Ihres unerträglichen Geseieres, Ihres Verständnisses für Leute, die Schwule hängen und Ehebrecherinnen steinigen, die Frauen ihrer Rechte berauben und den internationalen Terrorismus unterstützen, eigentlich nur eine einzige Frage: Sie haben Ihr politisches Leben lang die Atomkraft bekämpft. Ausgerechnet beim Iran, dem einzigen Staat, der Israel offen mit Vernichtung droht, plädieren Sie für eine friedliche Nutzung der Atomkraft. Sind Sie eigentlich mental inkompetent oder warum hassen Sie Juden, dass Sie einen erneuten Holocaust anstreben?"


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